Kapitel 41

811 115 23
                                    

Lucifer trat in sein Schlafzimmer und sein Blick fiel sofort auf sein Bett, welches zerwühlt war. Jemand hatte darin gelegen und das konnte nur eine Person gewesen sein. Für einen Moment zuckten seine Mundwinkel. Er trug Maze mit sich in den Waschraum. „Wasche dich, ich warte draußen", sagte er und setzte den Engel ab. Stumm nickte dieser und begann sich zu entkleiden. Lucifer warf einen letzten Blick auf den sinnlichen Rücken.

Maze brauchte nicht lange und verließ den Waschraum in einem lockeren weißen Oberteil und einer schwarzen Hose bekleidet. Seine Haare waren noch leicht feucht. Seine waldgrünen Augen blickten Lucifer an.

Der Höllenfürst wusch sich den Schmutz der letzten Tage vom Körper. In seiner Gefangenschaft hatten sich immer wieder die Szenen vom Kampf abgespielt, dem Blick in Maze' Augen.

Stumm trat er aus dem Waschraum und erblickte den Engel, wie er auf der Kante seines Bettes saß. „Lucifer", sagte Maze, doch er sprach nicht weiter. Zwischen ihnen standen so viele ungesagte Worte.

Lucifer ergriff Maze' Hand und zog ihn an sich. „Schließ die Augen." Der Engel gehorchte und er trat hinter diesen. Mit einer Handbewegung rief er ein Portal und führte Maze hindurch.

Maze spürte die Vibration, doch er ließ die Augen geschlossen. Ein leichter Wind blies ihm ins Gesicht. Sie waren nicht mehr in Lucifers Anwesen. „Öffne deine Augen." Als er sie öffnete, erblickte er Rot. Weit und breit nur roter Sand. Sie befanden sich in einer Wüste, aus deren Boden große Felsen emporwuchsen. An einer Felswand vor ihnen befand sich eine großeDecke mit Kissen. Die Sonne wanderte langsam Richtung Horizont und der Himmel leuchtete in einem in den Farben von Gold bis Rot. Keine Wolke verdeckten diesen Anblick. Er sog die Eindrücke in sich auf. Weshalb hat er mich hierhergebracht?

Sein Dämon setzte sich auf den weichen Untergrund und lehnte sich an die Felswand hinter ihnen. Er bedeutete ihm, sich zu ihm zu setzen, und Maze setzte sich zwischen dessen Beine, lehnte sich an seine Brust. Dessen Arme schlossen sich um ihn. So saßen sie dort, genossen den Anblick, wie die Sonne langsam versank. Es war friedlich.

„Dieser Ort war der erste, den ich erblickte, nachdem der Himmel mich verstoßen hat. Unendliche Leere. Keine Erinnerungen. Keine Bestimmung. Nur einen Namen", sprach Lucifer leise. „Hier saß ich, wartete darauf, dass mein Leben ein Ende fand." Es war das erste Mal, dass er darüber sprach.

Seine Hand fuhr zu Maze' und verschränkte sich mit ihr. „Doch als meine Zeit gekommen war, erschien eine Frau vor mir. Sie sagte mir, dass ich noch nicht sterben kann, dass ich eine Bestimmung hätte. Sie gab mir meine Erinnerung zurück." Er konnte sich an diesen Moment erinnern, als wäre es gestern gewesen. „In diesem Moment spürte ich einen Zorn, den ich all den Jahrhunderten zuvor nicht empfunden habe. Einen tiefen Zorn gegenüber der Person, die mich verraten hat, der ich mein Leben anvertraut habe. Es änderte alles."

Maze hörte einfach nur zu. Er verstand diesen Mann, denn er hatte dasselbe erlebt.

„Sie versprach mir, dass ich das finden würde, wonach ich mich sehne. Ich müsse nur geduldig sein und das war ich. Ich wurde zu einem Höllenfürsten, meinem Bruder ebenbürtig. Ich wurde unersetzlich, denn das Gleichgewicht der Seelen lag in meiner Hand. Niemand wagte es, meine Herrschaft in Frage zu stellen, und die, die mich hintergingen, erfuhren keine Gnade. Doch in all dieser Zeit fragte ich mich, ob es das war, was sie mir versprochen hatte."

Die ruhige Stimme drang tief. All die Zeit über hatte dieser Mann auf etwas gewartet, doch nicht gewusst worauf.

„Ich lebte mein Leben ohne Zurückhaltung, keine Reue, denn es gab keine einengenden Konventionen. Ich erschuf die Regeln und die anderen folgten ihnen. Was andere von mir hielten, war mir einerlei, denn an dem Tag, an dem ich erwachte, schwor ich mir, nie wieder eine Bindung einzugehen, diesen dummen Fehler nicht erneut zu machen." Doch er war weich geworden, hatte Cyphers Gefährten gerettet, dann den von Asheron. Beide hatten sich ihm verpflichtet, doch ihre Loyalität war anders – sie war unantastbar, denn sie war auf einer anderen Basis geschmiedet.

Lucifer - ein schicksalhaftes Herz (BAND 10) ✅️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt