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„Es ist als hättest du zwei Herzen in deinem Körper, die deine Gefühle explodieren lassen"

<<"Du hast dein Herz verloren!", sagte eine männliche, tiefe Stimme. Verwirrt schaute ich mich um. Wer war das und was wollte er mir damit sagen? "Jetzt musst du deiner Bestimmung nachgehen und sie mit deinem Leben beschützen und behüten", wieder diese sonderbare Stimme. Ich überwindete mein mulmiges Gefühl im Bauch und fragte: "Wer bist du? Und warum erzählst du mir ich hätte mein Herz verloren? Wäre das so, stände ich doch nicht hier? Außerdem, welche Bestimmung und wen soll ich beschützen?" Fragend und verwirrt schaute ich mich in dem Raum um, in dem ich mich befand. Nichts als kahle Wände. Keine Tür. Keine Fenster. Nur ein ungefähr handgroßes an die Wand gemaltes Herz in dem das Wort Heartland stand. Was sollte das schon wieder sein? Es häuften sich Fragen über Fragen. Gerade als ich auch noch diese in die Leere des Raumes fragen wollte, fing die unbekannte Stimme wieder an zu sprechen. "Ach Jack, du wirst mich bald verstehen." Ich wartete darauf, dass die Stimme weiter sprach, aber es kam nichts. Plötzlich hörte ich hinter mir ein Geräusch, das klang wie eine Nebelmaschine. Als ich mich umdrehte, war da tatsächlich Nebel, aber keine Nebelmaschine. Geformt aus grauem Nebel und von einem Herz umrandet stand "Jack und Liv" in der Luft.>>

Ich öffnete meine Augen und setzte mich auf. Es war nur Traum. Ein Traum der sich so eigenartig echt angefühlt hatte. Ein Blick auf meine Uhr zeigte mir, dass ich noch eine viertel Stunde hatte, bevor ich aufstehen musste. Langsam ließ ich mich zurück auf mein Kissen sinken. Meine Gedanken schweiften wieder zurück zu dem Traum? Wer war diese Stimme? Was war das für ein Raum? Doch die Frage die mich am meisten beschäftigte war, wer war Liv?

Eine Stunde später saß ich in der Straßenbahn auf dem Weg zur Schule. Gegenüber von mir saß mein Kumpel Derek. Er hatte blaue Augen, war braun gebrannt und hatte dunkelblonde Haare, die leicht gelockt waren. Zog man an einer seiner Locken, dann war sie ca. 6 cm lang. Wieso ich das so genau wusste? Derek ist einer von den Jungs, den jedes Mädchen gerne hätte und ist deswegen eigentlich nie single. Es gibt eine Sache, die alle seiner bisherigen Freundinnen, und das waren wirklich sehr sehr viele, gemeinsam hatten. Beim Küssen ziehen sie ihm die Locken lang. Ich, der das komplette Gegenteil von Derek war und höchstens mal bei Wahrheit oder Pflicht oder mit ein bisschen zu viel Alkohol im Blut mit einem Mädchen rumgemacht hatte, hatte deswegen mehr als einmal das Glück Derek und seiner momentanen "Süßen" dabei zuzuschauen wie sie sich gegenseitig auffraßen. Und naja, damit ich nicht immer auf ihre Münder schauen muss, habe ich mir angewöhnt lieber auf das langziehen der Locken zu achten. 

Derek und ich sind seit unserer Kindheit befreundet und es war schon immer so, dass er sich vergnügte, ob jetzt mit einem Mädchen oder anders und ich stand daneben und sorgte gegebenenfalls am Ende dafür, dass er sicher in seinem Bett lag. Auf Grund der Tatsache, dass Derek überall als Draufgänger bekannt war und ich eher als der ruhige Junge von nebenan, ich aber trotzdem noch mit ihm befreundet war, kursierte das Gerücht, ich sei schwul und stehe auf Derek. Also ich hab ja echt nichts gegen Schwule, aber mein Typ war Derek jetzt nicht so wirklich. Gerade erzählte mein Kumpel irgendetwas von einer Party am Samstag und fragte mich ob ich mitkommen wollte. Dass der Junge sich aber auch wirklich überhaupt gar nichts merken konnte. Ich erklärte ihm, ich könne nicht, weil ich ja schließlich die ganze Woche über außer sonntags im Café arbeiten würde. Von ihm kam nur ein: "Stimmt ja, sorry Kumpel. Hab's einfach echt vergessen". Angestrengt nicht genervt zu klingen antwortete ich mit "Kein Ding", aber langsam ging mir das echt auf den Keks. Er konnte sich einfach gar nichts mehr merken, seit er regelmäßig kiffte. Wären wir nicht schon so lange befreundet würde ich ihm jetzt wahrscheinlich meine Meinung zum Kiffen pauken, aber was würde das schon bringen? Nichts, so wie immer.

Wir redeten noch ein bisschen über dies und das, bis wir aussteigen mussten. In der Schule trennten sich unsere Wege erstmal. Beide waren wir beliebt an der Schule, aber auf komplett unterschiedliche Weise. Deswegen hatten wir auch unterschiedliche Cliquen mit denen wir so rumgammelten. Meine Clique bestand aus Janine, auch Jane genannt, so wie die aus Tarzan, Lucy, die nannten wir alle Lu, Jason, den wir liebevoll Jay-Z riefen, Remy und mir, Jack. Bis auf Remy und mich hatten alle bei uns einen Spitznamen. Alle zusammen nannten wir uns "Remy Demy" und bildeten die Schulband. Jason war unser Drummer, Janine spielte Keyboard, ich spielte E-Gitarre, Lucy sang zusammen mit Remy, der zusätzlich noch Bass spielte. Mehrmals wollten die anderen mich überreden auch zu singen, aber jedes Mal habe ich mich mit Händen und Füßen gewehrt. Ich wollte das einfach nicht. Ich fand uns super so wie wir waren und da war ich nicht der Einzige. Wir haben schon einige Bandwettbewerbe gewonnen und sorgten auf jeder schulischen Veranstaltung für eine bombastische Stimmung. Gemeinsam begaben wir Fünf uns auf den Weg in die Schule, wo sich unsere Wege trennten, da wir unterschiedliche Kurse hatten. 

Ich hatte zusammen mit Remy Mathe und auf dem Weg ins richtige Klassenzimmer, erkundigte sich mein Bandkollege wie es am Vortag im Café war. Als ich ihm von meiner zerrissenen Hose und dem Mädchen erzählte, das sich über mich lustig gemacht hatte, fing er so laut an zu lachen, dass sich alle im Flur nach uns umdrehten. So kann er's auch gleich auf Facebook posten damit es auch wirklich jeder mitbekommt. Am Ende bekommen wir beim nächsten Auftritt noch ne Boxershort mit Rennautos drauf auf die Bühne geschmissen. Nachdem er sich wieder ein bisschen beruhigt hatte, klopfte er mir auf die Schulter. "Ach Jack, du hast echt ein Talent immer einen super Auftritt hinzulegen. Eins sag ich dir, an dich wird sie sich erinnern."

Wir setzten uns im Klassenzimmer an unsere Plätze. Gerade als mir wieder mein Traum vom Morgen einfiel und ich Remy davon erzählen wollte, kam unsere Mathelehrerin mit einem Mädchen ins Klassenzimmer. Mir fiel die Kinnlade bis auf den Boden und am liebsten wäre ich rausgerannt und hätte mich, so wie es sonst nur Mädchen taten, auf der Toilette versteckt. Vorne neben meiner Mathelehrerin Frau Riesig stand das Mädchen aus dem Café gestern. So etwas konnte doch auch wirklich nur mir passieren. "Oh Mann Jack, wie schaffst du das nur immer?", fragte ich mich selbst in Gedanken. Frau Riesig bat das Mädchen, sich vorzustellen: "Hallo, mein Name ist Liv Moonshine und ich komme aus Deutschland. Ich werde hier in Australien drei Monate zur Schule gehen und bin solange eure Klassenkameradin." Sie hatte einen leichten Akzent und lächelte schüchtern, während die ganze Klasse sie anstarrte. Fast wären mir meine Augen aus dem Kopf gefallen und von der dritten Reihe, in der ich saß, in die Erste vor Livs Füße gerollt. "Ist das wirklich Zufall? Warum träume ich von einer Liv und noch am selben Tag steht eine vor mir?! War damit etwa diese Liv gemeint? Aber wie soll das möglich sein? Das kann doch alles nicht wahr sein! Wahrscheinlich spinn ich oder bin übermüdet oder sonst was." Meine Gedanken wurden von Frau Riesig unterbrochen die sagte: "Wir freuen uns sehr dich hier willkommen zu heißen Liv, setz dich doch bitte neben..." Es gab nur einen Satz den ich denken konnte: nicht neben mich!


Der Junge aus HeartlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt