Neonlight Shadows - Aufbruch

3 | Im Labor von Med-On

„Hi Stone, du bist spät dran!", begrüßte ihn seine Chefin, als Elijah das hochmoderne Polizeirevier betrat. Er hatte nach seiner Rückkehr aus dem Untergrund nur wenig Zeit gehabt, um mit dem Zweirad-Schweber nach Hause zu fahren und sich umzuziehen. Aria hatte an diesem Morgen viele Menschen besucht, und er hatte sie weder hetzen noch allein lassen wollen. Er respektierte und bewunderte seine Cousine dafür, dass sie sich so sehr für die Shadows einsetzte, und wollte mit seiner Präsenz wenigstens ein wenig Unterstützung bieten.

Leider konnte er seiner Chefin Lavender Lionne davon nichts erzählen, denn sein alltäglicher Job war die Sicherheit der Neon, die sich schon seit Monaten immer unwohler fühlten und schon bei den kleinsten Anzeichen von Problemen die Einsatzkräfte der Secs - kurz für Security Agents - anforderten.

„Entschuldige, Chief Lionne. Es kommt nicht wieder vor!", versprach er, ohne groß nach einer Ausrede zu suchen. Sein Chief war aufmerksam und hätte jede seiner Ausflüchte genauestens hinterfragt. Sie anzulügen war fast unmöglich. Nicht umsonst hatte die kluge Frau die Einsatzleitung. Lavender Lionne, mit ihrem kurzen, blonden Haar und den eisblauen Augen, strahlte Autorität und Entschlossenheit aus. Ihr Blick war durchdringend, und ihr ruhiges Auftreten verlieh ihr eine gewisse Gelassenheit selbst in den hektischsten Situationen. Sie war nicht nur eine erfahrene Polizistin, sondern auch eine kluge Strategin, die stets einen klaren Kopf bewahrte, auch wenn die Umstände herausfordernd waren. Ihr Team vertraute ihr blind, und Elijah wusste, dass er sich keinen besseren Vorgesetzten hätte wünschen können.

„Ich nehme dich beim Wort", antwortete Lavender bestimmt und wandte sich dann ihrem Team zu. Sie standen nun in einem der separaten Einsatzräume des Reviers, das mit der modernsten Technologie aus dem Hause Tech-On ausgestattet war. Überall blinkten hochauflösende Bildschirme, die verschiedene Echtzeitdaten und Kartenanwendungen zeigten. Das leise Summen von leistungsstarken Computern erfüllte die Luft, während Drohnen aus den Straßen der Stadt in Echtzeit Videoaufnahmen von verschiedenen Einsatzorten lieferten.

In den Ecken des Raumes standen Konferenztische mit integrierten Hologrammprojektoren, die es ermöglichten, dreidimensionale Modelle von Tatorten oder Verdächtigen zu visualisieren. Die Beamten hatten Zugriff auf hochmoderne Kommunikationsgeräte, die ihnen halfen, in Sekundenschnelle mit anderen Einheiten zu kommunizieren, und Gesichtserkennungstechnologie, die zielsicher potenzielle Verdächtige in einer Datenbank  identifizierte. Es war eine beeindruckende Darstellung der modernen Polizeiarbeit, die Lavender und ihr Team mit Stolz erfüllte. Doch heute war das Team für eine eher untypische Aufgabe angefragt worden.

„Wie ich heute Mittag erfahren habe, gab es in den Laboren von Med-On einen Fall von ‚Mond Fieber'", erklärte der Chief ihrem Team. „Laut dem Sprecher von Med-On wurden ein paar Individuen vorsorglich in Quarantäne geschickt. Der Konzern arbeitet nun unter Hochdruck daran, die neuen Vitamin-Präparate zeitnah fertigzustellen und schnellstmöglich unter die Leute zu bringen. Cassius Dusk hat uns persönlich für eine geheime Sonderaktion angefragt, um die ersten Chargen des Produktes aus den Med-Laboren ins Tech-On Zentrum bringen. Dort soll alles noch einmal geprüft werden, um das bestmögliche Produkt zu erhalten. Herford und Stone, ihr kommt mit mir ins Labor. Krumm und Fox, ihr übernehmt die Sicherung für unseren Weg bis ins Tech-Labor. Noch Fragen?"

Feneas Fox, ein sehr junger, aber ehrgeiziger Kollege von Elijah, räusperte sich kurz, bevor er mit fester Stimme fragte: „Was ist das Mond Fieber? Ich habe noch nie davon gehört."

Der Chief nickte kaum merklich, so als wollte sie sich für die Frage bedanken. „Durch die stark reduzierte Sonnenstrahlung fehlt es uns allen schon lange an Vitamin-D. Ihre tägliche Dosis nehmt ihr hoffentlich alle, und verschleudert sie nicht auf dem Schwarzmarkt!", sagte sie und blickte streng in die Runde. Elijah hatte kurz das Gefühl, dass ihr Blick ein wenig länger auf ihm ruhte als auf seinen Kollegen. Er konnte sich aber auch täuschen.