17. 700 PS in feurigem Rot

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Jolly

Ich seufzte, während ich mich erschöpft nach getanem Abend in den Autositz sinken ließ. Partys konnten so anstrengend sein. Socializen, immer lieb lächeln und in jeder Situation gut aussehen, weil man an Lucianos Seite kein Sekunde unbeobachtet blieb. Ich wollte einfach nur nach Hause, mir dieses Kleid vom Leib reißen und in dieses fatal geile Boxspringbett sinken.

„Du hast dich gut angestellt heute. Abgesehen von deinem Ausrutscher."

Ich drehte meinen Kopf zur Seite, um Luciano aus meinen müden Augen zu betrachten. Als ich seinen dunklen Blick auf mir fand, war ich direkt wieder wach und mein Blut begann schneller zu rauschen. Verärgert über meine körperliche Reaktion auf ihn, verschränkte ich die Arme und drehte meinen Kopf von ihm weg zum Fenster.

„Ach ja? Bekomme ich jetzt ein Leckerli?", meinte ich spitz.

Als ich keine Reaktion bekam, drehte ich mich wieder zu ihm um.

Er sah mich immer noch an. Luciano war der König des unbewegten Anstarrens und es machte mich wahnsinnig.

Ich verengte meine Augen zu Schlitzen.

„Was?", fauchte ich.

„Was ist dein Problem?", fragte er ruhig, „Warum bist du wütend auf mich?"

„Tch", machte ich und schüttelte ungläubig den Kopf. Hatte er schon vergessen, wie er mir gestern Morgen vor den Kopf gestoßen hatte?

„Ist es, weil ich nicht mit dir abhängen will?"

Ich schnaubte. Das Wort hörte sich lächerlich an aus seinem Mund.

„Ich will nicht, dass du mit mir abhängst. Aber ein wenig Gesellschaft, mal ein Gespräch hier und da wäre ganz nett. Ich bin nämlich völlig allein in einer fremden Wohnung mit einem fremden Mann auf einem fremden Kontinent."

Nach einem Moment der Stille meinte er: „Ich bin keine gute Gesellschaft."

Ich hob die Augenbrauen.

„Du hast heute Abend mit Senatoren und CEOs geplaudert, warum solltest du keine gute Gesellschaft sein?"

Er runzelte die Stirn.

„Ich bin weder nett, noch witzig, noch charmant oder was du sonst in Menschen schätzt." Er stützte seine Hand auf dem Absatz vor dem Autofenster auf und ließ sie durch seine dunklen Locken fahren.

„Das verlange ich auch nicht von dir!", erklärte ich und fügte dann hinzu: „Und das sind auch nicht die Werte, die ich am meisten in Menschen schätze."

„Hm", machte er und dann: „Was schätzt du denn in Menschen?"

Ein kleines Lächeln schlich sich auf mein Gesicht und ich schluckte es schnell runter. Es schmeichelte mir, dass er nachhakte, dass er etwas über mich wissen wollte.

Ich grübelte einen Moment über meine Antwort.

„Treue.", erklärte ich dann, „Also...dass man eben zueinander steht. Dass man zueinander hält. Und nicht aufgegeben wird." Ich beobachtete meine Hände dabei, wie sie am Saum meines Kleides herumzupften. Die Erinnerung an das wütende Gesicht meines Vaters ploppte in meinen Erinnerungen auf, wie er wahllos meine Habseligkeiten in zwei große Ikea Taschen stopfte und sie vor die Haustür stellte.

„Es reicht!", hatte meine Mutter gezischt, „Wir haben deine Faxen dicke. Such dir eine Wohnung, wir wollen dich hier nicht mehr sehen."

Als ich wieder aufblickte, traf ich auf seine Augen, die mich ruhig musterten.

„Hm", brummte er, ohne mich aus den Augen zu lassen.

Mafia 101 - LucianoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt