Kapitel 4 - aus Saras Perspektive

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Am nächsten Morgen wache ich völlig erschöpft auf. Die Fieberträume haben mich die ein- oder andere Situation, aus meinen Ferien hier, nachempfinden lassen. Ich schaue mich um. Ich bin allein in meinem Zimmer. Obwohl das Hemd welches Ben gestern getragen hatte, auf meinem Bett liegt. Ich zögere kurz, hole es mir dann jedoch näher zu mir. Ich inhaliere tief Bens Duft und beschließe, das Hemd unter meinem Kopfkissen zu deponieren. Ich höre Wassergeräusche aus dem angrenzenden Badezimmer. Schon kommt Ben, mit einem Handtuch um die Hüften, ins Zimmer.„Guten Morgen! Wie fühlst du dich?" Ich lasse meinen Blick über seinen durchtrainierten Körper schweifen. Ich schlucke trocken. „Ähm, ganz gut." Er setzt sich neben mich und legt seine kühle Hand auf meine Stirn. „Hm, immer noch ziemlich warm." Er nimmt mein Handgelenk in seine Hand und fühlt meinen Puls. Es kommt mir sehr unwirklich vor, dass er hier, nur mit einem Handtuch bekleidet, auf meiner Bettkante sitzt.„Ich ziehe mir schnell etwas über und dann untersuche ich dich noch einmal, okay?"„Klar! bis gleich." Mein Bedürfnis zu duschen ist ziemlich groß. Dementsprechend kommt es mir gerade recht, dass er das Zimmer verlässt. Ich klemme den Infusionsschlauch ab und schwinge vorsichtig meine Beine aus dem Bett. In diesem Moment betritt Alex das Zimmer. Schlechtes Timing!„Was machst du denn da? Du sollst doch im Bett bleiben. Habe ich das gestern nicht deutlich gesagt?" Er kommt zu mir und befestigt den Schlauch wieder an meinem Handrücken.„Aber ich fühle mich schon viel besser und gehe jetzt duschen" Ich lege mehr Kraft, als ich eigentlich habe, in meine Worte und schaue ihn mit blitzenden Augen an.„Ja. Warum glaubst du denn? Weil wir dir Schmerzmittel gegeben haben. Du kannst duschen. Aber nur, wenn einer von uns dabei ist. Die Gefahr, dass dein Kreislauf zusammenbricht, ist einfach zu groß!", gibt er mindestens genauso entschieden zurück. Ich verdrehe die Augen. Ich will beim Duschen wirklich meine Ruhe haben. Ich meine, als Kind hat er mich mehr als einmal nackt gesehen. Aber jetzt? Das ist schon etwas anderes! „Komm, ich helfe dir ins Bad." Ich lasse zu, dass er mich leicht stützt. Gemeinsam wanken wir ins Badezimmer. Ich bin schon jetzt geschafft! Trotzdem setze ich ein tapferes Gesicht auf.„Würdest du mich jetzt bitte allein lassen?" Alex schüttelt nur den Kopf. Er dreht sich aber immerhin ein Stück zur Seite, damit ich mich ungestört ausziehen kann. Schnell steige ich in die, mit Milchglas versehene, Dusche. Das warme Wasser fühlt sich unglaublich gut an. Doch schon bald spüre ich wieder die altbekannten Schmerzen. Ich trete, wie ein begossener Pudel, aus der Dusche. Alex reicht mir ein Handtuch und schaut mich musternd an.„Hast du wieder Schmerzen?!" Ich nicke nur. „Hoffentlich hat das Labor jetzt den richtigen Erreger gefunden. Ich habe gestern Abend extra noch den Abstrich und die Blutprobe dorthin gebracht!", sagt er leicht verärgert. Mir dagegen ist das völlig egal. Ich möchte nur noch ins Bett. Sanft wickelt Alex das Handtuch etwas fester um meinen Körper und legt einen Arm um mich. Wir beide hören dann Bens Stimme aus dem Gästezimmer. „Sara? Wo bist du? Keine Minute kann man das Mädel allein lassen!", schimpft er vor sich hin.„Wir sind im Bad", ruft Alex und lächelt mir zu. „Komm, ich bring dich ins Bett", wendet er sich dann wieder mir zu. Gemeinsam betreten wir das Zimmer. Mein Bett sieht auf einmal sehr einladend aus. „Ich habe jetzt das richtige Antibiotikum. Es wird dir bald besser gehen!" Ben lächelt mich an. „Dreh dich bitte auf die Seite. Ich werde dir das Antibiotikum in die Hüfte spritzen." Ich werde misstrauisch und verrenke mir den Hals, um die Spritze zu sehen. Ben hat die Spritze mit einem Tuch abgedeckt. Ich ahne Schlimmes.„Entspann dich!", sagt er mit seidenweicher Stimme. Ich lege mich auf die Seite und rede mir ein, dass das schon nicht so schlimm werden wird. Prompt spüre ich den kühlen Alkoholtupfer an meiner Hüfte. Nein, das will ich nicht! Schnell drehe ich mich wieder um und sehe eine große Spritze mit einer milchigen Flüssigkeit darin.„Du wirst mir das Ding nicht in die Hüfte spritzen!" Trotzig verschränke ich die Arme. „NIE IM LEBEN!" Entsetzt blicke ich auf die Nadel. Ben wechselt einen Blick mit Alex. Dann werde ich von Ben sanft, aber bestimmt, umgedreht und in Position gehalten. Ich rieche den Alkohol und spüre erneut die Feuchtigkeit des Pads. Nach einem kurzen Schlag auf meinen Hintern, dann der Einstich der Nadel. Das geht ja sogar, denke ich. Dann wird die Flüssigkeit injiziert. Es brennt höllisch. Das Ben mir währenddessen über die, noch vom Duschen nassen Haare streicht, ist immerhin ein kleiner Trost. „Ich weiß, es tut sehr weh, aber es muss sein, damit es dir bald besser geht." Er lächelt mich an. Ich drehe den Kopf weg. Ich kann das gerade nicht erwidern. Schließlich zieht Alex die Nadel heraus und massiert die schmerzende Stelle mit einem Tupfer. Ben lässt mich endlich los. Ich versuche, mich zu entspannen, und schließe die Augen. Kurz darauf spüre ich, wie etwas in meinen Anus eindringt. Es ist das verhasste Thermometer. Können die beiden mich nicht einfach mal in Ruhe lassen? Ich grummle in mein Kissen und versuche, solange still zu halten.„38,5", höre ich nun Bens Stimme sagen. Ich schaue zu ihm auf. Er lächelt nur und schaut auf mich herab. Ich lege den Kopf ab und fühle mich einfach nur müde. Sanft werde ich nun, von vier Händen, auf den Rücken gedreht.„Entspann dich! Ich will nur deinen Bauch abtasten." Ich sehe Bens musternden Blick und spüre, wie sich seine Hände sanft über meinen Bauch bewegen. Es ist alles andere als angenehm.„Es tut mir leid, aber es muss sein", murmelt er leise.„Fühlst du dich sehr müde?", fragt er. Ich nicke nur leicht. „Versuch jetzt etwas zu essen und danach zu schlafen. Alex Eltern fahren ja glücklicherweise heute Abend in den Urlaub. Dann haben wir alle Zeit der Welt, um dich noch etwas gründlicher zu untersuchen." Alex stellt mir ein Tablett mit frischen Brötchen, Aufstrich, einem Stück Stollen, einer großen Tasse Kaffee und ein Teelicht auf den Nachttisch. Stimmt ja, es ist der erste Advent. Ich lächle ihn dankbar an und verdränge für einen Moment die anstehende Untersuchung. Als ich fertig gegessen habe, falle ich erneut in einen tiefen, unruhigen Schlaf. Ich träume von meiner Kindheit: Alex, Ben und ich sitzen im Spielhaus im Garten und spielen Arzt. Ich bin vielleicht 8 Jahre alt. Ich musste, wie immer, die Patientin sein und mich ausziehen. Dann kam Alex mit einem weißen Hemd ins Spielhaus, das er sich von seinem Vater geliehen hatte. Ben trug nur ein weißes T-Shirt. Alex ging ab und zu in die Praxis seines Vaters hinunter und nahm einige Dinge, wie einen Zungenspatel, Tupfer und so weiter, mit ins Spielhaus. Dort hatte er sich ein kleines Regal gezimmert und feinsäuberlich die entwendeten Dinge einsortiert. Letztes Weihnachten hatte er sogar ein eigenes Stethoskop bekommen, das er auch oft benutzt. Ich liege auf dem dünnen Holzboden auf einer Decke. Mir ist kalt und ich habe eine leichte Gänsehaut. Ich habe nur eine Unterhose und ein Top an und tue so, als würde ich schlafen. Alex setzt sich zu mir und fühlt meinen Puls. Während Ben schon den Koffer öffnet und Alex das Stethoskop gibt. Ben sitzt ganz nah bei mir. Ich spüre die Schmetterlinge in meinem Bauch. Alex hört dann mein Herz ab, während Ben meine Stirn fühlt. Sie tauschen ihre berüchtigten Blicke aus und Ben holt das Thermometer aus seiner Tasche.Etwas rüttelt an meinem Arm und ich schlage die Augen auf. „Hey! Was ist los?" Ben schaut mich besorgt an. Ich bin immer noch außer Atem.