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In der Pause entschied ich, meine Zeit nicht wieder mit erfolglosem Gesuche zu verschwenden, sondern ging Richtung Toilette. Ich musste meine Mutter sehen. Jetzt sofort!

Zum Glück war ich nach wenigen Minuten alleine und verschwand in einer der Kabinen. Ich schloss ab, zog meine Schuhe aus und stellte sie so hin, dass es aussah, als wäre sie besetzt. Meine Uhr verriet mir, dass ich gut 30 Minuten hatte, bis mich die Lehrer vermissen würden.

In Sekunden befand ich mich im Krankenhaus und ging zur Rezeption. Diesmal saß dahinter jedoch eine zierlich junge Brünette, die wesentlich netter erschien als die alte Dame zuvor. Da ich schon wusste, auf welchem Zimmer meine Mutter lag, bedankte ich mich rasch bei ihr und lief schon los.

Vor ihrer Tür klopfte ich ein paar Mal. Keine Antwort.

Ich klopfte erneut. Keine Antwort.

Das Krankenhaus hätte mich doch bestimmt angerufen, wenn etwas nicht stimmen sollte, oder?

Ich wollte gerade die Tür aufmachen, um zu schauen, was mit meiner Mutter war, als mich eine tiefe Männerstimme ansprach und ich beim Umdrehen fast mit jemandem zusammenstieß. Ich erschrak.

Der weiße Kittel verriet, dass es sich um einen Arzt handeln musste. Auf seinem Namensschild, welches sich direkt in meinem Blickfeld befand, stand in kleiner Schrift Doktor Leoan.

»Kann ich Ihnen helfen?« Der Doktor sah mit seinen braunen Haaren und dem leichten Bart sehr freundlich aus, daher sagte ich schnell: »Ich suche meine Mutter. Sie müsste hier auf dem Zimmer liegen«, und zeigte zur Tür, welche ich zuvor öffnen wollte.

Doktor Leoan runzelte die Stirn und folgte meinem Finger, dann sah er wieder zu mir.

Ein Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit, als er verstand und seine Lippen sich zu einer geraden Linie zogen. »Sie müssen Frau Doktor Hanschs Tochter sein. Kaya, richtig?« Ich nickte, was ihn seine Lippen nur mehr aufeinanderpressen ließ und er mir mit verbitterter Stimme mitteilte: »Ihre Mutter kann gerade keinen Besuch erhalten. Sie fühlt sich noch sehr schwach. Gestern bei der Computertomografie haben wir etwas entdeckt, was uns Sorgen bereitet.«

Ich schluckte. Mein Bauch verengte sich augenblicklich und meine Hände wurden nass.

Was war es? War es schlimm? Könnte sie sterben?

Genau diese Fragen schwirrten mir durch den Kopf, aussprechen tat ich sie aber nicht. Stattdessen schaute ich den Doktor einfach nur mit großen Augen an, ehe mein Kopf langsam zu nicken begann. Ein »Ok. Dann komm ich später wieder« drang aus meinem Mund, aber so leise, dass mein Gegenüber es wahrscheinlich gar nicht gehört hatte.

Doktor Leoan sah mich immer noch mitfühlend an und langsam wurde es ungemütlich. Als er dann auch noch auf meine Füße sah, die Schuhe standen ja immer noch in der Toilette, wirkte er kurz verwirrt, sagte dazu aber nichts. »Am besten gehen Sie jetzt. Wir rufen Sie an, wenn sich ihr Zustand verbessert.« Ich bedankte mich bei ihm und war schon dabei zu gehen, da hielt seine Stimme mich zurück.

Vielleicht war es mein besorgter Blick, die Tatsache, dass sie meine Mutter war oder einfach aus Nettigkeit, dass der Doktor sich umentschied und die Tür mit einem kleinen Schlüssel öffnete. »Verraten Sie es bloß keinem. Das könnte mich meinen Job kosten. Und jetzt gehen Sie schon rein. Sie haben zehn Minuten. Ich warte hier. Und keine Sekunde länger«, flüsterte er noch, ehe ich mich bedankte und zu meiner Mutter stürmte, vorfinden tat ich jedoch ein leeres Bett. Wo war Mama?

Die Decke sowie das Kopfkissen waren total zerknittert und aufgewühlt, als wäre jemand mit Gewalt aus dem Bett gerissen worden. Panik überkam mich, als ich daran dachte. Aber das war ja Quatsch. Ich suchte nach einer anderen Erklärung.

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