Kapitel 9

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Der Rest der Schulzeit dieses Jahres verflog schnell und die Winterferien kamen mit Schnee in Miyagi hereingerauscht. Ich hatte mit mit Akaashi, Bokuto und Kuroo fürs Snowboardfahren verabredet, ich würde vier Tage vor Sillvester mit dem Zug nach Tokyo fahren. Dort würden die Drei mit in den Zug steigen und wir würden weiter bis ins Skigebiet Furano fahren. Am Abend zuvor saß ich auf meinem Sofa und sah mir Vergessene Welt: Jurassic Park an, als mein Handy plötzlich vibrierte. 

Suga: Hey, hast du Lust morgen was zu unternehmen?

Ich würde gerne was mit ihm unternehmen, aber ich konnte schließlich nicht.

Du: Tut mir leid, ich fahre morgen nach Tokyo

Suga: Ah, okay, dann viel Spaß

Du: Danke

Ich stellte mein Handy auf stumm, damit ich nicht weiter beim Film gestört wurde, doch dann breitete sich ein weiteres Problem in meinem Kopf aus. Was, wenn ich mich affig auf der Piste anstelle? Was dann? Was, wenn ich gar nichts mehr kann? „Ach, scheiße...", fluche ich und schlug einmal in mein Kissen. Dann versuchte ich mich weiter auf den Film zu konzentrieren und die Angriffe des Flugsauriers auf die Truppe lenkte mich tatsächlich ab. Auch wenn ich die Filme Jurassic Park & World schon gefühlt tausend Mal gesehen hatte, faszinierten sie mich jedes Mal aufs Neue. Und irgendwie wünschte ich mir diese Tiere zurück ins Leben. 

Am Tag meiner Abreise wurde ich wieder einmal von meinem wunderbaren Wecker geweckt, den ich, nachdem ich aufgestanden war, am liebsten aus dem Fenster geworfen hätte. Ich war schnell fertig und auch die Fahrt nach Tokyo ging zu meinem Verwundern sehr schnell rum. Ich sah Bokuto und Kuroo direkt. Die beiden Jungs hatten sich wieder einmal in die Wolle bekommen, wollten mir aber nicht sagen, worum es ging. Akaashi ließ sich leicht erschöpft neben mir nieder und ich steckte meine Kopfhörer in meine Tasche. Bokuto und Kuroo unterhielten sich inzwischen wieder eindringlich über das Frühlingsturnier. Das Turnier schien ein wichtiges Ereignis für die Volleyballmannschaften zu sein.

Wir kamen schließlich im Skigebiet an und bezogen direkt unsere Wohnung. Es gab zwei Zimmer mit jeweils zwei Betten, ich musste also mit einem der Jungs in einem Zimmer schlafen. „Mit wem möchtest du in einem Zimmer schlafen?", fragte mich Bokuto, nachdem er mit großem Interesse eine eigenartige Topfpflanze auf der Fensterbank betrachtet hatte. „Am liebsten mit Akaashi.", antwortete ich und er lächelte schwach. „Geht mir genauso.", fügte er hinzu. „Nun gut, dann müssen Bokuto und ich wohl oder übel in einem Zimmer schlafen.", seufzte Kuroo. „Komm, jetzt tu nicht so als ob das schlimm wäre.", beschwerte sich Bokuto. „Tu ich nicht, eine ruhige Abwechslung wäre nur auch mal gut gewesen.", antwortete Kuroo. „Du hast doch tagtäglich mit Kenma zu tun und dann sagst du jetzt, dass auch mal eine ruhige Abwechslung möchtest? Ich seh den Unteschied zwischen Rara und Kenma nicht.", erwiderte Bokuto und zuckte mit den Schultern.

„Rara interessiert sich für Dinge. Nicht nur für Videospiele.", sagte Kuroo. „Das ist ein Argument." „Was magst du denn so?", fragte mich Kuroo plötzlich. „Also ich schreibe gerne, ich schaue gerne Dokumentationen, vor allen über Dinosaurier. Und ich bin gerne draußen im Wald.", antwortete ich. „Oi, das klingt ja nach der Seelenverwandten von unserem Tsukki!", rief Bokuto. „Tsukishima? Unsere Nummer 11?", fragte ich ein wenig ungläubig. „Ja ja, genau der! Ihr seid beide unglaublich ruhig und mögt beide Dinos. Und von der Haarfarbe passt ihr doch auch zusammen.", beteuerte mir Bokuto. „Anhand der Haarfarbe würde ich das jetzt nicht ausmachen...", seufzte ich. „Nun, das ist wirklich nicht wichtig, aber ihr passt echt gut zusammen.", sagte nun auch Kuroo. „Hört doch auf, ich möchte überhaupt gar keinen Freund." „Echt? Wieso nicht?", fragte Akaashi. Ein wenig über seine plötzliche Beteiligung überrascht brauchte ich einen Moment um zu antworten. „Keine Ahnung, ich hatte lange keinen Freund mehr. Ich glaube nicht, dass ein Junge zu mir passen würde.", sagte ich schließlich. „Ich glaube schon. Du musst einfach nur den Perfekten finden, dann passt das.", munterte mich Bokuto auf. Ich nickte nur. Vielleicht hatte er Recht. 

Wir stiegen aus der Gondel aus und ich bekam mein Snowboard fast nicht zu fassen, Bokuto half mir aber letztendlich. Wir verließen die Bergstation und die untergehende Sonne ließ den Schnee orange glitzern. „Die Sonne sieht echt schön aus.", sagte ich und die anderen stimmten mir zu. Ich schnallte die Bindungen meines Snowboards zu und richtete mich auf. Es war seltsam wieder auf dem Snowboard zu stehen, ich war schon lange nicht mehr darauf gefahren. Doch ich hatte es vorhin noch zum wachsen gegeben, damit ich vielleicht nicht gerade mit dem Gefühl fahren musste, dass ich auf Gras fahre. Die erste Abfahrt lief gut und Bokuto, Kuroo und ich fetzten die Piste hinunter, Akaashi fuhr ein wenig unsicher hinterher. Allerdings hatte ich beim Aussteigen aus dem Sessellift einige Probleme. Kuroo packte mich am Arm und half mir beim Aussteigen, als ich drohte hinzufallen. „Wie lange fährst du schon Snowboard?", fragte mich Bokuto, als wir uns wieder zum Losfahren bereitmachten. „Seit drei Jahren.", antwortete ich. „Und du fährst so als ob du schon dein ganzes Leben Snowboard fährst.", sagte Akaashi.

Die Sonne sank immer weiter hinter den Bergkuppen herab und schon bald fuhren wir mit der letzten Fahrt nach oben. Mit uns saß noch ein weiterer junger Mann im Sessellift, mit dem sich Kuroo die ganze Zeit unterhielt. Als wir ausstiegen blieb er mit seinen Ski neben uns stehen. Er sah auf hinab, doch ich ignorierte seinen Blick. „So sieht man sich wieder, mein Mäuschen.", sagte er plötzlich. Ich sah ihn an, doch dann erkannte ich ihn. Vor mir stand mein Cousin Shin. „Shin?", fragte ich entsetzt, doch meine aufgerissenen Augen konnte er wegen der Skibrille nicht sehen. Also zog ich sie ab und sah ihn an. „Deine Augen leuchten immer noch genauso wie vor zwei Jahren.", sagte Shin und lächelte. „Wieso bist du hier?", fragte ich. „Ich wollte meinen Urlaub mal ein wenig genießen und Tetsūro hat mir erzählt, dass er zusammen mit dir, Keiji und Kōtarō hier hinfährt. Und ich wollte dich noch mal sehen, also hab ich mir Urlaub genommen.", erklärte Shin und lächelte wieder.

Wir nutzten noch die Zeit um diese Abfahrt noch mal zu genießen und schnallten uns Snowboard und Ski ab. Shin verabschiedete sich von uns und gab mir einen Kuss auf meine Stirn. Es war lange her gewesen, dass er das getan hatte, das letzte Mal war vor sieben Jahren gewesen. Da war ich gerade mal neun.

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Wörter: 1.064

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