~Zwei Tage zuvor ~
„Geh. Lass mich hier und such weiter nach Tommy. Erzähl ihm, was passiert ist", stieß Joel unter Schmerzen hervor.
Sein flacher Atem war abgehackt und jede noch so kleine Bewegung schien ihm Qualen zu bereiten.
„Nein", erwiderte Addison stur mit fester Stimme und machte sich daran, sein Hemd zu öffnen, dessen Stoff an einer Stelle blutgetränkt war.
Joel versuchte sie davon abzuhalten und ihre Hände festzuhalten, doch er war zu schwach und hatte zu starke Schmerzen, um sich ihr entgegenzustellen. Addison schob den Stoff indes zur Seite und hob das ehemals weiße und nun blutgetränkte Shirt an, das Joel unter dem Hemd trug. Eine Wunde mit einem Durchmesser von etwa 5 Zentimetern klaffte an seinem rechten Unterbauch, aus der nach wie vor Blut hervortrat, wenn auch nicht mehr so viel wie am Anfang. Ob das nun etwas Gutes bedeutete oder einfach nur hieß, dass Joel kaum noch Blut im Körper hatte, vermochte Addison nicht zu sagen. Sie hoffte auf Ersteres.
„Verdammt nochmal, verschwinde. Geh. Lass mich hier zurück und geh!"Plötzlich merkte sie, wie sich eine Hand in den Ärmel ihrer Jacke krallte. Joel schubste sie mit aller ihm noch verfügbaren Kraft und einem Schmerzensschrei von sich, sodass sie das Gleichgewicht verlor und auf ihrem Hintern landete. Geschockt beobachtete sie, wie Joel mit schmerzverzerrtem Gesicht seine Hand auf seine Seite presste. Frisches Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor.
Wortlos stand Addison auf und griff nach seiner Jacke, die sie über ihn legte, ehe sie den Raum verließ. Mit tränenverhangenem Blick suchte sie sich ihren Weg aus dem kleinen Haus und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Kraftlos ließ Addison sich auf die Stufen vor der Haustür fallen und ließ ihren Tränen, die ihr bereits seit Stunden in den Augen brannten, freien Lauf.Vor ihrem inneren Auge spulten sich nun die schrecklichen Geschehnisse immer und immer wieder ab.
Joel und sie in einer verlassenen Tankstelle auf der vergeblichen Suche nach etwas Essbarem.
Der Fremde, der aus dem Nichts auftauchte und Joel mit einem Schrei angriff.
Joel und der Fremde, wie sie miteinander rangen, die Hände des Fremden um Joels Hals.
Sie, die ihre Waffe gezogen und entsichert hatte und sich nicht getraut hatte, abzudrücken, aus Sorge, Joel zu treffen.
Joel, der sich aus dem Griff des Fremden befreit hatte und ihn nun in den Schwitzkasten nahm.
Das markerschütternde Knacken, als Joel dem Fremden mit einem kalten Gesichtsausdruck das Genick brach.
Die Erleichterung, die sie verspürt hatte, weil es vorbei war.
Der Schock, das improvisierte Messer in Joels Bauch stecken zu sehen.
Das Gefühl, als ihr Herz ein paar Schläge aussetzte, als sie Joels entsetzten Blick sah.
Das Blut, das aus der Wunde strömte, nachdem Joel sich das Stichwerkzeug fast schon automatisch aus dem Bauch gezogen hatte.
Der rotgefärbte Schnee um seine Füße.
Joel, der nach nur wenigen Kilometern bewusstlos auf seinem Pferd zusammensackte und zu Boden glitt.
„Joel. Mach die Augen auf. Joel, bitte. Wach auf! Joel, mach die Augen auf. Bitte. Ich weiß nicht, was ich ohne dich machen soll. Du kannst mich nicht alleine lassen. Bitte, Joel. Joel?"
Abrupt stand Addison auf und wischte sich unwirsch die Tränen von den Wangen. Nein, sie würde nicht hier sitzen und in Selbstmitleid baden. Geschweige denn Joel hier zurücklassen, damit er alleine starb. Das stand völlig außer Frage. Sie würde alles dafür tun, um ihn wieder auf die Beine zu bekommen. Alles.
Entschlossen schwang sie sich in den Sattel ihres Pferdes und lenkte es in die Richtung, in der sie die nächste Stadt vermutete, ehe sie davongaloppierte.
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The two of us
Fanfic10 Jahre nach der Cordyceps-Pandemie Zwei auf sich allein gestellte Menschen finden einander - Joel Miller und Addison Williams. Sie hatten ihre Einsamkeit genossen, müssen sich jedoch eingestehen, dass sie sich da etwas vorgemacht haben.