Chaos, Erinnerungen und Mr.Estanso

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Taddls' Sicht:

*Zeitsprung*

Ich hatte gerade einen kräftigen Nervenzusammenbruch hinter mir und war immer noch fix und fertig. Das Wohnzimmer war verwüstet, Scherben lagen auf dem Fußboden verstreut und eine Blutspur zog sich von der Küche bis zum Sofa, wo ich lag. Ich biss die Zähne zusammen und kämpfte so gut es eben ging, gegen den Schmerz an. Mir wurde übel als ich auf meine Hand sah, sie war von Blut ertränkt und ich konnte das Innere meiner Handfläche erkennen. >Wieso müssen diese scheiß Flaschen auch so leicht kaputt gehen?< Ich wollte mir gar eigentlich gar nicht weh tun. So gut es ging rappelte ich mich auf, ohne meine linke Hand zu belasten, dann stolperte ich benommen ins Bad um mir aus Klopapier einen Verband zu basteln. Als ich Blutungen halbwegs gestillt und die Wunde gut versteckt hatte ließ ich mich stöhnend an der Wand herunter gleiten. >Dummer Taddl< ,sagte ich zu mir: >Du hattest doch vor stark zu sein.< Ich seufzte und musste schon wieder mit den Tränen kämpfen. Leonie... meine Gedanken schweiften zu ihr. Zu ihren blauen Locken, die immer fröhlich auf und ab wippten, wenn sie sich freute. Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen und eine einzelne Träne fand den Weg aus meinem Augenwinkel. Ihr dunkel braunen Augen, groß, freundlich und treu. Ihre spitzen Lippen, die niemals still standen und immer dazu bereit waren eine Melodie erklingen zu lassen. Ihre raue Stimme, einzigartig und scharf, wie die Klinge eines Messers.

Jetzt da sie nicht mehr da war, fiel mir erst wirklich auf wie einzigartig sie war, wie großartig, wie toll. Ich denke, dass sie ein schönes Leben hatte und es genossen hat, sie war immer sie selbst. Das Vibrieren meines Handys riss mich wieder aus meinen Gedanken und brachte mich dazu wieder aufzustehen. Ich machte mir gar nicht erst die Mühe nach meinem Handy zu sehen, ich steckte es mir einfach nur in die Hosentasche, nahm meine Jacke vom Haken und schlenderte nach draußen. Eine Zeit lang lief ich bloß gedankenverloren herum und träumte vor mich hin, doch irgendwann sah ich auf und bemerkte, dass ich unbewusst in die Stadt gelaufen war. Es war ziemlich voll, wahrscheinlich wegen dem bevorstehenden Frühlingsanpfang. Welchen Tag hatten wir überhaupt? Donnerstag? Ich war mir ziemlich sicher, dass heute Donnerstag war, aber das würde ja heißen, dass Morgen sein Geburtstag war. "Fuck!" ,fluchte ich und schlug mir mit der flachen Hand vor die Stirn. Ein paar Leute sahen sich verwirrt um, aber das war mir jetzt auch egal. Ich muss noch irgendwo ein Geschenk herbekommen. Ich lief von einen Laden zum anderen. Aber es wirkte ausweglos. Doch schließlich blieb ich vor einer alten Bibliothek stehen. Hastig schob ich die Tür auf und ein Klingeln ertönte. Als sich die Tür wieder schloss, schlug mir der Geruch von alten Leder und Staub ins Gesicht. Er liebte Bücher, hatte sie schon immer geliebt. >Es gibt kein schlechtes Buch, es gibt nur Leute die das Buch nicht verstehen. Außer Twillight, dass ist einfach nur scheiße< ,pflegte er immer zu sagen.

"Guten Tag, junger Mann" ,ein älterer Herr kam hinter einen der Regale hervor. Er trug einen etwas zu Tage gekommenen haselnuss braunen Anzug und eine runde Brille, die seine Augen bestimmt um das 10 fache vergrößerten. Seine grauen Haare standen in alle Richtungen ab und eine Taschenuhr blitzte aus einer der Fracktaschen. Irgendwie erinnerte mich der Mann an eine Eule und für mich war er die menschliche Verkörperrung von einem "komischen Kautz".

Ich lächelte förmlich: "Guten Tag!". Dann bog ich ab und wendete mich zur nächsten Reihe in der Hoffnung, dass der Mann mich in Ruhe suchen ließ. Vergebens!

"Suchen Sie nach einem bestimmten Autor oder Genre?" ,fragte er mich hilfsbereit. "Nein, ich seh mir das hier mal an" ,ich nahm irgendein Buch aus dem Regal, ohne auch nur einen Blick darauf zu werfen. Der alte Mann zog eine Augenbraue hoch: "Na wenn Sie an dem neusten Abenteuer von Hässchen Hoppe so interessiert sind..." Fragend sah ich auf den Buchtitel. "Hässchen Hoppe und der verlorene Stumpf?" ,als ich leise vor und realisierte erst jetzt, dass ich anscheinend in der Kinderbuch Abteilung gelandet war. Peinlich berührt stellte ich das Buch wieder zurück. "War es etwa der falsche Band" ,der Mann grinste mich an: "Dort drüben hätten wir auch noch "Hässchen Hoppe lernt backen" ,"Hässchen Holle muss teilen" und "Hässchen Hoppe und sein neuer Freund", suchen Sie vielleicht einen von den Bänden?" Ich kratzte mir am Hinterkopf: "Ehh... Nein. Eigentlich suche ich nur ein Buch für meinen Freund". Der Mann winkte mich hinter sich her: "Liest ihr Freund etwas bestimmtes oder bevorzugt er einen gewissen Autor, ein Genre vielleicht?" "Er mag Dramen" ,erklärte ich ihm: "Aber nur wenn da genug Action drin ist sonst langweilt er sich und er ist der Meinung das man sich bei einem Buch nicht langweilen sollte. Liebesromane kann er gar leiden, zu kitschig, zu vorhersehbar. Bei Krimis ist es das Gleiche, am Anfang weiß er sofort wer der Täter war. Fantasie geht auch klar, dann ist auch ein bisschen Romantik auch in Ordnung, aber es muss ausgeklügelte Charaktere geben und eine interessante Story mit so vielen Auf und Abs wie nur möglich. Zeitreisen, mit Cowboys, Indianern mag er auch nicht besonders aber Zeitreisen wie bei "Der Hobbit" findet er klasse. Am allerliebsten mag er Bücher die etwas Neues haben, etwas besonderes, etwas in das man sich gleich verliebt". Der Mann sah mich amüsiert an: "Sie wissen ja ganz schön viel über ihren Freund. Ich wette Sie haben sich auch gleich verliebt, oder?" Ich wurde rot. "Nun" ,stammelte ich: "Eigentlich... eh.. ". "Schon gut" ,der Mann lachte laut auf: "Wir werden jetzt erstmal nach dem Buch suchen".

Eine halbe Stunde später stand ich vor der Bibliothek und winkte dem alten Mann grinsend zu. Es hatte sich herausgestellt, dass er Marc Estanso hieß. Und abgesehen davon, dass er dachte das ich schwul wäre ist er wirklich nett. Das wiederum könnte auch daran liegen, dass er mich für schwul hält. Wayne!...

Wo seit ihr? (~Taddl FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt