Fire to the rain

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Hogwarts. Hogwarts, Hogwarts, Hogwarts. Jahrelang ist dies der einzige Ort gewesen, den ich mein Zuhause genannt habe. Und dabei wird es auch bleiben. Denn so sehr Travers auch betont, unser Zaubereiministerium sei 'ein Ort für alle', so komme ich doch nicht umhin, zu denken, dass dieser Ort für manche ein bisschen mehr da ist, als für andere. Egal. Wie auch immer. Gerade habe ich aber größere Probleme als die Tatsache, dass unser Ministerium vom Gefühl her ein Eisblock ist. Denn immerhin bin ich nicht zum Vergnügen hier, um mich mit Travers zu besprechen. Das ist ja wohl klar. Schließlich ist bekannt, dass der Leiter der Abteilung für magische Strafverfolgung und ich uns nicht allzu grün sind. Tja. Deswegen bin ich ehrlich gesagt ziemlich überrascht gewesen, als Travers mir gestern eine Eule schickte, mit dem Befehl (natürlich ein Befehl, was sonst?) heute ins Ministerium zu kommen, da er mit mir 'über die neusten Entwicklungen' sprechen will. Die neusten Entwicklungen, denke ich spottend, während ich durch die Gänge des Ministeriums zu Travers' Büro gehe. Neuste Entwicklungen. Eine sehr milde Art, das auszudrücken, was in den letzten beiden Wochen geschehen ist. Ich würde es eher 'Terror' nennen, was Gellert da momentan abzieht. Oder in den letzten beiden Wochen abgezogen hat. Wie auch immer. Das, was er getan hat und tut... In den letzten beiden Wochen war es Gellert und seinen Akolythen ein Spaß, unberechenbar irgendwo aufzutauchen, zu morden, dass das Blut in Pfützen auf dem Boden glänzt und dann wieder zu disapparieren. Zack. Einfach so. Gellert kann wirklich froh sein, wenn er mir so schnell nicht begegnet. Denn sonst ist es sehr wahrscheinlich, dass ich ihn umbringe. Und wenn ich das sage, dann meine ich auch 'umbringen'. Zumindest... glaub ich das.
Ich unterbreche mich selbst in meinen Gedanken, als ich vor Travers' Bürotür ankomme. Kaum, dass ich davorstehe, öffnet sie sich. Travers steht hinter seinem Schreibtisch, beide Hände darauf gestützt und sieht mich aus stahlgrauen Augen an. "Dumbledore.", begrüßt er mich, während ich eintrete. "Travers.", antworte ich. "Sie haben mich wegen den Massakern der letzten beiden Wochen gerufen?" "In der Tat.", der Leiter der Abteilung für magische Strafverfolgung nickt und schließt mit einem Zauberstabschnippen die Tür. "Nun", ich bleibe stehen und blicke ihn an "wie kann ich Ihnen helfen?" Langsam richtet Travers sich auf und stemmt die Arme in die Seiten. "Es kann so nicht weitergehen, Dumbledore.", sagt er. "Und darum...", er seufzt und verzieht das Gesicht. "Ich kann Sie wirklich nicht ausstehen, Dumbledore. Aber da Sie der einzige Zauberer sind, der Grindelwald das Wasser reichen kann... Werden Sie sich mit ihm duellieren?" "Sobald sich die Gelegenheit dazu ergibt, natürlich.", bestätige ich ruhig. "Denn wie Ihnen bekannt sein müsste, kann Grindelwalds Schloss Nurmengard nicht geortet werden." "Das... haben meine Auroren bereits feststellen müssen.", gibt Travers zu und seufzt noch einmal. "Und es gefällt Ihnen nicht.", schlussfolgere ich. Travers bedenkt mich mit einem finsteren Blick aus kalten, grauen Augen. "Natürlich nicht.", knirscht er und funkelt mich an. "Logischerweise.", schiebe ich beruhigend hinterher. "Nichts, was Gellert Grindelwald tut, ist schön oder in irgendeiner Weise unterstützenswert." Fast hätte ich 'Gellert' gesagt und bin froh, mich noch einmal gerettet zu haben. Zum Glück scheint das Travers nicht weiter aufgefallen zu sein. Denn er entspannt sich sichtlich und nickt. "Absolut, Dumbledore. Absolut. Nun...", er verengt die Augen und senkt die Stimme. "Es gibt einen Grund, warum ich Sie ausgerechnet heute und vor allem jetzt zu mir rufen ließ. Meinen Auroren ist zu Ohren gekommen, dass Grindelwald heute vorhat, hier in London sein nächstes Massaker zu veranstalten." Noch in dem Moment, als er endet und mich mit leicht geneigtem Kopf aus berechnenden Augen anblickt, ist mir klar, was er will. "Und ich", ergänze ich darum "soll jetzt natürlich zur Tat schreiten und mich mit ihm duellieren." "In der Tat.", der Leiter der Abteilung für magische Strafverfolgung nickt noch einmal, dann benetzt er seine Lippen, als würden ihn die nächsten Sätze Mühe kosten: "Durch Ihre... besondere Vergangenheit mit Grindelwald sind Sie in der Lage, seine Position genauer zu erahnen, als all meine Auroren zusammen. Sie kennen ihn von allen Zauberern auf dieser Welt am besten. Darum...", er zögert, ein Hauch von Unwillen spiegelt sich auf seinen Zügen "Ich bitte Sie im Namen der gesamten magischen Welt: Duellieren Sie sich mit ihm." Kurz starre ich Travers an wie das achte Weltwunder. Seit wann bittet dieser Mann mich um etwas? Das ist mir wirklich neu. Aber ich bin nicht wie er und auch nicht wie Gellert. Ich werde ihm das nicht vorhalten. "Das werde ich tun.", verspreche ich ihm. "Ich werde mein Bestes geben, auch wenn ich nicht versprechen kann, dass es genügt. Denn Grindelwald hat den Elderstab." "Ich weiß.", ausnahmsweise scheint Travers nicht verärgert. "Das ist ein sehr unkomfortabeler Zustand." Der Zustand ist weit mehr als 'unkomfortabel', Travers!, denke ich, spreche es aber nicht aus, beschränke mich auf ein zustimmendes Nicken. "Dann werde ich jetzt gehen und sehen, ob Grindelwald bereits da ist.", sage ich nun. Travers seufzt und nickt wieder. Heute ist er wirklich ziemlich zahm. "Tun Sie das, Dumbledore.", murmelt er, seine grauen Augen verfolgen mich, wie ich aus seinem Büro gehe.
Draußen empfängt mich ein eisiger Novemberwind, ich fröstele. Höchstens fünf Grad, der Himmel ist grau. Hellgrau. Noch während ich einen Blick um mich herumwerfe, beginnt es zu regnen und es kommt eine solch eisige Brise, dass es mich nicht wundern würde, wenn die Regentropfen in der Luft gefrieren würden. Das tun sie nicht. Aber dafür wird der Himmel dunkelgrau. Dunkelgrau. Ein einzelner Blitz zuckt grellweiß über den Himmel, der Regen wird noch heftiger. Ich zucke zusammen, verharre aber ansonsten wie angewurzelt in dem eisigen Regen. "Gellert.", flüstere ich und ein stechender Schmerz schnürt mir die Kehle zu. Einen winzigen Moment bleibe ich noch stehen, dann gehe ich los. Obwohl mein Herz hämmert, als würde es jeden Moment meine Rippen brechen wollen. Schneller., treibe ich mich an. Geh! Wenn du nicht schnell genug bist, sterben Menschen! Ich fühle mich wie ein Eisensplitter, der kurz vor einem Magneten liegt, wie eine Motte, die einen Lichtschimmer gesehen hat. So sehr ich es auch hasse, so sehr ich es zu leugnen versuchen: Gellert zieht mich an. Ohne zu wirklich zu wissen, wo er ist, weiß ich, wohin ich gehen muss. Wie ferngesteuert biege ich nach links, dann nach rechts. Da steht er. In der Mitte irgendeines leeren Platzes. Allein. Die stürmischen Brisen zerzausen ihm die Haare, vermischen seine aschblonde Strähne mit dem Rest seines schwarzen Haars. Reglos steht er da, den Elderstab in der Hand, seine Lippen teilen sich, noch während er den Kopf hebt. Er sieht mich an. Für einen Moment sind es nur wir beide. Klatschnass, mit windzerzausten Haaren. Seine Augen glühen regelrecht, wandern über jeden Quadratzentimeter meines Körpers. Aus heiterem Himmel überfällt mich das Verlangen, zu ihm zu gehen, ihn an mich zu ziehen und nie, nie wieder loszulassen. Ich kann das nicht tun. Denn immerhin bin ich hier, um mich mit ihm zu duellieren. Also ziehe ich meinen Zauberstab. Die funkelnde Glut in seinen Augen erlischt. Der Moment ist vorbei. Ein schräges, irres Grinsen verzieht seine Lippen. Dann hebt er den Elderstab. Ooookay., denke ich und versuche mit aller Macht meinen Schmerz hinunterzuschlucken, der sich wie ein Messer in meine Lunge rammt. Mit jedem Atemzug tiefer. Vielleicht hätte ich es doch nicht provozieren sollen. Vielleicht nicht. Doch jetzt ist es zu spät. Längst zu spät. Da es nun wirklich so oder so egal ist, appariere ich und stehe jetzt vor ihm. Möglicherweise ein bisschen zu dicht und sofort explodieren Funken zwischen uns. Nicht wortwörtlich. Aber vom Gefühl her eindeutig. Ich kriege meine (viel zu schnelle) Atmung einfach nicht unter Kontrolle, kann ihn nur anstarren. Sein Blick verhakt sich in meinen. Dann hebt er eine Hand, jene ohne Elderstab, raue Finger streichen über meine Wange. Fast sofort fühlt es sich an, als würde mein Blut kochen. Keuchend atme ich ein und blicke ihn starr an. "Küss mich.", flüstere ich heiser, tonlos. "Küss mich. Bitte." Sein Lächeln wird sanfter. Dann umschließt er mein Gesicht, zieht mich zu sich und küsst mich. Es ist kein sanfter Kuss, sondern ein stürmischer. Stürmisch, dominant und hart. Aber das ist mir egal. Zitternd ziehe ich ihn enger zu mir und als ich das Spiel seiner Muskeln unter meinen Fingern spüre, muss ich mich sehr am zusammen nehmen, um ihm nicht auf der Stelle die Kleider herunterzureißen. Das wäre allerdings eine vollkommene Katastrophe., erinnert mich eine leise Stimme und im absolut selben Moment wird mir klar, was ich hier eigentlich tue. Travers hat mich geschickt, damit ich mich mit Gellert duelliere. Was mache ich stattdessen? Ich küsse ihn, als gäbe es kein Morgen. Was durchaus der Fall sein kann, falls Travers ausgerechnet jetzt seine Auroren schickt. Nein. Nein, nein, nein.
Ruckartig reiße ich mich von ihm los. Gellert zieht eine Augenbraue (die linke) minimal nach oben. "Nein.", sage ich und gratuliere mir selbst dafür, dass meine Stimme nicht schwankt. "Hör auf damit. Ich bin gekommen, um mich mit dir zu duellieren." Die zweifarbigen Augen meines ehemaligen Geliebten verdunkeln sich. Er beißt die Zähne zusammen, so fest, dass es mir schon vom Hinsehen wehtut. Dann senkt er langsam den Blick auf seine langen, schlanken Finger, wobei in denen seiner rechten Hand der Elderstab ruht. Wieder. Wo er den nun schon wieder her hat, will ich nicht wissen. Jetzt sieht er wieder auf, mustert mich kurz. Er neigt sich zu mir, so dicht, dass ich seinen Atem an meinem Ohr spüre. "Du bist mein.", seine Worte sind eine Mischung aus Knurren und Schnurren, so sanft und doch so unendlich wütend. "Mein, Albus. Mir ganz allein. Und keinem anderen." Darauf mache ich einen Schritt nachhinten und funkele ihn schwer atmend an. "Du bist verrückt!", fauche ich. "Du bist... toxisch. Du bist...", meine Stimme erstirbt, scheitert an dem letzten Wort. 'Du bist besessen. Von mir.' Oh Merlin, so eine verflucht toxische Liebe! Ich sehe das Gift dieser Zuneigung in Gellerts Augen, während er mich ansieht. In seinem Lächeln. In und an allem, was er tut. Warum wusste ich nicht früher, wie vergiftet seine Liebe ist? "Ich bin was?", fragt er leise und blickt mich unter gesenkten Lidern an. Ich blinzele, hole tief Luft, ringe verzweifelt um Worte. Du bist... Du bist was?! Nichts kann das beschreiben, was ich denke. Doch. Eine Sache kann es. Langsam lasse ich meinen Blick wandern, bis ich ihm genau in die Augen blicke. "Was du bist?", flüstere ich und das Wissen um das, was ich nun sagen werde, erfüllt mich mit eisiger Kälte. "Du bist ein Monster." Einen winzigen Moment lang glaube ich, er reagiert gar nicht. Doch dann tut er es. Und wie. Gellerts Lippen werden zu einem blutleeren Strich, sämtliche Farbe weicht aus seinem Gesicht, er ist weiß wie die Wand. Seine Augen weiten sich. Ein Zittern überläuft ihn, tiefschwarze Wimpern flattern gegen blasse Haut, als er heftig blinzelt, bevor er wie in Zeitlupe zu mir sieht und den Elderstab hebt. Oh-oh. Oh-oh. Vermutlich habe ich einen Fehler gemacht. Und bei Merlins Bart, was für einen. Ich rechne damit, dass er einen Fluch benutzt, vielleicht sogar Avada Kedavra oder Crucio, doch anstelle dessen disappariert er. Verwirrt bleibe ich zurück. Was war das jetzt gewesen? Irgendetwas sagt mir, dass es keine Auroren oder so etwas waren, die ihn zum Disapparieren gebracht haben. Nein. Denn Gellert Grindelwald läuft vor keiner Schlacht davon. Er liebt das Kämpfen wie andere Gold oder Edelsteine. Er braucht die Gefahr, wie andere Luft zum Atmen. Nein. Es waren keine Auroren. Eigentlich kenne ich nur einen Grund, weshalb Gellert appariert. Einfach so. Nämlich dann, wenn ihn etwas getroffen hat. Und zwar in der Seele. Aber warum hat ihn meine Aussage so erwischt? Immerhin wurde er schon des öfteren mit grausamen, schlimmen Namen betiltet und jedes Mal hat er auf irgendeiner nachfolgenden Akolythen-Versammlung darüber gespottet. Nur... das wird er jetzt nicht tun, das weiß ich irgendwoher. Wie erstarrt stehe ich da und habe keine Ahnung, was ich jetzt tun soll. Finde ihn.
Ja, das sollte ich vermutlich tun.
Hm.
Wenn Gellert in der Lage ist, mich durch Okklumentik zu erspüren (und das kann er, das weiß ich), müsste ich das doch eigentlich auch können. Denn ich weiß, dass Gellerts und meine Okklumentik-Künste einander kongenial sind. Blitzschnell sende ich meine Gedanken aus. Gellerts Aura ist unverwechselbar. Kalt. Dunkel. Hasserfüllt. Das ist seine Aura und... wenn ich ganz genau nachdenke, war sie das schon immer. Ich habe es nur nie wahrhaben wollen.
Als die Spur einer kalten, dunklen, hasserfüllten Aura meine Gedanken streift, spanne ich mich an. "Wo bist du?", murmele ich und beiße mir auf die Lippen.
Es war früher einmal ein schönes, prächtiges Haus gewesen. Groß, eher ein Manor oder eine Villa als ein Haus im bildlichen Sinne. Doch nun ist die weiße Farbe fast abgesplittert, das Dach zu dreiviertel zusammengebrochen.
Okay. Ich habe zwar keinen blassen Schimmer, wo das ist, aber ich weiß immerhin, wie es aussieht und das ist alles, was ich zum Apparieren wissen muss. Also atme ich tief ein, hebe meinen Zauberstab und appariere.

Fire to the rain || Grindeldore OneShotWo Geschichten leben. Entdecke jetzt