19 | Muttergefühle

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Arias Herz hämmerte wild gegen ihre Rippen, während sie mit dem federleichten Baby im Arm zum nahe gelegenen Ausgang eilte. Der Vater hatte seine Tochter in eine dünne Decke gewickelt, ihr einen Kuss auf die Stirn gegeben und sie Aria und Julian anvertraut. Die Ärztin empfing das Baby wie einen kostbaren Schatz, drückte es fest und doch behutsam an sich. Die Nähe zu diesem winzigen Wesen schien eine chemische Reaktion in Aria auszulösen. Ihr Schritt war entschlossen, ihr Blick wachsam, und ihre Aufmerksamkeit lag gleichermaßen auf ihrer Umgebung wie auf dem Menschen in ihren Armen. Ihr oberstes Ziel war es, das Kind sicher an die Oberfläche zu bringen und sicherzustellen, dass es die Nacht überlebte.

Julien hatte Mühe, mit Arias Tempo Schritt zu halten. Auch er war ständig in Alarmbereitschaft und beobachtete besorgte oder skeptische Blicke, die ihnen begegneten, doch niemand schien sie aufhalten zu wollen. Plötzlich blieb Aria stehen, und Julien konnte gerade noch rechtzeitig bremsen, um nicht mit ihr zu kollidieren.

„Wir sind da", sagte sie, und ihr Kopf wies auf eine Tür in der Nähe, hinter der sich nach dem Öffnen eine Treppe verbarg. „Bitte geh voraus, und wenn du oben bist, öffne die Tür. Ich werde direkt hinter dir sein", instruierte Aria.

Die metallene Treppe führte einige Meter in Windungen nach oben, bis sie tatsächlich vor einer hölzernen Tür endete. Wie von Aria befohlen, öffnete Julien die Tür und fand sich plötzlich in einer Teeküche wieder. Er scannte den Raum, der aussah wie ein Aufenthaltsraum in einem kleinen Geschäft. Ein Wasserkocher und einige Gläser standen auf der Küchenzeile, neben einem Kühlschrank und einem schmalen Tisch mit zwei Stühlen. Eine Tür zu einem weiteren Raum war verschlossen, und erst als Aria durch den Ausgang der Unterwelt trat, bemerkte er, dass sich die Tür hinter einem schwenkbaren Regal verbarg.

„Wo sind wir hier?", fragte der Arzt. Aria deutete auf die Tür, und Julien griff nach der Klinke. Als er sie herunterdrückte, wurde er nach hinten gestoßen, weil jemand von der anderen Seite die Tür öffnete. Er erschrak und stellte sich schützend vor Aria und das Baby. Ein großer Mann in schwarzer Kleidung trat herein, und Julien spürte sein Herz heftig pochen. In diesem Moment dachte er nur an Aria und das Baby. Er musste die beiden um jeden Preis beschützen.

Julien war kein Mann, der gerne zu Gewalt griff. Schon in der Schulzeit hatte er Konflikte lieber mit Argumenten und Kompromissen gelöst. Doch auch wenn ihm Gewalt zuwider war, hatte er als Jugendlicher Selbstverteidigungskurse besucht. Er wusste, dass er bereit sein musste, sich zu verteidigen, wenn die Deeskalation scheiterte.

Plötzlich ergriff ihn eine ungewohnte Welle von Mut, als er entschlossen die erlernte Kampfhaltung einnahm, bereit, seine Liebsten vor jeglicher Bedrohung zu beschützen.

Zum Glück erkannte sein Gegenüber ihn und Aria zuerst. „Aria, wie gut, dass ich euch treffe. Ich war gerade auf dem Weg zu euch", sagte der Mann.

„Eli!", sagte Aria erleichtert und trat aus dem Schatten ihres Beschützers hervor. Natürlich fiel diesem sofort das kleine Bündel auf, das sie in den Arm hielt.

„Ist das etwa ein Baby?", fragte Eli erstaunt. „Da habt ihr euch aber nicht lange Zeit gelassen", fügte er mit einem amüsierten Grinsen hinzu. Julian ignorierte die Anspielung gekonnt. Wahrscheinlich war es nur ein blöder Witz zwischen Cousins.

„Dem Baby geht es sehr schlecht, und wir müssen es in die Praxis bringen. Ist die Luft rein?", fragte er zielstrebig.

Eli straffte sich und nickte. Witze waren in dieser Situation wohl eher unangebracht. „Es sind kaum Gäste da. Ich denke, wir können das Gebäude verlassen. Obwohl es ja nicht verboten wäre, mit einem Baby spazieren zu gehen, oder?", fragte er nach.

Aria biss sich auf die Lippe. Auch wenn sie wusste, dass Eli auf ihrer Seite stand, wollte sie ihn nicht unnötig in Gefahr bringen, indem sie ihm von ihrem Verdacht erzählte. Als Sicherheitsagent war er immer noch an die Polizei gebunden und diese arbeitete für Nexors Unternehmen. Wenn er herausfände, dass Nexor die Shadows auslöschen wollte, könnte er wegen seines Wissens in Gefahr geraten.

Neonlight Shadows - AufbruchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt