Eine andere Welt

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In den frühen Morgenstunden, als die ersten Lichtstrahlen auf die weiten Felder und Wälder trafen und für so manche Lebewesen das Ende der Nacht einläuteten, trat ein besonders heller Strahl auf. Dieser Strahl lenkte sich in Richtung Erde, bald sah es aus wie das Licht unter einem Brennglas. An diesem Fleckchen Erde kristallisierte sich bald die Figur des Lichtbringers. Das Licht erlosch als dieser seine volle Gestalt annahm. Phosphorus hatte sich weiter außerhalb niedergelassen um nicht gleich aufzufallen, auch hatte er vor das Treiben auf der Erde erst mit Abstand zu betrachten und möglichst unentdeckt zu bleiben. 

Ein Luftzug strömte durch die Felder, verfing sich in seinem langen weißen Gewand. Der Wind war warm aber er fühlte sich anders an als er es bisher kannte. Die Luftströme im Himmelreich waren immer angenehm.... schon beinahe zu künstlich. Hier gab es diese magisch behütete Welt nicht. Das wurde ihm ziemlich schnell klar. Die Farben und Formen erschienen völlig anders. Im Himmelreich gab es ausschließlich perfekt proportionierte Säulen, Statuen und Gebäude, umgeben von Baumen mit schön gleichmäßig geschwungen Wurzeln und Stämmen. Die Blätter und Gräser besaßen kräftige satte Farben, keine Flecken, keine Unebenheiten. Die Schönheit in Perfektion. Dadurch wirkte das Bild allerdings auch unwirlich, künstlich....nicht real. Die Natur mit ihrer Vegetation .. ihrer Flora und Fauna, die er hier vorfand war hingegen absolut unperfekt.  Bäume und Sträucher sind viel knorriger,  die Farben der Pflanzen wirkten eher entsättigt, hatten teilweise Flecken oder waren von Insekten angefressen. An den Gebäuden sah man ob sie schon länger standen, sie besaßen mehr abgenutzte Flächen, Verfärbungen. Auch wenn die Tiere die selben Fellmusterungen hatten, der jeweiligen Arten, so waren auch diese nie völlig identisch oder perfekt. Hier sah der Lichtbringer keine idealisierte Umgebung, vielmehr hatte hier alles einen individuellen Handstrich, manchmal schöner manchmal hässlicher aber damit bekam es einen einzigartigen Charakter. Eine natürliche Schönheit. Für ihn war es Liebe auf den ersten Blick. 

".....Ich habe früher einige Bücher über das Leben hier gelesen.... und die Geschichten der anderen Götter und Engel gehört ..... es ist noch schöner als ich es mir vorgestellt hatte...." 

Im Gebüsch vernahm er ein kleines rascheln. Eine Maus kam gerade aus ihrem Loch gekrabbelt und sah sich um nach etwas Essbarem. Sie schien es nicht zu stören das jemand genau neben ihr stand. Sie war ungewöhnlich zutraulich. Phosphorus beugte sich langsam zu ihr herunter und ließ sie auf seine Hand laufen. Er hob sie hoch und streichelte sie mit dem Daumen seiner Hand ganz sanft. " .... interessant... es scheint sie überhaupt nicht zu stören.... anscheinend sind die Tiere hier tatsächlich viel zutraulicher uns gegenüber..... hehe dir scheint es gut zu gehen ... ein beinahe samtiges Fell hast du da". Vorsichtig setzte er sie wieder ab.

Ein paar Schritte weiter kamen erste Zäune und kleine Gatter in Sicht. "Die nächste Siedlung scheint nicht weit zu sein....." er sah sich um ob er irgendwo die kleinen Häuser entdeckte zu denen diese Zäune gehörten. " mh .... keine Häuser in der Nähe.... ich schätze sie verbergen sich hinter dem Hügel dort.... ich sollte einen anderen Weg nehmen...... ".

"Heeeeeeyyyyy !" ..... Phosphorus zuckte kurz zusammen und drehte sich um. Aus der Ferne bemerkte er den Grund. Ein kleines Kind, nicht viel älter als 4 oder 5 kam mit tapsigen Schritten auf ihn zugerannt. Da er die einzige Person weit und breit war, meinte der kleine Junge unweigerlich ihn mit seinen schrillen Rufen.

Einfach verschwinden war nicht mehr möglich. Phosphorus wusste schon das der kleine es nicht für sich behalten würde wenn er plötzlich eine Person mit Flügeln davonfliegen sieht. Der kleine bremste etwas wackelig ab und zupfte kurz an Phosphorus weißem Gewand " Guck mal Guck mal! Die sind so schön!!" Der Junge streckte ihm seine Hand hin, auf der sich Blüten des wilden Oleander befanden. Der rothaarige lächelte leicht " ja du hast Recht sie sind sehr hübsch". " Huiiiii!!" Der kleine warf sie in den Windstoß der plötzlich den Hügel herunterfegte. Beide sahen sie den Blüten dabei zu wie sie durch die Lüfte tanzten. " Komm Komm!!!! Da ist mehr!!" Der kleine zupfte wieder energisch am Gewand des Lichtbringers und zeigte in die jeweilige Richtung. Er schien keine andere Wahl zu haben als dem Kind zu folgen. Der dunkelhaarige Junge rannte voraus und rief immer wieder nach Phosphorus. Schließlich kamen sie an eine alte Steinmauer an der der Oleander empor kletterte. Das Kind steckte zuerst seine Nase in die Blütenkelche " Das riecht gut .. hier riech mal ". " Sag mal wie heißt du mein Kleiner?" " Linos...... und du?" " Phosphorus..." " Pho...phos.....äh......" stotterte er vor sich hin. " Ach nicht wichtig ... nenn mich einfach Lux...." " Lux ...ok .... wieso nennst du dich Licht?..... " die Kinderaugen starrten ihn neugierig an. " Meine Eltern nannten mich so" versuchte Phosphorus zu erklären. " .... Das ist ein komischer Name..... aber schön...irgendwie... ich mag Licht ... es ist so schön warm" überlegte der kleine laut. " Sag mal Linos.... müsstest du nicht zu hause sein bei deiner Mutter?" Der Junge sah plötzlich hoch und schien sich an etwas zu erinnern " ... Oh.... hab vergessen .... sollte etwas sammeln .. Mama sagte sie braucht was... ich soll es holen weil sie ..sie hat keine Zeit meinte sie.... soll ein Schafblatt holen .... " erzählte er ganz aufgeregt. " Schafblatt?...." rätselte Phosphorus. " Ja Ja ..Schafblatt Schafblatt " unruhig hopste Linos umher. " Ich glaube eher du meinst Schafgabe..... ". Linos sah ihn ernst an " Schafblatt ....Schafblatt klingt aber besser..... hilf mir suchen.... bitte... Papa ist nicht da, Mama hat keine Zeit .. braucht aber Schafblatt ... hilfst du mir Lux?". Phosphorus seufzte kurz und nickte dann. Er konnte nicht Nein sagen zu dem Jungen, er konnte es nicht mit seienm Gewissen vereinbare ihn alleine danach suchen zu lassen, insbesondere da der Kleine kaum Ahnung hatte.

" Ich weiß wo sie wachsen müsste .... komm mit " Phosphorus ging voraus, Linos sprang hinterher " Yey Danke danke". Er ging mit ihm weiter in die wilden Felder hinein. In der Nähe eines kleinen Baches wurde er fündig. " Hier ist die Schafgarbe" " ahhh ... hier ich hab ein Messer ... Mama hat gesagt ich soll die Pflanze damit schneiden" er kramte ein kleines Messer hervor und hielt es Phosphorus hin. Mit dem Messer durchtrennte er die Stängel und gab sie Linos. Der Junge nahm die Stängel an sich und sah sich nach weiteren um " Ah da hinten " da war er auch schon dorthin gerannt. Phosphorus erkannte die Pflanze allerdings nicht als Schafgarbe und griff nach Linos Arm. Er zog ihn weg bevor dieser nach der Pflanze greifen konnte. " Hee AUA " der kleine schrie kurz auf, mehr vor Schreck als von dem festen Griff. Mit Tränen in den Augen sah er zu Phosphorus hoch. " Entschuldige Linos ... aber das dort ist nicht die richtige.... " " Aber die sehen doch gleich aus" protestierte Linos. " Linos ... diese dort ist Giftig .. sehr Giftig. Es kann dich töten. Das ist Schierling.... Sieh mal .." Phosphorus zeigte auf die Schafgarbe in Linos Hand " hier siehst du ... die Pflanze die du suchst muss diese Merkmale haben und nur die pflügst du ! Ok?" Linos sah sich die Stellen genau an und nickte dann. " Das ist gut " er streichte ihm durch die Haare und wischte ein paar Tränen des Jungen mit der Spitze seines Gewands ab.

" schau mal ob du noch mehr siehst und achte diesmal auf die Merkmale die ich dir gezeigt habe". Linos tat wie ihm gesagt wurde. Er sah sich diesmal sorgfältiger um. Als er alles richtig erkannte, belohnte ihn Phosphorus mit einem Kunststückchen und ließ einige süße Beeren erscheinen die er essen konnte." Weißt du ... Pflanzen haben gerne einen bösen Doppelgänger ... pass auf wenn mam dich wieder Sammeln schickt. Versprochen? " er steckte Linos die Hand hin, dieser schüttelte sie " Versprochen !... Danke ...". " Du solltest gehen deine Mutter macht sich bestimmt sorgen .. du hast jetzt bestimmt genug der Kräuter" " mhm...ok.... es war lustig ... kommst du wieder?" " Ich weiß nicht.... los jetzt lauf zu deiner Mutter und bring ihr die Kräuter sie braucht sie sicher bald". Wiederwillig schlappte Linos los. Nach ein paar Schritten drehte er sich um und hob winkend die Hand, aber es stand niemand mehr dort. " ...huh?... wo bist duuu!! ..... hallooo?!......." nach mehrmaligem vergeblichen Rufens gab er auf " ......Lux ist komisch..... aber nett...." murmelte er und lief dann endlich nach hause.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 17, 2023 ⏰

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Phosphorus - Es werde LichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt