Kapitel 34

208 20 6
                                    

-----Rin-----

Es waren wieder einige Tage vergangen und heute Mittag ist Jaroslav endlich wiedergekommen. Jetzt war es später Nachmittag und ich hatte noch immer nicht die Gelegenheit mit ihm zu sprechen. Dabei hatte ich ihm so viel zu erzählen und es gab so viel zum Zuhören. In den vergangenen Wochen waren unendliche Gewitterstürme der Gefühle auf mich herabgeregnet, doch jetzt war es anders. Irgendwie kam alles zur Ruhe. Aber es war nicht diese heilende, sanfte Ruhe. Es verstummte einfach alles und die Farben wurden blass. Jegliche Gefühle der Zuneigung, gegenüber wem auch immer, waren restlos verflogen, ich fand an nichts Freude, aber auch packte mich kein Ärger. Immer mehr Mädchen verließen den Hof und ich kannte nicht mal ihre Namen. Ihre Gesichter verflogen in dem Moment, in dem sie sich von mir abwendeten. Es waren vielleicht noch fünf, oder auch noch zehn da.

Oft habe ich in den Büchern der Bibliothek gelesen, dass sich Menschen in großem Schmerz den Tod wünschen. Darüber habe ich auch oft nachgedacht. Aber ich konnte es nicht verstehen und jetzt schien selbst der Tod belanglos. Und dann dachte ich eigentlich gar nicht mehr, denn mein Kopf war von dickem Nebel umhüllt, der mir Sicht und Verstand nahm. Er war sehr willkommen. Ich hatte einfach nur das Gefühl, dass ich hübsch im Wintergarten saß und auf besseres Wetter wartete.

Heute Abend soll die Generalprobe für den kommenden Ball abgehalten werden. Ich sollte mir ja auch ein Mädchen aussuchen, da habe ich einfach Irgendeine genommen. Sie hat sich gefreut.

Bevor ich an der Veranstaltung teilnahm, wollte ich noch etwas frische Luft schnappen, also ging ich über den Hof zu den Baracken. Als ich so über den Hof lief, ließ ich meinen Blick hängen und beobachtete mein Füße, wie sie lustlos über die Kieselwege wanderten. Das Rascheln der Steinchen schien so fern und fremd, als würde jemand anderes an meiner Stelle laufen. An meinem Ziel angekommen stand der Offizier schon draußen und rauchte. Ich wusste gar nicht, dass er das tat.

"Hallo Jaro.", sagte leise und versuchte, etwas Freude in meiner Stimme mitschwingen zu lassen.

"Prinz Rinnero, es ist so schön euch wieder zu sehen!" Er erschrak ein wenig, als wäre er selbst in Gedanken gewesen, und warf die Zigarre auf den Boden.

"Wie geht es dir?", fragte ich ihn. Es war zu dunkel, um die Schatten über seinen Augen zu sehen.

"Hm... Gut, danke. Wie geht es euch?", entgegnete er.

"Auch gut." Wir nickten und sahen dann auf den Boden. Warum wir uns in dem Moment ins Gesicht logen, war mir schleierhaft. Er war schon immer mein engster Vertrauter, ein Freund. Aber am Ende des Tages ist er doch nur im Dienst des Königs. Noch mehr ärgerte mich im Nachhinein jedoch, wie sehr ich ausschließlich auf mich selbst achtete. Und dass ich deswegen nicht den Stock gesehen habe, auf den er sich stützte, oder wie sehr sein Arm zitterte, oder wie seine Lungen beim Atmen rasselten.

"Ich denke ich muss zurück, die Probe beginnt gleich.", sagte ich dann in die Stille.

"Ja, Viel Glück, eure Hoheit." Er verbeugte sich auch nicht, vermutlich, weil er es gar nicht konnte. Aber selbst das fiel mir nicht auf, oder es war mir egal, ich wusste es nicht. Ich ging zurück in den Palast.

Die Generalprobe war sehr laut und sehr hell. Ich setzte eine nette Miene auf und versuchte so gut es ging, meinen Kopf über dem Nebel zu halten, wenigstens für die nächsten zwei Tage. Ich hatte das Programm schon heute morgen auswendig gelernt, also hörte ich dem Veranstalter nicht zu, der es noch einmal durchging. Meine volle Aufmerksamkeit galt einem kleinen Käfer, der in einem der Blumengestecke umherwanderte. Als Erstes die Willkommensrede, dann ein Musikstück, dann ein Tanz, dann ein Buffet. Der Rede des Königs schenkte ich ebenso wenig Beachtung, aber dem Musikstück lauschte ich. Dann ging es zum Tanz. Meine Partnerin war etwas tollpatschig, dafür konnte ich die Choreographie auswendig. Vor, Vor, eine Drehung, zurück, sie dreht, vor, ich drehe, zurück, und das wiederholen, bis die Instrumente verstummten. Selbst während des Tanzes war ein großer Tumult um uns herum. Immer mehr Soldaten strömten in den Saal und wurden von ihren Offizieren koordiniert. Ich hörte, dass auch die Neuankömmlinge mit anpacken mussten. Aber welche Rolle spielte das schon.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 29, 2023 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

The prince or the kingdom Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt