12. Überraschungsgast

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Jolly

Mit ruhiger Hand ließ ich den kleinen Pinsel über meine Fußzehen tanzen, die in meinem pinken Zehentrenner steckten. Ich ließ von meinem Fuß ab, den ich vor mir auf die Kante des Sofatisches gestützt hatte, um den Pinsel in den schimmernden lila Nagellack zu tauchen. Hochkonzentriert fuhr ich mit der Lackierung an meinem großen Zeh fort.

Ein Klingeln an der Haustür ließ mich aufschrecken.

Stirnrunzelnd blickte ich auf und schaute auf mein Handy. Wenn meine Freundinnen bei mir aufkreuzten, kündigten sie sich in der Regel vorher an. Aber in meinen Nachrichten herrschte gähnende Leere. Da es Sonntag war, war auch ein Paketträger ausgeschlossen.

Gespannt humpelte ich nur auf den Versen zur Tür.

Ich drückte den Türöffner. Mit angehaltenem Atem lauschte ich den kräftigen Schritten im Treppenhaus. Als sie vor meiner Wohnungstür zum Stehen kamen, riss ich sie gespannt auf.

Perplex starrte ich Luciano an, der mich ruhig anblickte, eine Hand in der Tasche seiner Anzughose, als sei es völlig normal, dass er plötzlich vor meiner Haustür stand.

Sein Blick wanderte zu meinen Zehen, die zur Hälfte lackiert in pinken Schaumstofftrennern steckten. Er blickte wieder hoch in meine Augen.

„Ich möchte dir einen Deal vorschlagen. Darf ich reinkommen?", erklärte er als sei er ein hausierender Versicherungsvertreter. 

Damit könnte er Millionen machen, dachte ich bei mir, einfach nur, weil sich niemand trauen würde, ihm einen Deal auszuschlagen.Ja, Herr Strivale, ich brauche unbedingt eine Versicherung gegen Yeti- Fußspuren im Vorgarten. Aber versprechen sie, mir nichts zu tun!'

„Klar, komm rein." Ich war sicher nicht so lebensmüde, einen Mafia- Don an der Tür abzuweisen. Und mehr als neugierig auf sein Angebot war ich ehrlich gesagt auch.

Gespannt trat ich von der Tür zurück, damit er eintreten konnte.

„Fühl dich wie Zuhause.", meinte ich und humpelte zu meiner Couch, um eilig die darauf geschmissene Wäsche zusammenzusammeln und hinter der Lehne zu verstecken. 

Er machte Anstalten, sich auf meinen Sessel zu setzen, hielt inne und hob ein Buch auf, das auf der Sitzfläche gelegen hatte. Er musterte das Cover, das einen halbnackten männlichen Oberkörper zeigte. Ich nahm ihm das Buch eilig aus der Hand und verstaute es unter meinem Couchtisch. Endlich setzte er sich, bevor er weitere unangenehme Dinge in meinem Chaos entdecken konnte.

Er lehnte sich zurück und ließ die Beine locker auseinanderfallen, während er mich beobachtete.

Ich kaute auf meiner Unterlippe herum. Es war seltsam, ihm als Fremde gegenüberzusitzen, wo er mir gestern seine Hand in den Rücken gelegt und mich Prinzessin genannt hatte. Die Eindrücke waren mehr als wach in meinem Kopf, ich konnte mich sogar noch an die Wärme erinnern, die er ausstrahlte und den Duft seines herben Aftershaves. Nervös ruckelte ich auf meinem Hintern hin und her.

„Ich habe aus deinem Auftritt als meine Freundin gestern einen großen Nutzen gezogen.", begann er.

Ich warf ihm ein kleines Lächeln zu. Wow, er war extra hergekommen, um sich bei mir zu bedanken?

Luciano lehnte sich nach vorne und stützte sich mit den Unterarmen auf seinen Oberschenkeln ab, um mich besser anzuvisieren.

„Ich habe ein Interesse daran, dass dieses Schauspiel fortgeführt wird. Ich möchte dich dafür bezahlen, dass du mit mir nach New York kommst, in meinem Apartment wohnst und dich regelmäßig mit mir zeigst."

Mafia 101 - LucianoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt