Ich spürte wie warme Fingerspitzen meine eiskalte Wange streiften. Es fühlte sich so vertraut an, so sicher. Genauso hatte es meine mom bei mir immer getan, wenn sie mich wecken wollte. Einen Moment lang war ich kurz davor, zu vergessen, wo ich war. Stille erfüllte den kalten Raum. Das einzige was zu hören war, war ein leises, kaum wahrnehmbares ein und aus atmen. Fast schon unheimlich kam es mir vor. Ich wollte meine Augen öffnen, doch das erste was ich zu Gesicht bekommen hätte, wäre ER. Der Psycho. Ich konnte sein jämmerliches Gesicht nicht mehr sehen. Er sah so unschuldig aus...fast schon sympathisch. Wie kann ein Mensch nur zu so etwas im Stande sein? Und wieder einmal bestätigte sich, man sollte Menschen nicht von ihrem Äußerem beurteilen. Denn sein Äußeres war eben bloß eine Fassade. Eine Fassade, die verzweifelt versucht, sein verstörendes Inneres zu verbergen. Vielleicht war es gerade diese Mischung aus nett und verstörend, die mich so krank machte.
Mittlerweile waren die warmen Fingerspitzen verschwunden und auch der Atem war wie angestellt. Langsam öffnete ich meine Augen einen kleinen Spalt. Ich sah nichts ungewöhnliches, IHN sah ich auch nicht. Er war weg. Endlich! Ich richtete mich mit geschlossenen Augen auf, reckte mich und rieb mir die Augen, als ich die Umrisse einer Person wahrnahm,die auf dem großen Sessel zu sitzen schien. Aber wie war das möglich? Ich bin doch sicher gegangen, dass sich niemand in dem Raum befand.. Jetzt war es zu spät,denn er hatte mich wie zu erwarten wahrgenommen und ich befand mich sofort in seinem Visier.
"Na kleines Püppchen. Hast du gut geschlafen?"
Ich merkte wie ein leichter Brechreitz in mir aufstieg. Wie konnte seine Stimme nur so tiefen entspannt klingen? Das grausame war, sie hatte sich immer so angehört. Bis auf ein paar wenige Male, wo er sich "angegriffen und verletzt" gefühlt hatte. Man konnte an seiner Stimme erkennen, dass er ein Psycho, das war zumindest, was ich fand.
"Lassen sie mich in Ruhe.." brachte ich schließlich als Antwort heraus.
"Na? Da hat wohl jemand doch nicht so gut geschlafen,wie es sich anhört." während die Worte aus seinem Hals drangen, schüttelte er langsam den Kopf hin und her.
"Wenn es sie ernsthaft dafür interessieren würden, dass es mir gut geht, wieso lassen sie mich dann nicht einfach gehen?.."
"Kleines. Du weißt doch ganz genau, dass das nicht geht. Außerdem würdest du mit der Zeit anfangen, mich zu vermissen und das wollen wir doch beide nicht, oder?"
"HACKTS BEI IHNEN? ICH SOLL SIE VERMISSEN? ICH SAG IHNEN JETZT MAL WAS. LIEBER WÜRDE ICH STERBEN,ALS NOCH EINEN VERDAMMTEN TAG IN IHR GESICHT GUCKEN ZU MÜSSEN, IHRE ANWESENHEIT MACHT MICH KRANK UND JEDES MAL WENN ICH IHRE STIMME HÖRE, KÖNNTE ICH KOTZEN! SIE TUN MIR ALL DIESE DINGE AN UND GLAUBEN DASS ICH SIE VERMISSEN WÜRDE?! WISSEN SIE WAS ICH GLAUBE? WAS ICH ERNSTHAFT ÜBER SIE DENKE? DASS SIE EIN GOTTVERDAMMTER PSYCHO SIND! UND WENN SIE MICH JETZT VOLTERN, ES IST MIR EGAL, DENN IHRE ANWESENHEIT IST DIE SCHLIMMSTE VOLTER, DIE ICH MIR JE HÄTTE VORSTELLEN KÖNNEN!" völlig außer Atem spürte ich, wie Tränen meine immer noch kalten Wangen herunter liefen. Sie schienen sich förmlich einzubrennen, so heiß fühlten sie sich auf meiner Haut an.
Und er saß nur da, mir gegenüber. Er hatte kein einzigesmal versucht mich zu unterbrechen. Sein Blick war starr und drohte, mich zu durchbohren, so emotionslos und kühl war er. Es kam mir vor wie ein "Blickbattle" wer zuerst wegguckt, hat verloren. Ich würde mich ganz sicher nicht von so jemandem einschüchtern lassen. Nicht von so einem Monster.
Langsam bemerkte ich, wie sich etwas in seinem Blick regte. Eine klitzekleine Emotion? Ich konnte es nicht wirklich deuten, jedoch hatte sich etwas verändert. Sein Blick wirkte zwar immer noch durchbohrend, jedoch nicht mehr so kühl wie am Anfang. Trotzdem hielt er weiter den Blickkontakt.
Plötzlich sah ich es ganz deutlich, auch wenn ich meinen Augen erst nicht trauen wollte. Es rollte tatsächlich eine Träne seine Wange hinunter. War das nicht quasi unmöglich? Hatte ich ihn wirklich zum Weinen gebracht? Innerlich feierte ich meinen Sieg. Anstatt seinen Blick zu senken, hielt er ihn noch immer durchbohrend auf mich gerichtet. Mit wässrigen Augen, die jeden Moment drohten, zu überschwemmen. Es fingen an immer und immer mehr Tränen zu laufen. Er schien beinahe wie hypnotisiert. Anscheinend hatte ich direkt ins Schwarze und somit in seine empfindlichste Stelle getroffen. Jackpot! War jetzt der richte Zeitpunkt,um einen weiteren Fluchtversuch zu starten?