Der Wind heulte und Schneeflocken stoben ihr ins Gesicht. Vor Kälte konnte sie ihre Hände und Füße nicht mehr spüren. Extra für diese Reise hatte sie sich Stiefel angefertigt, aber dennoch drangen der Schnee und die Kälte einfach hindurch. Immerhin musste sie nicht laufen, sondern konnte mit ihren weiß gefiederten Flügeln über der Schneeoberfläche fliegen.
Ihr waldgrüner Umhang erfüllte seinen Zweck deutlich besser als ihre Stiefel und schirmte sie von dem kalten Nass ab.
Aber nun war sie angekommen. Vor ihr, mitten in den Fels des Berges gehauen, befand sich ein gigantisches Tor. Vorsichtig streckte sie eine Hand aus und legte sie auf den Stein. Er war kalt, aber deutlich wärmer als er bei diesem Schneesturm eigentlich sein dürfte. Es schien als würde sich der Schnee einfach auflösen, bevor er das Tor treffen konnte...
Etwas ratlos drückte sie gegen einen der steinernen Flügel.
Sofort schwang das Tor geräuschlos auf. Als hätte es durch ihre Geste verstanden, dass sie eintreten wollte.
Im Inneren des Berges herrschte absolute Finsternis. Auch das Tageslicht schien es nicht zu wagen, die Schwelle zu übertreten.
Die junge Frau zögerte einen Moment, dann trat sie ein. Augenblicklich wurde es wärmer und sie seufzte erleichtert.
Glücklicherweise schloss sich das Tor hinter ihr nicht und nachdem sie ein paar weitere Schritte gemacht hatte, flammten Lampen auf.
Der Anblick war atemberaubend. Rechts und links führten meterhohe Bücherregale in die Ferne. Es war zu dunkel um zu erkennen, wo sie endeten.
Staunend blickte sich die Besucherin um. Am liebsten hätte sie jedes einzelne Regal erkundet und alles gelesen, was sie finden konnte. Aber dazu fehlte ihr leider die Zeit...
Sie brauchte die Schriftrolle. Schnell.
Also beeilte sie sich und lief den breiten Mittelgang entlang. Bei jedem Schritt hinterließ sie einen nassen Fußabdruck und von ihren Federn tropfte es unaufhörlich geschmolzenen Schnee.
Ihre Kapuze hatte sie nach wenigen Schritten abgenommen, denn auch sie tropfte nun. Glücklicherweise war der Stoff aber dick genug, dass ihre hellen, wilden Locken nicht nass geworden waren.Es gab nur einen einzigen Grund, warum sie seit zwei Wochen unterwegs war: die Schriftrolle.
Dem jungen Mann zufolge, den sie zufällig getroffen hatte, sollte die Schriftrolle Informationen enthalten, wie man bestimmte Magie ausübte. Genauer gesagt, wie man Illusionen wahr werden lassen konnte.
Acelias Fähigkeiten, Illusionen zu erschaffen, beschränkten sich zwar leider auf tote Gegenstände, weder Pflanzen noch Tiere oder andere Lebewesen, aber dennoch, wenn sie alle Gegenstände, die sie darstellen auch verwirklichen konnte... Die Möglichkeiten wären unglaublich!
Von der Vorstellung bestärkt, was sie alles tun könnte, lief sie noch schneller, bis sie schließlich am Ende der Halle ankam.
Die letzten Regale wurden von riesigen, steinernen Statuen dekoriert. Keine glich der anderen, aber alle hatten scharfe Krallen, lange Zähne und zornig verzogene Mäuler. Sie passten kein bisschen an diesen ruhigen Ort.
Nachdenklich widmete sie ihre Aufmerksamkeit dem massiven, steinernen Tisch, der vor ihr stand. Wenn das eine Bibliothek war, vielleicht befand sich dort normalerweise der Bibliothekar? Allerdings war sie das einzige Lebewesen weit und breit.
Aufmerksam lief sie um den Tisch herum und untersuchte ihn genau. Wenn die Schriftrolle irgendwo versteckt war, dann hier, da war sie sich ziemlich sicher. Oder sie hoffte es eher, denn ansonsten blieb ihr nichts anderes übrig, als sämtliche Regale zu durchsuchen. Und dafür würden ein paar Tage nicht reichen...
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Auf der Flucht mit Loki | Loki FF
FanfictionAls Acelia eine magische Schriftrolle aus einem alten Tempel holt, wird sie von niemand geringerem als dem Gott Loki aufgehalten. Denn sie ist nicht die einzige, die den uralten Zauber der Schriftrolle erlernen möchte. Nachdem die beiden herausfinde...