„Von schwarzen Blumen & Gedanken"
Sonntag, 11. April 1976
Es ist, als würde die ganze Welt den Atem anhalten, als sich die Aufmerksamkeit aller auf die junge Frau in weiß richtet. Der spitzenbestückte Stoff schmiegt sich an Kurven ihres Körpers, die ich so nie an ihr bemerkt habe, der massive Blumenstrauß wirkt in ihren zärtlichen Fingern fast schon fehl am Platz, weisen sie jedoch als die Hauptperson des heutigen Tages aus. Dunkelblonde Locken umrahmen ihr Gesicht und lassen sie jünger wirken, als sie eigentlich ist. Warmes Sonnenlicht fällt durch ihre Strähnen und wirft einen goldenen Schein auf die Gesichtszüge, die ich so lange nicht von Nahem beobachten durfte. Wie sie so barfuß über den saftig grünen Rasen ihres neuen Grundstücks schreitet, sieht sie beinahe aus wie eine Elfe.
Beatrice Flint ist zu einer so schönen Dame herangewachsen, dass ich meine Augen nicht von ihr nehmen kann. Diese wunderschöne Frau soll tatsächlich die kleine Bea von damals sein. Ihr selbstbewusster Gang und verschmitztes Lächeln füllen meine Brust mit einem seltsamen Stolz, den ich gar nicht verdiene zu fühlen, doch es schmerzt auch. Ihre eisblauen Augen voller freudigen Funkelns, diese charakteristische Form ihrer Nasenbrücke und die Art wie ihre Mundwinkel nach unten zeigen und trotzdem ein Lächeln andeuten. Das alles erinnert mich so sehr an Nicolas, dass ich meinen Blick nun doch als einziger abwenden muss, um die aufsteigende Übelkeit zu unterdrücken. In diesem Moment bin ich dankbar, dass ich in einer der letzten Reihen, auf einer Bank ganz außen meinen Platz gewählt habe und die Malfoys nicht neben mir sitzen.
So schreitet Bea im Takt der Musik an mir vorbei und das Wichtigste; sie würdigt mich keines Blickes. Ich möchte überhaupt nicht wissen, wie sich ihr Gesichtszug und der Ausdruck in ihren Augen verändern würden, hätte sie mich bemerkt. In der kurzen Zeit, in der wir vor der Zeremonie auf den Plätzen warten mussten, habe ich mir schon in etwa eine Millionen Mal vorgestellt, wie ihr hübsches Gesicht versteinern und ein Feuer der Wut in ihren Augen aufbrennen würde. Ein Schauer läuft meinen Rücken hinunter.
Erst, als der magische Zeremonienmeister, ein kleiner, unscheinbarer Zauberer vom Amt, damit beginnt in einer Singsang-Stimme die üblichen Riten herunterzuleiern, wage ich meinen Blick nach vorne zu richten und kann nicht anders, als den Bräutigam scharf zu mustern. Er sieht gut aus, das muss man ihm lassen. Dieser Robert Avery ist ein kleines Stück größer als Bea und schaut sie aus dunklen, braunen Augen an. Kackbraun, schießt mir durch den Kopf und ich muss dabei an die Schlägerei von vor einigen Tagen denken. Etwas in mir stört sich daran, dass ein erwachsener Mann Bea so anschaut, aber sie ist genauso erwachsen. Volljährig. Fast eine verheiratete Ehefrau. Nic hätte heute in der ersten Reihe sitzen müssen. Hätte Robert drohen müssen, sich gefälligst gut um seine kleine Schwester zu kümmern.
Als die Hochzeitsgesellschaft in begeisterten Applaus ausbricht, wird mir klar, dass die Trauung vollzogen ist und ich nun Mister und Misses Avery vor mir stehen habe. Ich muss mir einen Ruck geben, bevor ich mich erhebe, ins Klatschen einstimme und versuche zu lächeln. Ohne zu wissen, dass Beatrice sich diesen Mann selbst ausgesucht hat, kann ich das nicht aus tiefstem Herzen. Denn die Flints sind schon immer gute Schauspieler gewesen.
*
Es gibt so viel Kuchen. Würde ich mich nicht immer noch mehr oder weniger unwohl unter all diesen fröhlichen Menschen fühlen, würde ich wohl mit offener Kinnlade das Buffet anstarren, das vor einigen Minuten vom Bräutigam freigegeben wurde. Mit einigen Bewegungen seines Zauberstabes waren bereits gedeckte Tische aus dem Nichts erschienen und Zeltplanen hatten sich wie von selbst aufgespannt, um der Hochzeitsgesellschaft Schatten zu spenden. Während alle anderen sich verteilt haben, um mit Bekannten zu reden oder dem frisch gebackenen Ehepaar ihre Glückwünsche zu vermitteln, stehe ich unschlüssig mit einem leeren Teller in der Nähe des Buffets. Es ist reich gedeckt mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Süßspeisen und herzhaftem Gebäck und duftet herrlich. Als ich mich ein weiteres Mal um die eigene Achse drehe, um sicherzustellen, dass ich auf diesen Festlichkeiten nicht den falschen Leuten begegne, stelle ich mit Entsetzen fest, dass sich genau diese Art von Menschen auf mich – vermutlich eher das Buffet – zubewegen. Es ist eine ganze Gruppe, aber in ihrer Mitte geht ein älteres Pärchen. Die Frau hat ihren Arm an den ihres Mannes gelegt und beide unterhalten sich freundlich mit dem Rest der Gruppe. Sie sehen so fröhlich aus und es versetzt mir einen Stich, dass ich ihnen so viel Leid zugefügt habe.
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William Bristow | HP Fanfiction
FanfictionGeboren mit außergewöhnlichen Fähigkeiten in einem einfachen Muggelhaushalt ist William Bristow selbst in der magischen Welt etwas Besonderes. Diese Ansicht vertritt Nicolas Zachary Flint mit all dem reinen Blut in seinen Venen und kann nicht anders...