Chapitre 10

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Obwohl das Savon et Essence ein High Society Club ist, herrscht im Innern eine düstere Grunge-Atmosphäre. Die Musik ist dumpf, der Rhythmus treibend, wie das langsam anschwellende Getöse von Kriegstrommeln, der Gesang im Kontrast dazu beinahe lasziv.

Ein feiner, süßlich-herb riechender Dampf hängt in der Luft, eine Mischung aus Trockeneisnebel, Parfümwolken und Zigarettenrauch. Die Dunstpartikel brechen das Scheinwerferlicht, sodass es in fiebrig-roten Strahlenbüscheln zwischen den tanzenden Menschen hindurchflimmert.

Im Spiel der flackernden Lichtsäulen und zerfasernden Schattenbündel fällt es schwer, die realen Dimensionen des Nachtclubs abzuschätzen. Immer wieder tun sich hinter Säulen und in dunklen Winkeln neue Räume auf. Kleine, beinahe privat wirkende Sitzbereiche oder indirekt beleuchteten Bars, an denen Cocktails mit anzüglichen Namen serviert werden. 

Ich kann mir die Geruchsvielfalt gut vorstellen. Deswegen bin ich froh, dass meine Nase ihren Dienst bereits eingestellt hat. 

Auf der anderen Seite fällt es mir dadurch schwerer, abzuschätzen, ob wir alleine sind. Ist der Nachtclub bereits von schwarzen  Wölfen infiltriert? Lauern Personnes Handlanger nicht bloß draußen vor der Tür, sondern auch in den dunklen Winkeln, die ich im Flackerlicht nicht einsehen kann?

Ein kaltes Kribbeln kriecht mir den Nacken hinauf, aber ich bleibe nicht stehen, sondern zwinge mich zum Weitergehen.

Das flirrende Stroboskop-Gewitter verfolgt uns auf unserem Weg durch das Halbdunkel abseits der Tanzflächen. Alle Bewegungen wirken abgehackt, wie in einem Stop-Motion-Film.

Mein Blick wandert zu Henri, der die Hände in die Hosentaschen gesteckt hat und die Ellenbogen an die Seiten presst, vermutlich, um die Schusswaffe in seiner Innentasche zu verbergen. Sein Lächeln verbreitert sich stotternd. Es wirkt gezwungen. Kein Wunder, Henri ist nicht gerne in Gesellschaft fremder Menschen. Das war schon immer so. In den letzten Jahren hat er sich jedoch meinetwegen angestrengt und ist zu einem akzeptablen Party-Begleiter herangewachsen. 

Ein schwaches Bedauern überkommt mich. 

Vielleicht hätte ich Henri schon vor langer Zeit sagen sollen, dass mir das eigentlich gar nicht wichtig ist. Ich brauche keine extravaganten Partys, um glücklich zu sein. Ein ruhiger Abend in unserer Wohnung – ich male am Fenster zum Klang von Henris alter Schreibmaschine, während der Regen auf die Dächer von Le Panier trommelt – ist besser als jede Partynacht in Paris.

Die Vorstellung, dass Henri gefressen werden könnte, ohne zu wissen, wie dankbar ich ihm für alles bin, schnürt mir die Kehle zusammen. Doch jetzt ist es zu spät  – und zu laut – für große Liebesbekenntnisse. Ich muss einfach hoffen, dass wir beide diese Nacht überleben werden.

Der untersetzte Mann, der uns an der Tür in Empfang genommen hat, führt uns immer tiefer hinein in die Eingeweide des Savon et Essence. Von früheren Besuchen weiß ich, dass der Nachtclub sternförmig aufgebaut ist. Fünf unterschiedlich illuminierte Tanzflächen an den Spitzen des Sterns und im Zentrum, etwas erhöht, die VIP-Lounge. Wenn ich mit Juliette und Si-Woo hier war, haben wir uns meist dort oben aufgehalten und das Treiben unter uns beobachtet. Dabei sind wir uns wie Prinzessinnen in ihrem Turmzimmer vorgekommen.

Auch jetzt ist die VIP-Lounge wieder unser Ziel. Der Zugang ist strikt geregelt. Juliette hat mir erzählt, dass das Sicherheitspersonal eine recht kurze Liste der Personen vorliegen hat, die sich dort aufhalten dürfen. Alles abgesegnet von Monsieur Gamache, dem Besitzer.

Aus diesem Grund bilden sich üblicherweise keine Schlangen vor der Treppe zur VIP-Lounge. Doch heute ist alles anders.

"Wieso können wir nicht durch?", beschwert sich soeben eine spanisch aussehende Schönheit mit einem starken lateinamerikanischen Akzent. Sie trägt kein Kleid, sondern vielmehr einen Schwall dunkelblau-funkelnder Pailletten, und befindet sich in Begleitung einer kleinen Entourage aus Freundinnen und attraktiven Tür-Aufhaltern. 

Mon Loup: Kampf um ParisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt