XIV. Necken

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„Habt ihr alles? Handy, Geldbeutel, Schlüssel?", zähle ich an der Haustür auf, um zu kontrollieren, dass Tanji und Kozume nichts vergessen. Nach dem Frühstück haben sie mit der Ausrede „einen Battlepass leveln zu müssen" angekündigt, sich auf den Weg machen zu wollen. Gemeinsam.

„Ach Shit, Handy vergessen", flucht meine beste Freundin und schlägt sich mit der flachen Hand gegen die Stirn.

„Wie kann man sowas vergessen?", frage ich rhetorisch und rolle nur mit den Augen über Tanjis Schusseligkeit. Nicht, dass ich daran mittlerweile nicht schon gewohnt wäre.

„Na ja, ich hab's halt nicht gebraucht. Wer hätte mir denn bitte schreiben sollen?", verteidigt sie sich. In Gedanken füge ich hinzu: Wo doch jeder, über deren Nachricht sie sich freuen würde, vor Ort war.

„Wo liegt es denn? Ich hole es dir, damit du die Schuhe nicht wieder ausziehen musst", bietet sich Tetsurou freundlicherweise an. Die Vergesslichkeit in Person schildert es ihm und mein bester Freund verschwindet ins Wohnzimmer. Sobald er aus dem Blickfeld verschwunden ist, lehnt sich Tanji verschwörerisch zu mir herüber. Kozume ist derweilen mit einem Spiel auf seiner Switch beschäftigt. Ein Wunder, dass er nicht schon Entzugserscheinungen aufweist, so wenig wie er in den letzten vierundzwanzig Stunden gespielt hat.

In ungewohnt ernster Tonlage beginnt sie zu flüstern: „Hana, du weißt, dass ich mich für euch freue. Wirklich. Vom ganzen Herzen. Es gibt wohl kaum jemanden, der besser zu dir passen könnte, als er." Sie drückt kurz meine Hände. Mir ist bewusst, dass ein Aber folgen wird. „Aber ..." Da ist es ja. „Denk daran, dass er sich erst gestern von Nanabe getrennt hat. Auch, wenn du der Grund bist, warum er es gemacht hat, müsst ihr nichts überstürzen. Ich gönne es dir, aber lasst euch Zeit."

Einmal mehr wird mir klar, warum ausgerechnet sie meine beste Freundin ist. Zwischen all den Zankereien, den Schimpfwörtern und Zweideutigkeiten, spricht sie Dinge aus, die ich nicht gerne hören möchte, die aber gesagt werden müssen. Sie hat recht. Wir wissen, was wir wollen, aber die Umstände sind nicht die einfachsten. Gerade der Aspekt ‚Nanabe' verdunkelt meine rosarote Brille. Sie ist ein Fleck auf dem Glas, den ich versuche wegzuwischen, aber er lässt sich nicht mit rubbeln beseitigen. Bis vor einigen Stunden war sie ein fester Bestandteil von Tetsurous Leben. Ich muss akzeptieren, dass sie ein Teil seiner Vergangenheit ist, wie auch er Zeit brauchen wird, um eine klare Linie zu ziehen.

„Danke Tanji", lächle ich sie zaghaft an. Mehr braucht sie nicht. Sie weiß, dass ihre Worte zu mir durchgedrungen sind.

Gedämpfte Schritte kündigen die Rückkehr meines neuen Gedanken-Mittelpunkts an.

„Hier bitte." Der Volleyballer überreicht meiner Freundin ihr Handy.

„Dafür, dass du so sportlich bist, hat das ganz schön lange gedauert", grinst sie ihn dankend an. Der Seitenhieb war wohl nötig. Ohne ihr freches Mundwerk wäre sie einfach nicht sie selbst.

„Dafür, dass du so klein bist, bist du ganz schön frech", kontert der Angesprochene kokett und grinst breit.

„Dafür, dass ich euch so gern hab, nervt ihr ziemlich!", mische ich mich in ihren Disput ein und schiebe Tanji an den Schultern zur Tür raus. Kenma sieht kurz von seinem Bildschirm auf, murmelt ein „Bis Montag" und kehrt uns den Rücken zu. Seine Schritte knirschen auf den Kies. Fast wirkt es, als ob er es eilig hat. Trotzdem ist ein Teil seines Körpers wachsam und wartet darauf, dass seine Spielgefährtin ihm folgt. Mir wird ganz warm ums Herz. Sie sind sehr süß zusammen.

„Macht nichts, was ich nicht auch machen würde!", verabschiedet sich Tanji und winkt über die Schulter, während sie uns die Zunge rausstreckt.

Tetsurou legt einen Arm um meine Hüfte und zieht mich an sich. Sein Gesicht ist im Schatten verborgen, aber das Gold seiner Augen glänzt hell über meinen Kopf hinweg.

Kuroomanie (Kuroo x OC) | Haikyuu Fanfiction | LaufendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt