Kapitel 1 - aus Saras Perspektive

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***So ihr Lieben, die meisten werden es schon mitbekommen haben, dass das Buch Halbgötter ohne weiß als nächstes veröffentlich wird. Pünktlich zum 1. Advent  kann es als ebook und auch als Print bei Amazon gekauft werden. Es wird auch immer wieder tageweise für 0€ angeboten - das kündige ich hier auch an und freue mich dann natürlich umso mehr über Rezensionen und Sternchen.

Ich hoffe euch gefällt das  Buch in seinem neuen winterlichen Gewand und mit etwas veränderter Rahmenhandlung. Ich werde in den nächsten 3 Wochen immer wieder ein Kapitelchen als Preview veröffentlichen. 

Psst. Man kann das Buch natürlich jetzt schon auf Amazon vorbestellen :)*** 


Es ist mal wieder so weit. Alle paar Jahre veranstaltet die Familie meiner Mutter pünktlich zum ersten Advent, ein großes Fest. Zu dem nicht nur die Familie, sondern auch Freunde des Hauses eingeladen sind. Meistens findet dieses Fest auf dem Anwesen meines Onkels statt. Ich selbst habe seit einigen Jahren nicht mehr teilgenommen. Entweder war ich im Ausland oder es standen wichtige Prüfungen bevor.

Meine Familie besteht eigentlich fast nur aus Medizinern. Eine unrühmliche Ausnahme ist meine Mutter, die Lehrerin ist. Das Fest beginnt immer am späten Nachmittag und dauert meistens bis spät in der Nacht. Am nächsten Morgen gibt es dann noch einen gigantischen Brunch. Das ist eigentlich mein Lieblingsteil. Der Tisch ist dann immer sehr festlich geschmückt, die erste Kerze auf den Adventskranz brennt und es ist einfach eine wunderschöne Stimmung. Das Anwesen meines Onkels ist groß genug und das Grundstück selbst eine ideale Partylocation. Mein Onkel ist Gynäkologe und hat seine Praxisräume auch hier auf dem Gelände. Ich selbst bin allerdings nicht so der Party-Typ. Das ist mir zu viel Trubel. Schon als Kind habe ich mir meine Rückzugsräume gesucht. Im Winter war es die Bibliothek, mit ihren herrlich bequemen Samtlesesesseln und im Sommer die alte Kastanie im Park. Als Kind habe ich hier viele Ferien mit meinem älteren Cousin Alex und seinem besten Freund Ben verbracht. Weder Alex noch ich haben Geschwister. So sind wir ein bisschen wie Bruder und Schwester zueinander. Aber in den letzten Jahren hatten wir uns aus den Augen verloren. Wenn ich an diese Tage zurückdenke, bekomme ich immer noch ein Kribbeln im Bauch, denn ich war damals unheimlich verliebt in Ben. Die Ferien kamen mir damals immer viel zu kurz vor. Dummerweise hatte ich den Fehler gemacht Alex in mein Geheimnis einzuweihen, und er nutzte das voll aus und stellte mich vor die Wahl: Entweder wir spielen Doktorspiele miteinander, oder er würde Ben erzählen, dass ich in ihn verliebt war. Du kannst dir vorstellen, dass ich keine Chance hatte. Ich war etwa 10 Jahre alt, Ben und Alex ein paar Jahre älter. Was am Anfang noch ganz unschuldige Spiele waren, entwickelte sich in den folgenden Jahren immer weiter. Am Anfang war ich noch sehr gehemmt und nicht immer bereit, mit den beiden zu spielen. Aber nach und nach fand ich Gefallen an den Spielen. Einige Elemente, wie zum Beispiel das rektale Fiebermessen, konnte ich nicht so gut leiden. Anfangs wurde es noch mit den Fingern durchgeführt. Nach und nach wurde es dann noch mit Gegenständen aus der Praxis ergänzt. Heute jedoch kribbelt es im Bauch, wenn ich an diese Zeit denke.


Alex und Ben sind immer noch beste Freund. Nachdem ich Ben nun einige Jahre nicht gesehen habe, werde ich ihn heute wiedersehen. Das Kribbeln in meinem Bauch wird immer stärker. Meine Mutter hatte mir erzählt, dass beide Medizin studiert hatten, aber jeder in seinem Fachgebiet. Alex hatte sich auf die Innere Medizin spezialisiert, während Ben die Laufbahn eines Gynäkologen eingeschlagen hatte. Frauenarzt - das hätte ich mir denken können.


Nachdenklich rolle ich meinen Trolley über die Kieseinfahrt. Auch der Park ist festlich geschmückt. Um jede der Laternen ist ein winterliches Gebinde geschlungen. Es ist einfach wunderschön hier. Dieses Jahr bin ich hier die Einzige aus meiner Familie. Mein Vater arbeitet momentan im Ausland und meine Mutter begleitet ihn. Ich muss also meine Frau alleine stehen. Mein Herz schlägt schneller. Ich weiß, dass ich die beiden heute wieder sehen werde. Gegenüber Alex empfinde ich freudige Aufregung. Für Ben sind da allerdings ganz andere Gefühle im Spiel. Ein leider recht vertrauter Schmerz lenkt mich von den Gedanken an meine Vergangenheit ab. Seit Wochen kommen die Schmerzen, mal mehr, mal weniger. Aber meistens verschwinden sie mit Schmerzmitteln und einer Wärmflasche wieder. Ich beschließe, gleich unauffällig meine Tante zu fragen, ob sie mir eine Schmerztablette geben kann. Das wird schon helfen. Ich bin vor der großen Tür angekommen, an der ein mit Weidenzweigen gewickelter Kranz hängt. Ich betätige die große Glocke. Es dauert nicht lange und meine Tante öffnet die Tür. Sie lächelt mich an und zieht mich in die Arme.


„Willkommen Sara! Wie schön, dass du da bist. Du möchtest dich bestimmt erstmal etwas frisch machen. Ich zeige dir direkt dein Zimmer!" Einer der Bediensteten kommt und nimmt mir den Rollkoffer ab. Ich laufe hinter meiner Tante her und wir erreichen in Kürze „mein" Zimmer. Schon als Kind habe ich immer in diesem Zimmer geschlafen. „In einer Stunde gibt es Tee und Kuchen. Um 20 Uhr beginnt dann das große Dinner!" Sie lächelt mir zu.„Vielen Dank! Tante Agneta?", frage ich sie vorsichtig.„Ja, Sara?" Sie schaut mich musternd an.„Hast du vielleicht eine Schmerztablette für mich?"„Kindchen. Ja natürlich! Ich schicke Alex gleich zu dir hoch. Er freut sich schon sehr auf dich!"„Ähm, nein. So dringend ist es auch wieder nicht!", sage ich schnell. Genau das will ich ja schließlich verhindern. „Keine Widerrede!" Sie lächelt mir zu und schließt die Tür. Verdammt! Ich lege mich kurz aufs Bett und überlege, wie ich jetzt weitermache. Wenn Alex mich jetzt erwischt, komme ich bestimmt nicht um eine Inquisition herum. Ich beschließe, in die Bibliothek zu gehen und mich dort etwas auszuruhen.


Ich erreiche den alt ehrwürdigen Raum und atme tief die Luft ein. Es riecht nach Kaminfeuern, Staub und alten Büchern. Ich liebe diesen Geruch und suche mir einen Sessel aus. Ich kann das knisternde Feuer sehen. Die Wärme tut gut. Ich massiere sanft meinen Bauch, damit dieser sich hoffentlich etwas entspannt. Doch leider ist das Gegenteil der Fall. Puh! Ich beuge mich etwas vor, um die Krämpfe erträglicher zu machen. Jetzt kommen auch noch Übelkeit und Schwindel hinzu. Ich bekomme Angst. Was ist das?Nun höre ich Stimmen, die näher kommen. Vertraute Stimmen! Jemand ruft meinen Namen. Bitte, nicht jetzt! Ich muss hier weg. Schnell stehe ich auf. Vielleicht zu schnell? Der Schmerz überwältigt mich. Ein Loch tut sich auf. Ein verdammt tiefes Loch, in das ich mich mehr als dankbar stürze.

Halbgötter ohne weiß - PreviewWo Geschichten leben. Entdecke jetzt