33 ☾ ER

15 4 11
                                    

So ein Mist! Noch hatte ich keinen Bogen in der Hand, Nilo wollte es mir erst einmal zeigen. Ja, ja. Wie naiv kannst du nur sein, Frederik?!

Ich schaue um mich, suche nach alternativen Wegen, Fluchtmöglichkeiten, aber hier ist nur diese riesige Wiese und sonst gibt es nur diesen einen bekackten Weg, von dem aus diese Kerle kommen. Nilo quatscht mit ihnen. Machen sie gerade aus, was und wie sie es am besten mit mir anstellen? Im Augenwinkel sehe ich Bogen mit Pfeil, den Nilo gerade noch in der Hand hatte. Vollidiot. Schnell schnappe ich mir den. Nur, wenn es nötig wird. Wird schon irgendwie hinhauen. Sollte. Muss. Könnte?

Noch immer reden Nilo und die anderen miteinander. Können die sich nicht einigen?

Einer von ihnen lugt gerade aus dem Kreis hervor und duckt sich direkt wieder in den Schutz des Kreises. Eventuell weil ich unverwandt den Bogen erhoben habe und mich in Position gebracht habe. Könnte sein. Was ich jedoch ganz klar in diesem kurzen Moment erkennen konnte, war der Flechtzopf von Mister Sir. Definitiv. Die Sehne wird gespannt.

»Frederik, Frederik. Bitte. Bleib ganz ruhig«, spricht Nilo zu mir, wobei sich seine Stimme etwas überschlägt.

»Das kannst du vergessen, Nilo. Bleib ruhig bei denen. Ich habe keine Lust mehr, mich von euch verarschen zu lassen.«

»Das kann ich verstehen. Aber wir wollen dir nichts–«

»Erzähl das wem anders. Was habe ich euch eigentlich getan?«, unterbreche ich sein Gewäsch und mein Finger fängt an zu zittern. Das ist anstrengender, als ich dachte.

»Deswegen sind sie hier.«

»Ja, ach nein. Was du nicht sagst. Das habe ich mir auch schon gedacht. Danke für diese brillante Info.« Wenn ich könnte, würde ich dazu applaudieren. Lange dauert es vielleicht nicht mehr, bis ich es könnte und das, obwohl ich nicht wirklich einen Pfeil abschießen möchte. Aber diese Dinger zu halten, ist verdammt schwierig.

»Du verstehst da etwas falsch.« Die anderen versuchen, meine ich, abzuschätzen, wohin der Pfeil fliegen könnte. Was mich am meisten verunsichert, ist, dass Nilos Stimme verschreckt klingt. Aufrichtig ängstlich.

»Aufpassen!«, schreie ich panisch – gerade noch rechtzeitig –, bevor der Pfeil den Bogen verlässt, ohne dass ich es will. Unwillkürlich schließe ich meine Augen, habe Angst davor, was ich angerichtet haben könnte. Nach einer sich ziehenden widerlichen Stille fängt jemand an zu lachen, wodurch ich vorsichtig meine Augen wieder öffne. Ich sehe die Gruppe vor mir. Unversehrt. Nilos Gesicht ist genauso unversehrt, aber ziemlich blass. Den Pfeil entdecke ich nirgends.

»Schau mal vor deine Füße«, sagt einer der Kerle. Es ist Sir.

Etwas beschämt gehe ich zwei Schritte nach vorne und hebe den Pfeil auf. Ein wenig Übung wäre wohl gut.

Nilo befreit sich aus seiner Starre und kommt zu mir. »Bist du irre?«

»Ja, wusstest du das noch nicht?«, kommt prompt aus mir heraus. »Tut mir leid. Ich wollte das nicht. Ist ganz schön anstrengend zu halten. Aber ist doch eh egal, bin ja anscheinend grottenschlecht.«

»In der Tat. Das geht besser«, sagt ein anderer, der sich ebenfalls näher herangewagt hat.

»Was wollt ihr?«, frage ich an die anderen gerichtet, ohne auf das vorherige einzugehen. Es sind nicht alle unserer Kameraden erschienen, aber ein Großteil.

»Ryus Ansage hat gesessen«, beginnt Mister Sir, der vielleicht doch nicht der größte Penner ist. »Wir sind hier, weil wir uns entschuldigen wollen. Für all den Mist. Wir haben den Fokus verloren und unseren Frust an dir ausgelassen, weil du einer von ihnen bist.« Er seufzt, es fällt ihm nicht leicht, das merke ich.

Lun-ValeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt