Coming in

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Sie saß auf der Couch, den Rücken zum Fenster, die Beine langgestreckt, ihren Schminkkoffer neben sich, und feilte an ihren Fingernägeln. Gleichzeitig las sie in einem ihrer Skripten. Nächste Woche hatte sie Prüfung. Brav, dachte ich, und setzte mich ans andere Ende, ihr gegenüber.

Sie hob ihre Beine ein wenig an, das linke legte sie auf die Couchlehne, der rechte Fuß fand meinen Schritt und wippte ein bisschen auf und ab. Dann klappte sie ihr Skriptum zu und sah mich erwartungsvoll an.

„Ich will dich nicht beim Lernen stören, Liz", sagte ich.

„Tust du nicht", antwortete sie, „ich bin schon durch mit meinem heutigen Pensum".

„Sehr gut", lobte ich, streckte meine Beine zwischen ihren aus und war froh, dass sie endlich auf diese kindischen Slips verzichtete und die Unterwäsche einer erwachsenen Frau trug: weiße Jazzpants oder schwarze Hipster.

Sie zuckte zusammen, als mein Zeh sein Ziel erreichte, zog geräuschvoll die Luft ein und biss sich auf die Unterlippe. Dann legte sie die Nagelfeile weg.

„Lass nur", sagte ich, „kannst gleich bei mir weitermachen!"

„Deine Zehen?"

„Ja bitte. Sei heute mal meine Pedikeurin!"

Sie prüfte mit dem Daumen die Nagelkanten.

„Die sind eh schön glatt"!

„Ich möchte sie aber rot haben"

„Du meinst, ich soll sie dir lackieren?"

„Genau, das!"

„Wow!", hauchte sie und ich hörte ihr Herz auf anderthalb Meter Entfernung klopfen.

„Und welches Rot?", fragte sie und hielt drei Fläschchen hoch. Pink, was gar nicht in Frage kam, knallrot und bordeaux.

„Such du es aus. Aber nicht rosa!"

Sie wählte das knallrote. Dachte ich es mir doch.

Dann hob sie meinen linken Fuß an und leckte blitzschnell über die Sohle. Mein Reflexbogen reagierte sofort und ich zuckte zurück. Sie grinste frech, dann setzte sie meinen Fuß wieder auf ihr Knie, kramte in ihrem Schminkkoffer herum und nahm Pads, Zehenspreizer, Nagellackentferner und Wattestäbchen heraus. Ich fragte mich, ob das jetzt wirklich eine gute Idee von mir gewesen war. Aber ließ sie mal machen.

„Erzählst du mir dabei eine Geschichte?", bat sie und gab mit einem Wattestäbchen Vaseline auf die Nagelbette.

„Was für eine Geschichte?"

„Irgendeine Geschichte. Dein Coming-In zum Beispiel"

„Mein was?"

„Dein Coming-In! Wie du draufgekommen bist, dass du auf Frauen stehst. Oder wie du eine Dom geworden bist."

„Du bist ganz schön abgefeimt, meine Liebe!", bemerkte ich, „erst bringst du mich in diese Lage, in der ich mich nicht mehr wehren kann und dann beginnst du das Verhör?"

„Genau", lachte sie während sie mit den acetonfeuchten Wattepads die Nägel entfettete. Das sah alles sehr professionell aus und ich fragte mich, ob man sowas in englischen Internaten lernt. Oder in den Queergruppen auf der Uni.

Jana und Liz - Teil 4: The Making Of JanaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt