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Ich saß auf dem Beifahrersitz, Doyoung am Steuer. Auch wenn Hyunwoo bettelte, mit ins Gefängnis gehen zu dürfen, wurde er auf dem Revier gelassen. Wir waren schließlich immer noch unterbesetzt. Dies hier war Doyoungs große Mission, nicht die von Hyunwoo oder irgendjemand anderem. Ich war nur hier als Unterstützung.
Ich starrte aus dem Fenster des Autos auf die Häuser, an denen wir vorbeifuhren, die ordentlich an der Straße gereihten Bäume und die Menschen, die einfach ihr Leben lebten und einfach Mensch waren. Leben leben. Was ist leben eigentlich? Lebte ich mein Leben? Mein Leben lang tat ich das, was von mir erwartet wurde. War das das Leben? Wie wäre es wohl, frei zu sein?
Schnell schüttelte ich diese Gedanken von mir ab. Ich war frei. Freier als die Menschen hinter Gittern und freier als deren Opfer je sein könnten. Ich war frei.
Ich richtete meinen Kopf gerade nach vorne, als wir die Sicherheitsschranken des gigantischen Gebäudes passierten. Doyoung parkte sauber ein, und wir verließen den Wagen. Wir liefen geradewegs in die Arme eines etwa Ende vierzigjährigen Mannes, der der Leiter dieser Haftanstalt war, Herr Lee Jungwon. Er ist der Typ Mann, dem ich auf der Straße aus dem Weg gehen würde, da er eher aussieht wie ein Verbrecher, was natürlich aber nur rein oberflächlich betrachtet ist, aber ganz geheuer war er mir wirklich nie.
"Herr Kim Doyoung und Frau Y/N, richtig?",fragte er mit einem breiten grinsen auf dem Gesicht.
"Ja, Sir.",gab Doyoung höflich auf die eigentlich rethorische Frage zurück.
Jungwon ließ uns passieren und führte uns in die Anstalt.
Ja, ich war definitiv frei.
"Ich hörte ihr wollt zu Wong Yukhei. Wie kommt es dazu? Er sitzt schließlich schon seit Jahren" Jungwon setzte einen spöttischen Blick auf, während wir neben ihm herum liefen wie Hunde.
"Uns wurde nicht erlaubt viel darüber zu sprechen, allerdings kann man sagen, dass es einige Verdächtigungen im Bezug auf seine damaligen Aussagen gibt." Meine Tonlage verlieh meinen Worten eine gewisse Trockenheit, weshalb Jungwon mich kurz verwirrt ansah, bevor er sich wieder fasste und uns letztendlich in einen kleinen Raum verfrachtete. Dort stand nichts außer einem kleinen Tisch, um den drei Stühle herum platziert waren. Wir wurden gebeten zu warten, bis die Wachen den Gefangenen zu uns brachten, damit wir mit unserer Befragung beginnen konnten.
"Irgendwie fühlt sich es gut an hier zu sein.",brach Doyoung irgendwann die Stille.
"Wie meinst du das?"
"Naja es fühlt sich einfach sicher an. Diejenigen, die es verdient haben, sind hier. Bei all diesen Leuten hier haben wir nicht versagt." Er lehnte sich entspannt zurück, während ich alles mit gemischten Gefühlen betrachtete. Ja, bei den meisten dieser Leute hatten wir nicht versagt, aber einige von ihnen haben daraus sicherlich nichts gelernt. Und sicherlich sitzen auch einige aus Unschuld hier, vielleicht sogar Yukhei.
Ich schob das Thema bei Seite. "Hast du die ganzen Fragen parat?"
Doyoung setzte ein komisches Lächeln auf während er auf den Zettel in seiner Hand zeigte. Das wäre das erste Mal, dass er etwas ganz alleine durchziehen konnte. Das war seine Mission.
Bald darauf hörte man einen Schlüssel im Schloss drehen und die Tür wurde geöffnet. Zwei breit gebaute Wachmänner führten den nun etwas abgemagerten Yukhei in den Raum. Sie ketteten ihn an seinen Stuhl und verließen dann das Zimmer. Sie versicherten uns jedoch, dass sie direkt vor der Tür stehen bleiben würden, falls es zu Komplikationen kommen sollte. Yukhei schien jedoch keinerlei Anzeichen von Unruhe zu zeigen, als er uns fragend ansah. Seine Haare waren länger geworden, und er wirkte blasser als zuvor.
"Wissen Sie warum Sie hier sind?",fragte ich letztendlich obwohl ich die Antwort schon wusste. Nein. Natürlich wusste er es nicht.
Unsicher kam die Antwort:"Nein nicht wirklich."
"Wir sind hier, um Ihnen einige Fragen über Ihre damaligen Aussagen zu stellen, Herr Wong.",brachte Doyoung hoch professionell heraus. "Würden Sie uns erneut nochmal alles aus Ihrer Sicht schildern?"
Yukhei war sehr verwirrt. Man konnte es ihm nicht verübeln. Es fühlte sich an, als würden wir noch einmal zwei Jahre zurückversetzt werden. Ich kannte seine Antworten. Während er sprach, fühlte es sich an, als würde er die alte Platte wieder herauskramen und erneut abspielen.
Nach einer Weile, in der er seine gesamte Geschichte seit Langem wiederholte, machte ich mir Notizen. Das war der einzige Grund für meine Anwesenheit. Ich schrieb auf dem gelblichen Papier nieder, dass keine Veränderungen bezüglich seiner Aussage aufgetreten waren.
"Ihr Bruder, wer ist das genau und wo ist diese Organisation von der sie sprachen?",fragte Doyoung sanft aber neugierig.
"Mein Bruder hat sie gegründet. Er nennt die Mitglieder Black Lions, weswegen alle Mitglieder irgendwo ein Löwentattoo haben. Alles läuft nach seinem Kommando. Er zieht die Fäden.",der junge Mann vor uns pausierte kurz und atmete einmal tief durch. "Es hört sich so unglaubwürdig an, aber es gibt keinen Ort, den man benennen kann, um die Organisation zu finden. Ich weiß allerdings noch den Weg dorthin. Es klingt so falsch, ich weiß, aber glauben Sie mir." Yukhei hat sichtlich schon damit abgeschlossen, dass ihm irgendjemand helfen würde aber so war es nicht.
"Wie viele sind es bei diesen 'Black Lions'?"
"Damals waren es schon so einige tausende. Es gibt verschiedene Abteilungen, jeder spezialisiert sich auf ein Fachgebiet und das kämpfen."
Ich schrieb alle seine Worte mit.
"Warum waren Sie dann damals immer alleine?",hakte Doyoung nach.
"Weil man riskieren konnte mich zu verlieren.",Yukhei wackelte mit seinen Beinen auf und ab während er seine Worte fast flüsterte. "Ich hatte vorher geäußert, dass ich das alles nicht gut finde und aufhören will. Dann drohte er mir mit dem Tod und ließ mich immer öfter ins offene Messer laufen." Er sprach die Wahrheit. Man sah es in seinen Augen, die gerade wieder genau so glasig wurden wie damals im Wagen. Es ist die Wahrheit. "Wenn ich jetzt wieder zurück gehen würde, würde er wahrscheinlich Sachen sagen wie: jetzt bist du aufgewacht, jetzt weißt du wieder wo du hingehörst und so..."
Während Yukhei da saß wie ein Tröpfchen elend und trotz allem immernoch keine Hoffnung mehr auf Hilfe hatte, tat sich bei Doyoung irgendwas sobald er den letzten Satz von dem Gefangenen hörte. Ich blickte von meinen Notizen auf. Mein Kollege neben mir wirkte als hätte er einen Plan.

Die nächsten Fragen drehten sich um die Explosionen, was sie dafür verwenden würden, verschiedene Techniken und mehr. Ehe wir uns versahen, saßen wir wieder im Auto. Diesmal war ich am Steuer, während Doyoung angestrengt auf meine Notizen blickte. Die ganze Fahrt über waren wir ruhig. Kein Ton. Nichts. Ich wollte wirklich mehr über seine Gedankengänge wissen, wusste aber, dass ich alles spätestens im Büro erfahren würde. Dort angekommen war jedoch das Gegenteil der Fall. Das einzige, was Doyoung von sich gab, war: "Wir brauchen eine Versammlung."

Zweieinhalb Stunden später saß ich zusammen mit meiner gesamten Abteilung und höheren Abgeordneten an einem Tisch. Zuerst wiederholte Doyoung alles, was wir heute gehört hatten, bis ins kleinste Detail. "Es wirkte alles sehr glaubwürdig.",warf ich zwischendurch mal nebenbei ein, ließ sonst aber alles Doyoung vortragen. Er wirkte als wäre er komplett in seinem Element.
"Bevor die Frage kommt, ich habe bereits eine Idee, wie wir an die Organisation kommen könnten. Allerdings bin ich mir nicht ganz sicher, ob dieser Weg für alle Beteiligten in Ordnung ist."
Alle starrten gespannt auf den jungen zierlichen Mann, sobald er diese Worte aussprach. Keiner traute sich zu atmen. Ich wusste er hatte einen Plan. Ich war mir sicher er war etwas großem auf der Spur.
Nervös fuhr Doyoung fort:"Nun ja also, ich hab mir überlegt eventuell Yukhei frei zu lassen. Aber lassen Sie mich zuerst aussprechen" Er räusperte sich ein paar Mal, nachdem er den ganzen Raum kurzzeitig mit seinen Worten erschüttert hatte. Alle hingen an seinen Lippen. Alle Anwesenden wussten Bescheid darüber, welche Auswirkungen es auf Dauer haben könnte, eine solch kriminelle Gruppe weiterhin im Umlauf zu haben. Es gab keine Beweise. Nichts. Das bannte uns noch mehr an Doyoungs Worte.
"Wong meinte zu Y/N und mir, dass er noch wüsste, wo diese Organisation ist. Wenn wir uns eine glaubwürdige Geschichte ausdenken würden, könnten wir eine Frau als seine Freundin ausgeben und sie einschleusen. Natürlich sollten wir sie mit passender Ausrüstung ausstatten, falls etwas schief läuft.", er pausierte.
Hyunwoo ergriff das Wort:"Und die einzige Frau die sich tief mit dem Fall beschäftigt hat ist Y/N. Darauf wolltest du doch hinaus oder?"
Ich schauderte während die anderen über meinen Kopf hinweg redeten. Ich sollte diese Mission übernehmen? Es war überaus gefährlich aber andererseits hatte ich nichts zu verlieren. Ich war in der Tat die einzige Frau die in Frage kam.
Hyunwoos Worte rüttelten mich wieder wach. "Du bist die einzige Frau hier. Es ist deine Entscheidung."
Mein Blick glitt über dem gesamten Tisch. Ich sah die alltäglichen Gesichter vor mir. Bin ich mehr? Wollte ich mehr? Ja? War ich wirklich dafür geeignet? Wenn nicht ich wer dann aber...?
Selbstbewusst stand ich von meinem Stuhl auf. Alles war still. Totenstill. Niemand bewegte sich. Alle Blicke lagen erwartungsvoll auf mir.
"Ich nehme den Job"

Policeman //LucasxReader\\Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt