~ Kapitel 9 ~

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Es war nicht leicht unauffällig in einer Ecke zu stehen, vor allem wenn andauernd Schüler durch die Tür spazierten und man jedes Mal, wenn sie sich öffnete die Luft an hielt. Vorerst schaffte ich es nicht diesen Platz hier zu verlassen, ohne unerkannt an Chloe, Josh und Dylan vorbeizukommen, deshalb nahm ich mein Schicksal entgegen und genoss einfach die kostenlose Show, die sich vor mir abspielte.


Immer noch stand Dylan eingeschüchtert vor Chloe und wusste sich nicht zu helfen, doch die Situation spitzte sich zu, als Chloes Freundinnen, Isabella und Victoria das Geschehen beobachteten und sich dazugesellten.


„Chloe, was ist hier los?", fragte das Mädchen mit den blonden Locken ihre Freundin besorgt, während sie ihren Blick durch die Gruppe schweifen ließ.


„Isabella, nicht jetzt!", zickte die 'Queen of Mean' ihre Untertanin an, ehe sie sich wieder dem armen Dylan zuwandte.


„So, was ist nun? Hat er es von dir?!"


Ihre Stimme klang ziemlich bedrohlich, so als wollte sie ihm gleich an die Gurgel springen und auch die geballten Fäuste ließen darauf schließen, dass er besser mit der Sprache rausrücken sollte.


„Nein man, ich hab ihm nichts gesagt!", verteidigte er sich lautstark.


„Du hast es gewusst?!", ärgerte sich Josh über die Worte seines Freundes, die andeuteten, er hatte bereits über Chloes Affäre Bescheid gewusst.


„Sorry Bro, du weißt doch, dass ich Samstag auch auf der Party war. Da hat sich das halt 'rumgesprochen."


„WARUM HAST DU ES MIR NICHT SOFORT GESAGT?!", sichtlich wütend schrie er seinen besten Freund an. Dieser wich erschrocken einen Schritt zurück, bevor Josh nach Luft schnappte und fortfuhr.


„NEIN, ICH MUSSTE ES HEUTE MORGEN VON ANTHONY ERFAHREN! Und nun zu dir", wandte er sich Chloe zu.


„Du mieses Stück hintergehst mich? Und dann auch noch mit dem Loser? Komm leck mich einfach. Ich kann jede Andere haben. Ich brauch dich Schlampe nicht!", waren seine letzten Worte, ehe er energisch losstürmte.


Oh nein, genau in meine Richtung. Auch wenn ich bereits in die letzte Ecke gekrochen war, versuchte ich dort noch tiefer hinein zu kommen. Es half allerdings nicht, er sah direkt in die Nische und unsere Blicke trafen sich. Einen kurzen Moment starrten wir uns an. Ich in seine, eisblauen Augen, er in meine Grünen. Dann öffnete er die Tür und mit einem Augenschlag war er verschwunden.


Mein Blick fiel wieder auf die Gruppe vor mir, die Joshs Abgang genau beobachteten, weshalb sie auch bemerkten, dass sich jemand in der Ecke versteckt hatte. Ihre Mienen verfinsterten sich als sie mich erkannten.


„Na, schön andere zu belauschen?!", kam Chloe wütend auf mich zu.


Als sie plötzlich vor mir stand merkte ich, wie ich anfing zu schwitzen. Die letzte Auseinandersetzung mit ihr war Wochen her und nicht besonders schön. Es endete mit einer ausgeschütteten Cola über meinem Kopf, weil ich mich weigerte ihre Tasche zu tragen, die ihr ja zu schwer war. Meine Antwort 'Lass doch einfach Bücher, die du nicht brauchst, in deinem Spind' gefiel ihr wohl nicht.


„Hast du nichts besseres zu tun, als zu stalken? Ach nein, sorry vergessen, dein Leben ist ja soo langweilig."


Lachend stand sie wenige Zentimeter von mir entfernt. Nicht nur ihre Größe, nein auch ihre Ausstrahlung ließ mich leicht Zittern. Ich wusste wozu sie fähig war und würde mich von ihrem Lächeln nicht täuschen lassen. Als sie sich zu mir nach vorne beugte, blieb mir der Atem völlig weg. Ein einziges Flüstern ihrerseits verpasste mir einen kurzen Stich ins Herz.


„Sag mal, wie ist das Gefühl, zu wissen, dass der beste Freund mich mehr mag und lieber mich fickt als dich? Aber wer will dich auch schon ficken?"


Grinsend sah sie mir in die Augen, wobei mich ihr böses Funkeln direkt traf. Wie konnte hinter solchen Rehaugen nur so viel Böses lauern?


Stumm schaute ich ihr weiterhin ins Gesicht, versuchte keine Miene zu verziehen. Sie sollte nicht wissen, dass mich ihre Worte auch nur annähernd verletzten.


„Los, verzieh dich!", forderte sie mich auf.


Das brauchte man mir sicherlich nicht zwei Mal sagen. Schnell setzte ich mich in Bewegung und ging an ihr vorbei, doch ihr Fuß zwischen meinen Beinen machte mir da einen Strich durch die Rechnung. Mit aller Macht versuchte ich einen Sturz zu verhindern, leider klappte es nicht und ich fiel auf den harten Boden direkt vor der Eingangstür, welche sich in diesem Moment öffnete.


Zu meinem Bedauern nahm das Pech kein Ende. Auf allen Vieren kniete ich da, mein Körper nicht fähig auch nur eine Bewegung zu machen, musste ich mir das Gelächter der Schülerschaft anhören.


„Ich habe gesagt VERZIEH DICH!", schrie mir die Blondine entgegen, ehe sich ein Schmerz in meinen Rippen breit machte, welcher sich als Tritt heraus stellte.


Durch Chloes Tritt fiel ich zur Seite und landete auf dem Rücken. Mein kompletter Körper schmerzte, doch das war nichts, nichts im Gegensatz zu dem Schmerz, den ich in den kommenden Minuten fühlen sollte, tief in meinem Herzen. Denn als ich hinauf sah, entdeckte ich Damien, der in der Eingangstür stand und auf mich hinunter schaute. War das etwa Mitleid in seinem Blick?


Ein klein wenig Hoffnung machte sich in mir breit, dass er mir vielleicht auf helfen würde, doch auch die platzte wieder, als er einen Schritt über mich drüber machte und mich auf dem Boden liegen ließ.


„Siehst du, du interessierst ihn nicht. Nicht ein bisschen. Niemand interessiert sich für dich. Du kannst genau so gut einfach verschwinden. Tot umfallen, es ist allen egal."


Chloes Worte waren zu viel. Es ging nicht mehr. Ich wollte nur weg von hier. Sie durften meine Tränen auf keinen Fall sehen. Nein, ich gönnte ihnen diese Genugtuung nicht. Also rannte ich, rannte mit Tränen gefüllten Augen zum Schultor, auf die Straße, ohne zu wissen wohin, einfach weg. Als ein lautes Hupen meine Sicht wieder klar werden ließ und ich nur noch helles Licht erkennen konnte.

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