Larry OS Adventskalender 2023

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Pov. Louis

Die Hände tief in den Jackentaschen vergraben, ließ ich meinen Blick über die Weiten des Wattenmeers wandern. Der Sand war von Schnee bedeckt und nur einzelne Büschel Dünengras schauten aus den Schneemassen hervor. Die Flut hatte sich zurückgezogen, sodass sich auf dem Meeresboden an einigen Stellen kleine Schneehaufen gebildet hatten, die durch den Schnee verursacht wurde, der die letzten Tage und Nächte durchgängig fiel. Hier an der See war es deutlich kälter in der Weihnachtszeit, sodass wir auf der einen Seite immer das Glück auf weiße Weihnachten hatten, gleichzeitig aber ein Schneesturm auch nichts Seltenes war.

Doch heute war die See ruhig. Es herrschte Ebbe und der Wattboden glitzerte in der Sonne, welche sich durch die Wolken gekämpft hatte. Einzelne Schneeflocken fielen vom Himmel und machte das Bild vor mir noch magischer, als ohnehin schon. Es war keine Menschenseele zu sehen und so strahlte das Meer eine unglaubliche Ruhe aus. Lediglich einige Vogelarten waren um diese kalte Jahreszeit im Wattenmeer unterwegs, da die Meerestemperatur für die Vögel verhältnismäßig warm und das Nahrungsangebot groß war.

"Es ist wunderschön, oder?" Harry trat neben mich. Er war ebenso wie ich in eine dicke Winterjacke eingepackt und trug eine seiner selbstgestrickten Mützen auf dem Kopf. Seine grauen Locken kräuselten sich unter der braunen Strickmütze hervor und fingen die kleinen Schneeflocken auf, die stetig vom Himmel fielen. Seine Wangen waren von der Kälte leicht gerötet und fröstelnd vergrub er seine Nase etwas mehr im Schal, wodurch seine Brille durch seinen Atem leicht beschlug. Schmunzelnd betrachtete ich meinen Mann, wie er von diesem Fakt kurz genervt aufschnaubte, dann aber wohl beschloss, dass eine beschlagene Brille besser war als eine kalte Nase. 

Harry kramte in seiner Jackentasche und hielt mir kurz darauf etwas hin. "Du hast deinen Schal vergessen, Love." Er reichte mir den blauen Strickschal, den er mir letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte. "Danke." Ich lächelte. "Eigentlich wollte ich auch nur kurz raus, um zu schauen, ob wir die Pferde schon fertig machen können für die Kutsche ...-"

"Aber dann warst du vom Anblick des Meeres so abgelenkt, dass du die Zeit vergessen hast?", beendete Harry meinen Satz und lächelte mich liebevoll an. Seine Grübchen erschienen, ebenso wie die kleinen Lachfältchen um seine Augen. "Vielleicht", murmelte ich beschämt und schlang mir meinen Schal schnell um den Hals, damit mein Mann nicht sah, wie meine Wangen rot wurden.

"Es ist süß, wie du auch nach 43 Jahren Ehe noch versucht deine roten Wangen zu verstecken." Harry kicherte und gab mir einen kurzen Kuss. "Ich kenne dich mittlerweile besser als mich selbst, mein Herz." Sanft strich er mir über die Wange und verursachte dadurch vermutlich, dass ich noch röter wurde. Auch wenn Harry und ich schon so lange verheiratet waren und einiges zusammen durchgemacht hatten, hatte sich nie der Fakt geändert, dass ich mich manchmal wie ein verliebter Teenager in der Gegenwart meines Mannes fühlte. Natürlich hatte sich die Liebe in all den Jahren verändert. Sie war tiefer und bedingungsloser geworden. Aber dieses Gefühl, das Harry von Anfang an in mir ausgelöst hatte, die Sicherheit und Geborgenheit, zusammen mit dem elektrisierenden Kribbeln, hatte sich nie verändert. Es war immer geblieben und führte auch heute noch dazu, dass ich mich manchmal in der Gegenwart meines Mannes wie ein verliebter Teenager fühlte.

"Ich liebe dich", hauchte Harry im nächsten Moment, während er seinen Arm um mich legte, mich an seine Seite zog und einen Kuss auf meiner Wollmütze platzierte. "Ich liebe dich auch", antworte ich mit warmem Kribbeln im Bauch und genoss den ruhigen Moment mit meinem liebsten Menschen, als Harry schließlich sanft über meinen rechten Arm strich. "Wir sollten trotzdem wieder hereingehen, Love. Ich möchte nicht, dass deine Knochen wieder so steif werden und du Probleme mit deinem Knie wegen der Kälte bekommst. Wir stehen dieses Wochenende noch lange genug draußen im Kalten."