„Wir hatten echt Mühe, dich zu halten." Ich schaue zu Alex, der sich ein Taschentuch auf die Nase drückt. „Das war ich aber nicht, oder?" Alex ist etwas blass um die Nasenspitze.„Na ja. Du hast ganz schön viel Kraft in deinem Ellenbogen." Ich bin einerseits ein bisschen schockiert, aber andererseits auch schadenfroh. Plötzlich allerdings habe ich ein schlechtes Gewissen, weil er sich gestern und heute so gut um mich gekümmert hat. „Tut mir leid. Ich hatte gerade einen komischen Traum. Geht es dir gut?" Ich schaue ihn entschuldigend an. „Darf ich jetzt Fieber messen?" Ohne etwas zu sagen, drehe ich mich auf den Bauch und spüre das Eindringen des Thermometers. „Und wie fühlst du dich?", Alex schaut mich fragend an. „Etwas besser", gebe ich zurück. Ben zieht das Thermometer heraus und liest es ab.„38°C. Besser, aber immer noch nicht gut genug. Ich muss dich noch mal untersuchen!"„Aber mir geht es schon besser. Können wir bitte noch warten?" Beide schauen mich mitleidig an. Verdammt. „Okay, dann wollen wir mal", sage ich seufzend. Ben trägt mich wieder nach unten. Ich lege meinen Kopf auf seine Schultern. Er riecht wunderbar. Wir erreichen nach kurzer Zeit, ohne weitere Begegnungen, die Praxis. Ben legt mich auf die Untersuchungsliege, während er alles für die Untersuchung vorbereitet. Ich spüre, dass ich dringend auf die Toilette muss. „Was machst du da?" Ben schaut mich kritisch an. „Ich muss auf die Toilette."„Groß oder klein?"Ich wurde rot. „Klein."„Warte kurz, ich brauche sowieso eine Urinprobe!" Er lächelt mich freundlich an. Ein Katheter. Das ist wirklich das Letzte, was ich will.Ben kommt zu mir und nimmt mich in den Arm. Er hält mich so lange, bis meine Anspannung etwas nachlässt. „Spring rauf!", sagt er leise und ich habe sofort einen Flashback. Das hat er früher schon immer gesagt. Ich habe es geliebt, wenn ich mich wie ein Äffchen, an ihn anklammern konnte. Eng an ihn geschmiegt hebt er mich schließlich hoch und setzt mich sanft auf dem Untersuchungsstuhl ab. In diesem Moment betritt auch Alex wieder den Raum. Ben drückt mich sanft nach hinten und legt meine Beine in die Beinstützen. Alex legt nun entschlossen eine Hand auf mein Knie. Eine leise Warnung, jetzt still zu liegen. Ben hat nun alles vorbereitet. Er setzt sich zwischen meine Beine und zieht sich Handschuhe an. Ich spüre bereits jetzt meine Anspannung, obwohl er mich noch nicht einmal angefasst hatte. „Ich werde dich jetzt berühren. Entspann dich", befiehlt er leise. Vorsichtig spreizt er mit den Fingern meine äußeren Schamlippen. Bald spüre ich einen kalten, feuchten Tupfer auf Höhe des Kitzlers. Ich zucke zusammen. Alex tritt neben mich und legt seine Hände sanft auf meine Hüften. Wieder spüre ich die kalte Berührung und dann ein starkes Brennen. „Aua! Das brennt!" Ich werde unruhig und versuche, mich aus Alex festen Griff zu winden. Plötzlich hört das Brennen auf. Ich spüre, wie sich meine Blase entspannt und Urin aus mir herausläuft.„Gut gemacht! Ich glaube, wir können den Katheter wieder entfernen. Das zieht nur noch ein bisschen." Ben sieht mich an. Seine warme, behandschuhte Hand liegt auf meinem Schambein. Das Entfernen ist tatsächlich weniger schmerzhaft, als gedacht.



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Halbgötter ohne weiß - PreviewWo Geschichten leben. Entdecke jetzt