Jedes Märchen hat einen Anfang.
Jedes gute Märchen, braucht aber auch ein Ende...Mit zügigen Schritten durchmaß Gloria Vandeleur die Gänge ihres Zuhauses. Durch die großen Bogenfenster viel rötlicher Sonnenschein auf ihre hochgewachsene Gestalt. Am Ende des Flures hielt sie vor der geschlossenen Türe einen Moment inne. Lauschte mit leicht schräg gelegtem Kopf, auf Geräusche. Aber aus dem Gemach ihres jüngsten Sohnes drang kein Laut an ihr empfindsames Gehör.
Bis zum heutigen Tage, hatte sie Cassians selbst gewählte Isolation still hin genommen. Drei ganze Monate waren seitdem vorüber gezogen.
Und jetzt war sie gekommen um ihn zurück zu holen. Es war an der Zeit ihn wieder daran zu erinnern, das er als Beta des Rudels Verpflichtungen hatte.Als die Werwölfin ihre Augen durch das halbdunkle Gemach gleiten ließ, drang der süßliche Geruch sofort zu ihr durch. Lediglich an einem der hohen Fenster waren die Vorhänge nicht ganz geschlossen. Der schmale Streifen Licht traf auf eine Vase, mit einem Strauß roter Rosen darin. Gloria rümpfte beim Anblick der Blumen die Nase.
Wie sehr sie Rosen doch zu verabscheuen gelernt hatte.Erst dann trat sie entschlossen an das Fenster heran und zog mit einem Ruck die Vorhänge zurück. Rötlich schimmerndes Licht flutete das Gemach. Auch beim zweiten Fenster wiederholte sie das Prozedere.
Auf dem wuchtigen Schreibtisch, lagen Bücher und allerlei beschriebenes Papier in einem Wilden durcheinander. Durch ein umgestoßenes Tintenfass allerdings, war der Großteil der Dokumente unleserlich geworden. Kleidungsstücke aus feinsten Stoffen, mit aufwendig bestickten Mustern, waren von ihrem Sohn achtlos über einen Sessel geworfen.
Die nun sichtbar gemachte Unordnung ignorierte Gloria für den Moment.„Ich würde es sehr begrüßen, wenn du heute Abend mit uns zusammen speist."
Ihre Worte hingen einen Moment dunkel im Raum. Dann vernahm sie ein leises rascheln. Ihr Sohn setzte sich im Bett auf. Mit einem leisen Stöhnen, schirmte Cassian seine Augen gegen das so unerwartete einfallende Licht ab.
Gloria's Augen ruhten auf dem Antlitz des jungen Mannes. Als sie ihn nun ansah, stahl sich ein trauriger Ausdruck in ihren Blick.
Sie hätte viel früher herkommen müssen!Langsam, als fürchtete sie sonst seine Ablehnung, ging die Frau zum Bett hinüber. Ihr Sohn hatte sich inzwischen an die hölzerne Rückwand gelehnt. Sein braunes Haar stand völlig unordentlich in alle Richtungen ab. Das viel zu locker um seine Schultern fallende Hemd, konnte nicht verbergen, dass er in den letzten Wochen an Gewicht verloren hatte.
Aber das Schlimmste an seinem Anblick waren die Augen. Von dunklen Schatten umrahmt, das blaue Feuer darin war erloschen. Würde vielleicht nie wieder brennen. Als wäre jeglicher Lebensfunke ausgepustet.
In Gedanken verfluchte Gloria zum hundertsten Male, den Tag, an dem die Hexe ihre Füße auf ihr Land gesetzt hatte. Alle waren sie auf die großen dunklen Augen hereingefallen. Und hatten sich so leicht von einem hübschen Gesicht täuschen lassen.
Seit unzähligen Wochen aber, war die Frau verschwunden.
Hatte sich so leise davongestohlen, als wäre sie niemals wirklich da gewesen. Glich eher einem Geist, als einer Person aus Fleisch und Blut.
Ausgerechnet das Herz ihres Sohnes hatte sie mitnehmen müssen.Bei diesen Gedanken erwachte die in ihrem Inneren schwelende Wut erneut. Wie oft schon, hatte sie davon geträumt das Gesicht dieser Frau mit ihren Zähnen zu zerfetzen.
🩶
Das helle Licht stach immer noch schmerzhaft in seine Augen. Zu lange schon hatte er es draußen ausgesperrt. Cassians völlig übermüdeter Geist, war noch darum bemüht die Worte seiner Mutter zu sortieren.
Da spürte er, wie sie sich vorsichtig auf der Bettkante niederließ. Auch den Ausdruck von Schmerz, in ihrem Blick hatte er durchaus wahrgenommen.
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The Tale of Moonlight and Wild Roses
FantasyWie weit würdest du gehen, um jene zu beschützen, die du liebst? Mit jedem neuen Tag vergaß sein Herz mehr. Vergaß, wie ihr Haar mit Rosen geschmückt aussah. Vergaß, wie spielerisch ihre dunklen Augen seinen Blick eingefangen hatten. Erinnerte sic...