A new life.

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Zuerst nahm ich diesen Druck nicht wahr. Ich war zu sehr in meinen Träumen und Gedanken vertieft und meine Gefühle waren alle ineinander verschmolzen. Nein, ich wollte dieses Paradies noch nicht verlassen, ich will noch nit weg. Ich krallte mich in diese Idylle und versuchte mich festzuhalten doch langsam verließ ich diesen Reich aus Hoffnungen und kam unbewusst in die reale Welt zurück. Die Fähigkeiten Fühlen, Riechen, Schmecken und Hören kamen zurück. Nur das Sehen war für mich noch in weite Ferne gelegt und aufeinmal nahm ich dumpfe Geräusche wahr. Der Druck an meinem Arm wurde größer. Ich wollte meine Augen öffnen, doch diese blieben verschlossen. Es war ein unerträgliches Gefühl in meinem Magen. Ich spürte alles, nur konnte ich nicht sehen was sich um mich herum abspielte. Mein Arm wurde hochgehoben und ein paar Mal mit einer spitzen Nadel angestochen. Mein Körper zuckte zusammen. Dann hörte ich hoffnungsvolles Seufzen aus der anderen Ecke des Raumes. Wo war ich? Nun setzte auch das Gefühl der Angst ein. War ich in der Hölle? War ich so ein schlechter Mensch? War das hier mein Karma? Hatte ich jahrelang Depressionen um HIER "aufgenommen" zu werden? Mein Augenlied begann sich zu erheben. Nun war ich voller Enthusiasmus. Meine Augen waren die Toren zu einer neuen Welt. Aber,...wollte ich das überhaupt? Sollte ich jetzt aufblicken, was würde mich erwarten? Mein Entschluss stand fest und ich war auf alles gefasst. Dann öffnete ich langsam ein Auge. Es war Licht. Helles Licht. Und es strahlte mir entgegen. Vielleicht wurde ich doch von Engeln empfangen. Ich öffnete das zweite Augen und mein Blick war auf das Licht gerichtet. Noch sah ich alles verschwommen und unscharf, doch nach ein paar Mal blinzeln, gewöhnten sich meine Augen an das Licht und ich konnte die Silhouetten erkennen. Ich war im Himmel, dachte ich. Das Herz schlug mir bis zum Hals und ich hatte ein Glücksgefühl, welches meinen ganzen Körper durchströmte. Ich lag wieder wie auf den Wolken, nur war es schöner. Weicher. Hoffnungsvoller. Ich spürte Kraft und Mut und war froh, diese Entscheidung getroffen zu haben. Ich drehte meinen schweren Kopf nach links um mehr von diesem Paradies erkunden zu können. Doch.. da war nichts. Nur ein Stuhl vor einem großem Fenster in einem leeren, schlichten Raum. Verwundert wendete ich mich nach rechts und erschrak. Dort stand ein Mann, ca. 185cm groß, schwarzhaarig und mittleren Alters. Er sah grimmig auf mich herab und biss dabei auf seinem Kugelschreiber herum. Als ich meine Mutter dahinter auf einem Sessel hoken sah, zeriss es mir fast das Herz. Ihre schwarze Mascara war verwischt und in ihrem immer so fröhlichen Gesicht war tiefste Trauer zu erkennen. Die Gedanken und Erinnerungen schwirrten nur so in meinem Kopf herum. Es bahnten sich tausende Fragen an und so setzte ich an etwas zu sagen, doch als ich gerade das Wort erheben wollte, wurde mit schlecht und ich übergab mich. Schnell rief der unsymphatische Mann nach einer Schwester. Nun verstand ich und ich konnte es nicht fassen. Ich war im Krankenhaus. Mein Plan war misslungen. Das Licht das mich vorher geblendet hatte, war nur eine Lampe. Der Typ nahm sich einen Stuhl, setzte sich zu mir und begann zu erzählen. Von meinem misslungenen Selbstmordversuch, das ich schwere innere Schäden hatte und dass ich 2 Wochen im Krankenhaus und 7 Wochen in der Jugendpsychatrie verbringen musste. Als er fertig war stürzte eine Schwester ins Zimmer und wischte mein Erbrochenes auf. Mir war schlecht und meine ganzen Hoffnungen zerstört. Um meine Seele bildete sich ein hasserfüllter Schleier. Warum wollte mich niemand von dieser Welt weglassen? Das quietschende Geräusch, als meine Mutter ihren Stuhl zurückschob und aufstand, riss mich aus meinen Gedanken. Sie ging langsam auf mich zu. Ihre Absätze steppten am Boden und ihr Parfüm wurde zu mir herüber getragen. Sie setzte sich an den Bettrand und fing an zu weinen. Ich war einfach nur hilflos. Doch ich wollte dieses Leben nicht mehr so weiterleben wie bisher. Nein, das könnte ich nicht. Mit nassen Augen sah sich mich an und dann setzte sie zur Frage an.

"Schatz, weißt du wer ich bin?"
"Erzähl mir bitte alles was du noch weißt."

In diesem Moment schoss es mir. Dies war die einzige Chance ein ganz neues Leben zu beginnen. Die Sekunden die ich darüber nachdachte, zogen sich wie Stunden. Dann hob ich eine Augenbrauen und sagte:

"Nein, tut mir Leid, ich kann mich an nichts mehr erinnern."

Und mit diesem Satz beging ich den größten Fehler meines Lebens.

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