~ Kapitel 8 ~

11 0 0
                                    

Schon als ich mich in der Klasse an meinen Platz setzte, spürte ich die Blicke meiner Mitschüler auf mir. Sie durchbohrten mich, während sich ihr Geflüster in meine Ohren schlich. Sie sprachen über den Vorfall am Eingang des Gebäudes und mir war klar, dass sie mich damit in Verbindung brachten, aber das Flüstern nervte einfach, vor allem, wenn sie einen so anstarrten.


Doch es wurde sich nicht nur darüber unterhalten, auch die Ereignisse am Wochenende machten, hier in der Klasse, ihre Runde. Anscheinend war etwas Wahres dran, dass Damien und Chloe Sex miteinander hatten. Normalerweise ließen mich Gerüchte kalt, aber dieses Mal nicht. Zugegebener Weise schmerzte es tief in mir, da Damien einst ein großer Teil meines Lebens war. Immer wenn er mir tief in die Augen blickte, so wie heute Morgen, konnte ich ein Stück von dem Jungen sehen, den ich damals so verletzt hatte, aber auch von dem Jungen, mit dem ich die beste Zeit meines Lebens hatte. Deshalb traf es mich sehr, dieses Bild von Damien und Chloe vor meinen inneren Augen zu haben, jedes Mal, wenn ich sie schloss.


Leicht angefressen, kramte ich die Matheunterlagen aus meiner Tasche, um sie unbeabsichtigt brutal auf den Tisch vor mir zu schmeißen. Der Raum füllte sich mit immer mehr Schülern, weshalb sich die Lautstärke hier drin wesentlich erhöhte. Doch die meisten Stimmen verstummten, als Mr. Martin das Klassenzimmer betrat. Endgültige Stille herrschte, als sich Mr. Martin räusperte um den nötigen Respekt zu erlangen.


„So, zuallererst, Mr. Archer, Ms. Blake, sie Beide schon wieder? Das darf nicht wahr sein. Direktor Wright teilte mir mit, dass sie Beide heute wieder nachsitzen dürfen. Es wird mir eine Freude sein, sie dort zu beaufsichtigen."


Nach einem kurzen Lächeln, welches er an Damien und mich richtete, schaute er wieder die Klasse an und fuhr mit seinem Unterricht fort. Mein Tag war jedenfalls gelaufen. Eigentlich hatte ich heute geplant nach der Schule mit meiner Mutter zu telefonieren, aber das konnte ich vergessen. Leider gab es nur ein kleines Zeitfenster in dem ich sie erreichte, doch das war mir schon klar, als ich sie überzeugte ihren Traumjob in Italien anzunehmen. Sie arbeitete ziemlich hart und oft bis in die Nacht hinein, außerdem spielte der Zeitunterschied auch eine große Rolle. Es war definitiv nicht einfach telefonisch mit ihr in Kontakt zu treten. Meist lief unsere Kommunikation über WhatsApp ab. Nämlich antworteten wir Beide mit mehreren Tagen Abstand dem Anderen. Ich wusste, dass es für sie auch nicht gerade leicht war, aber sie hatte viele neue Leute dort kennengelernt und sich mit ihnen angefreundet. Ihr viel es unwahrscheinlich leicht auf andere zuzugehen und mit ihnen zu reden. Ich dagegen hatte schon immer Schwierigkeiten damit.


Damals kam Chloe auf mich zu und nahm die Rolle der besten Freundin ein. Durch sie bekam ich mehr Selbstvertrauen, welches ich brauchte, um in ihrer Welt zu überleben. Doch nicht alles was glänzte, war auch aus Gold. Am Ende erkannte ich mich selbst nicht mehr wieder. Ich hatte mich selbst verraten und bin mir nicht treu geblieben. Das liebe Mädchen von früher wurde zu einem gewissenlosen Biest. Es war leicht Chloe für alles die Schuld zu geben, aber ich wusste, dass es nicht stimmte, es war ganz allein meine. Ich hätte des Öfteren einen anderen Weg einschlagen können, wollte es aber nicht. Die Verlockung war zu groß und die Welt der Beliebten zu schön. Bis ich das erst kapierte, war es bereits zu spät. Und alles war weg.


„Jetzt reicht es mir aber!"


Mr. Martins laute Stimme zog mich schnell aus meinen Gedanken raus und katapultierte mich wieder in die Realität.


„Ms. Anderson, wenn sie jetzt bitte aufhören könnten zu schnattern, würde ich meinen Unterricht gerne in Ruhe fortsetzen. Oder gibt es da etwas Wichtiges, das sie der Klasse mitteilen möchten?"


Interessiert drehte ich mich, genau wie die gesamte Klasse, zu Chloe um. Diese lächelte nur zuckersüß und spielte mit eine ihrer kurzen Strähnen.


„Entschuldigung Mr. Martin, ich war etwas abgelenkt vom Wochenende."


Nach diesem Satz konnte sie es nicht unterlassen, Damien einen Blick zuzuwerfen und ihn an zuzwinkern. Dieser konnte es natürlich nicht lassen und schenkte ihr ein charmantes Lächeln. Innerlich rollte ich wiedermal mit den Augen. Selbst für einen Streich, den mir das Schicksal spielte, war dies zu viel.


„Ich weiß zwar nicht, was das mit ihrem Gequassel zu tun hat, aber seien sie bitte einfach leise."


Bildlich gesehen verschloss Chloe mit ihren Fingern den imaginären Reißverschluss ihres Mundes, sodass Mr. Martin zufrieden mit seinem Unterricht fortfahren konnte.


In der Pause versuchte ich bestmöglich allen Schülern aus den Weg zu gehen, leider ohne Erfolg. Wie auch? Schließlich handelte es sich um mehrere Hundert Leute. Die meisten unterhielten sich über das vergangene Wochenende, weshalb ich noch genervter als eh schon den Schulgang entlang lief. Dieses Thema ging mir langsam auf die Nerven. Ich wollte nicht ein weiteres Wort über Chloe, ihre Party oder Damien hören.


Gedanklich saß ich bereits auf meiner Bank hinter dem Schulhof, doch soweit sollte ich nicht kommen. Gerade als ich die Tür zum Pausenhof öffnete und in die Wärme der Augustsonne trat, dröhnten laute Stimmen in meinen Ohren. Die hellen Strahlen der Sonne blendeten mich zwar, doch die Stimmen konnte ich eindeutig erkennen. Auch die Silhouetten bestätigten meine Vermutung.


„Was willst du eigentlich von dem, Chloe?!", brüllte Josh seine Freundin(?) an.


„Das hat dich nichts anzugehen, verstanden?", antwortete die Blondine schnippisch.


Oh man, in das Drama wollte ich wirklich nicht rein geraten. Kurz überlegte ich einfach wieder in das Gebäude zu gehen, aber die Tür öffnete sich, ehe ich danach griff. Sie flog mir entgegen und kurz hatte ich Bange sie würde mich treffen, sodass ich unnötig auswich. Jemand trat hinaus, jedoch konnte ich durch die getönten Scheiben der Tür nicht erkennen wer es war.


„Da seid ihr ja!", sprach eine männliche Stimme in ruhiger Tonlage. Auch diese kam mir vertraut vor, nur konnte ich sie nicht zuordnen. Als sich der Junge dann aber auf den Schulhof begab, wusste ich sofort wer er war. Dylan, ein Freund der Beiden.


„Dylan, hast du es ihm erzählt?", fragte Chloe den brünetten Jungen.


„Ähm..", sichtlich überfordert mit der Situation fand er keine weiteren Worte.


Sein Blick auf den Boden ließ mich vermuten, dass er sich sehr unbehaglich fühlte, und auch mir war nicht wohl dabei hier weiter stehen zu bleiben. Am liebsten würde ich einfach zu meiner Bank gehen und mich dort niederlassen. Leider schien es mir unmöglich, an den Dreien vorbei zu laufen, ohne in ihrem Sichtfeld zu landen. Deshalb verzog ich mich ein kleines Stückchen weiter nach rechts in Sicherheit. Dort gab es eine kleine Nische, wo ich die restliche Pause genießen konnte. Das Drama bekam ich, wie sollte es auch sonst sein, trotzdem mit.


Denn es war noch nicht zu Ende, im Gegenteil, es hatte gerade erst begonnen.


RevengeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt