„Die Nacht"
Montag, 3. Januar 1972
Mir war kalt, als der brennende Betonblock, in dem zuletzt vor Jahrzehnten irgendwer gewohnt hatte, vor meinen Augen anfing in sich zusammenzufallen. Das spürte ich nicht, an dem Zittern, das meinen gesamten Körper ergriffen hatte (ich zitterte aus Angst und Schmerz), auch nicht an der Gänsehaut, die so ausgeprägt war, dass es wehtat und zuletzt an der Hitze, die mir von den wütenden Flammen entgegenschlug und meine Haut versenkte. Meine Fingerspitzen waren es, die trotz des brennenden Wohnhauses frierten und nach Wärme verlangten. Welch eine Ironie.
Ich ballte meine Hände zu Fäusten und grub mir dabei schmerzhaft mit meinen Fingernägeln in die Handfläche, aber das war jetzt egal. Ich war hart auf der von Unkraut überwucherten Rasenfläche vor dem Gebäude aufgekommen und mein Kopf sendete klingelnde Signale an meinen ganzen Körper, die lautstark verkündeten, dass ich nicht in der Lage war jetzt noch aufzustehen, doch ich kämpfte mich mühsam auf die Beine. Ich musste da rein. Schwer atmend hievte ich mich hoch. Eine Hustenattacke schüttelte mich (mein Hals fühlte sich seltsam rau und wund an), ehe ich mich vollends aufrichten konnte. Das Haus brannte lichterloh.
Das Feuer hatte eine solch kochende Wut in sich, dass man die Zerstörlust beinahe greifen konnte. Die Flammenzungen leckten fast schon genüsslich an den dunklen Höhlen, die einmal gläserne Fenster gewesen waren. Vor dieser Gewalt fühlte ich mich klein und hilflos. Die Angst lähmte meine Glieder und machte mir das Atmen schwer. Sie drückte den Käfig, den der Qualm des Feuers um meine Lunge erschaffen hatte, immer weiter zusammen. Erneut fing ich an unkontrolliert zu husten. Die mit Rauch verpestete Nachtluft reizte mein Innerstes und das schwarze Feuer in mir loderte erfreut auf. Ja, du freust dich, Arschloch. Mein Herz pochte hart in meiner Brust und pumpte Blut durch meine Adern. Es fühlte sich an, als würde es das schwarze Feuer selbst durch meinen Körper jagen.
Ich machte einige taumelnde Schritte vorwärts auf den von Flammen gefüllten Türrahmen zu (die Eingangstür gab es längst nicht mehr). In meinem Kopf drehte sich alles und jede kleinste Bewegung tat unglaublich weh, doch die gewaltige Hitze, die mir entgegenschlug, lenkte meine gesamte Konzentrationskraft auf das lodernde Flammenmeer. Mich hätte es nicht gewundert, hätte ich keine Augenbrauen mehr. Ich war dem Feuer so nahe, dass ich nur meinen Arm hätte ausstrecken müssen und die gelben Flammen würden an meinen Fingerspitzen lecken.
Ein ohrenbetäubendes Geräusch ließ die Erde erzittern und führte mir vor Augen, dass dies kein schrecklicher Albtraum war, aus dem ich jederzeit aufwachen konnte. Es war erneut ein Stockwerk eingestürzt. Verdammte Scheiße. Angst flutete meinen Körper und mein Atem beschleunigte sich wieder. Es gab sicher Zaubersprüche, die das Feuer von einem abwenden konnten. Nic war gebildet genug, um sich einen solchen Spruch schon längst angeeignet zu haben. Ich holte tief Luft.
„NI-CO-LAS!"
Ich steckte alles in diesen Schrei. Meine Kehle rebellierte und meine Stimme klang rau und kratzig. Ein weiteres Mal würde ich so nicht schreien können, aber ich musste es trotzdem versuchen. Wenn er mich so hören konnte, waren meine Schmerzen egal. Der Idiot von einem Zauberer war noch in einem der Zimmer und war potentiell nicht mehr bei Besinnung.
Er wäre längst hier, wäre es anders, flüsterte das schwarze Feuer. Doch ich hörte nicht hin. Nic konnte nicht einfach so sterben. Es war die letzte Woche der Weihnachtsferien. Wir hatten Neujahr gemeinsam verbracht und würden bald das letzte Drittel unseres letzten Jahres auf Hogwarts abschließen. Und danach würden wir eine Ausbildung im Ministerium anfangen und als richtige Auroren Kriminelle dingfest machen. Wir würden die dunkle Magie bändigen, aber nun hatte die dunkle Magie in mir diesem Vorhaben ein Ende gesetzt, bevor es überhaupt in den Startlöchern hatte stehen können. Das schwarze Feuer hatte nämlich recht. Nicolas Zachary Flint wäre appariert und hätte mir von hinten einen Schrecken eingejagt oder wäre grinsend aus dem Gebäude marschiert, um mir zu zeigen, dass man als Zauberer keine Angst vor irgendwas haben musste.
Und trotzdem flatterte mein Herz kläglich in meiner Brust, die von Fäden der nackten Angst zugeschnürt wurde. Er konnte nicht sterben. Das würde ich nicht überleben.
„NIC!", schrie ich erneut in das Gebäude hinein, begleitet von einem Krachen. Betonbrocken überwanden das Feuer. Weißer Staub stob mir entgegen und heftete sich an meine Haut. Das Treppenhaus war eingestürzt. Ich versuchte den Betonstaub so gut es ging aus meinem Sichtfeld zu vertreiben, in dem ich mit meinen Händen ausholende Bewegungen in der Luft beschrieb, als ich merkte, dass die Finger dieser Hände kohlrabenschwarz waren, als hätte ich in Ruß gefasst. Vielleicht waren meine Fingerspitzen deswegen so kalt. Die dunkle Magie hatte sie verbrannt und nun waren sie Asche. Sei nicht albern, schalt ich mich selbst. Wären sie existenzbedrohend verletzt, würde ich sie überhaupt nicht mehr fühlen. Sie sind so kalt, weil du mich nicht Feuer speien lässt!, schrie das schwarze Feuer und loderte so hoch auf, dass meinen Kopf ein heftiger Schmerz durchfuhr und ich zusammenzuckte.
LASS MICH BRENNEN.
Mir entfuhr ein Schrei und ich fiel rücklinks zu Boden. Das Feuer im Gebäude flammte auf und wurde noch wütender, tobte noch verheerender als zuvor. Es war, als hätte jemand Benzin über den Wohnblock gekippt.
„Lass das!", rief ich, während ich mir meinen Kopf hielt. Ein greller Schmerz durchzog ihn, der einfach nicht weichen wollte und ich wusste genau auf wessen Kappe das ging.
DIE WELT IST BESSER IN FLAMMEN GETAUCHT!
DEIN FREUND IST EBENFALLS SCHON ASCHE.
SPÜRST DU ES DENN NICHT?
In dem Moment löste sich die Blockade in mir, die den Gedanken, dass Nic tatsächlich tot sein könnte, verhindert hatte. Die Hoffnungslosigkeit packte mich mit all ihrer zerstörerischen Übermacht und ein gequälter Schrei klang durch die Winternacht. Nic war tot?
Und das letzte, was ich sah, war die Welt um mich herum in Flammen getaucht.
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William Bristow | HP Fanfiction
FanficGeboren mit außergewöhnlichen Fähigkeiten in einem einfachen Muggelhaushalt ist William Bristow selbst in der magischen Welt etwas Besonderes. Diese Ansicht vertritt Nicolas Zachary Flint mit all dem reinen Blut in seinen Venen und kann nicht anders...