1. ~Felicity~

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Hektisch bahnte ich mir einen Weg durch die Menschenmenge. Immer wieder warf ich einen Blick über meine Schulter und sah die dunkelhaarige Gestalt näher kommen. Er darf mir nicht näher kommen, dachte ich mir und lief immer schneller. Die Gesichter der Menschen um mich herum verschwammen immer mehr zu einer Masse. Ich spürte meinen Puls in meinem Hals und meine Seite fing an zu stechen. "Aus dem Weg!", schrie ich immer wieder und die Menschen schreckten auseinander. Wieder lugte ich nach hinten, doch die Gestalt war weg! Mein Ziel klar vor Augen rannte ich weiter und kam keine zehn Sekunden später bei meinem Spind an.

"Oh mein Gott, Emily! Kannst du nicht näher am Schuleingang auf mich warten?", keuchte ich und hielt mir meine Seite. "Wieso? Unser Spind ist genau hier und wir treffen uns jeden Tag an der exakt gleichen Stelle", fragte sie nach und sah mich nicht einmal an. "Ist ja egal! Bring ein bisschen Abwechslung in dein Leben, aber noch wichtiger ist, dass ich gerade meine Wette gewonnen habe!", jubelte ich und sprang auf und ab. "Mein Leben noch interessanter gestalten? Ich habe eine beste Freundin, die jeden Moment in Ohnmacht fallen könnte, noch interessanter geht's nicht! Aber noch viel wichtiger, welche Wette?", fragte sie nun doch erstaunt. "Stiles hat mit mir im Wagen gewettet, dass er es schneller zu Scott schafft, als ich zu dir. Naja, Scott ist dort hinten und Stiles sehe ich nirgends, also gewonenn", erklärte ich ihr und beugte mich leicht nach vorne um meine Atmung zu regulieren. "Aber das Laufen überlasse ich trotz allem dir. Meine Sporteinheit für heute ist geschafft", murmle ich und packe meine Hefte aus meinem Spind. Emily lacht nur leise neben mir. Als ich Stiles sehe, halte ich ihm die Zunge hinaus. "Ich war schneller als du, heute darfst du abwaschen", rufe ich noch und stürme Emily hinterher, die schon auf dem Weg ins Klassenzimmer ist.

Der restliche Tag verlief so langweilig wie immer. Nach der Schule trennte ich mich von Emily und machte mich auf den Weg zu Stiles' Jeep. Dieser wartete schon vor seinen Jeep und schien es richtig eilig zu haben.
"Alles in Ordnung?", fragte ich als ich einstieg. "Mir würde es besser gehen, wenn du dich ein bisschen mehr beeilen würdest", nuschelte er und rutschte unruhig auf seinem Platz hin und her. "Was ist denn?", hakte ich nach als Stiles mit einem illegalen Tempo vom Parkplatz raste. "Nichts ist!", antwortete er angespannt und schwieg. Ich beschloss nicht weiter nach zu haken und schwieg ebenfalls.

Die Tage vergingen und mein Vater, der Sherriff der Stadt, wurde immer unruhiger. Die Spuren der Todesopfer in den letzten Tagen verliefen alle im Sand. Stiles und ich versuchten so wenig wie möglich in Kontakt mit ihm zu kommen und ihn über seinen Fall brüten lassen, obwohl dies nicht sehr schwer war, weil Stiles nicht oft zuhause war. Ich machte mir schon Sorgen um ihn, als er eines Tages völlig klitschnass nach Hause kam. Entgeistert sah ich ihn von der Küche aus an, als er durch den Flur sich in sein Zimmer schleichen wollte. Da Stiles's Mutter schon früh gestorben war, übernahm meistens ich die Schimpftiraden wenn es um die Sauberkeit des Hauses ging, also setzte ich schon an, ihm fluchend hinterher zu rennen. Doch als ich in sein Zimmer kam, stockte ich. Einerseits, weil Stiles hier nicht war, sondern vermutlich im Badezimmer und andererseits bei dem was ich in seinem Zimmer fand.

Seine Wände waren vollbepflastert mit Bildern, Zetteln und alles wurde durch rote Schnüre verbunden. Jedes einzelne Bild hängte mit jedem einzelnen Zettel irgendwie zusammen. Es musste Ewigkeiten gedauert haben, diese Zusammenhänge zu finden und zu dokumentieren. An was Stiles auch arbeitete, beschäftigte ihn maßlos. Bedacht nichts zu zerstören trat ich näher. Die Bilder waren von seinen Freunden, einige davon kannte ich, andere nicht. Sie gingen alle in die High School, bis auf zwei welche ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte.

Plötzlich hörte ich ein Räuspern hinter mir und ich zuckte zusammen. Langsam drehte ich mich um und sah, wie erwartet, Stiles in der Tür stehen. "Normalerweise hätte ich dir jetzt einen Vortrag gehalten übers anklopfen, aber du hast wahrscheinlich sogar angeklopft, nur nicht gewartet bis ich 'Ja' sage", seufzt er und stellt sich neben mich. "Muss ich mir Sorgen machen?", frage ich nur und drehe mich wieder zur Wand. "Du meinst ob es echt ist oder ob ich halluziniere wie meine Mutter?", fragt er und sieht mich an. Ich nicke. "Nein, es ist echt. Alles. Jede einzelne Notiz."

Ich weiß nicht, ob ich erleichtert oder noch mehr verzweifelt sein soll. Auf der Wand stehen Dinge wie, Banshee, Werwolf, Kanima und ich weiß nicht einmal, was das alles ist.

"Stiles! In was zur Hölle bist du da reingeraten?", frage ich als ich mir die Wand noch genauer ansehe und bemerke, dass jeder einzelne Mord- und Suizidfall auf der Wand aufgezeichnet ist. Der Mechaniker und die beiden Camper sind die neuesten. Von ihnen führt eine Spur zu einem Bild von Scott. "Wie hängt das alles mit Scott zusammen?" "Durch eine rote Schnur, siehst du doch", antwortet Stiles und ich rolle mit den Augen. "Das ist die einzige Verbindung, die ich sehe, Stiles, danke für den Hinweis!" "Wie das alles sonst zusammenhängt weiß ich selbst noch nicht", murmelt er und befestigt eine Nadel an seiner Wand neu. "Was hast du gerade gemacht?", frage ich interessiert und lasse mich auf seinen Schreibtischstuhl fallen. "Lydia von der Verdächtigen Liste des Kanimas gestrichen", antwortet er. "Lydia Martin? Die Lydia Martin auf die du seit der dritten stehst?", rufe ich entgeistert und setze mich gerader auf. »Ja, die Lydia Martin! Ist aber nicht so wichtig sie hängt ein bisschen zu sehr an ihrem Ex", seufzt Stiles erneut.

"Ist das nicht Jackson Whittemore? Der Team Captain vom Lacrosse Team?", hake ich nach. "Co-Kapitän! Aber ja", korrigiert mich Stiles und sieht nachdenklich auf seine Wand. "Aber, was du vorhin gesagt hast, was zum Teufel ist ein Kanim? Oder meintest du Kamin?"
"Ein Kanima. Eine Gestalt die gebissen wurde, sich nur aus einer Blockade aus der Kindheit nicht in einen Werwolf verwandeln kann und somit als so eine Art Eidechse gefangen ist", erklärt er mir. "Er sucht einen Meister und bestraft sozusagen schlechte Menschen."

Verwirrtheit beschreibt nicht einmal annähernd meinen Geisteszustand in diesem Moment. Ich glaube, mein Gesicht sprach Bände, denn Stiles sah mich an und versuchte sofort die Situation zu erklären.

"Dieses ganze Drama fing an, als Scott von einem Werwolf gebissen wurde, in der Nacht in der wir nach der Leiche im Wald suchten. Dann hatten wir das Drama mit dem Alpha, der jetzt übrigens tot ist und jetzt rennt in Beacon Hills ein Kanima mit einem Freund herum und wir wissen, dass es Jackson ist, aber er hat einen Meister und den finden wir zurzeit nicht", sprudelt es aus Stiles heraus. "Und wie könnte man ihn fangen?", frage ich mit der Intention Stiles zu helfen. "Moment, du glaubst mir? Einfach so?", verwirrt sieht er mich an. "Wieso solltest du dir so etwas ausdenken? Ich weiß in deinem ADHS-Hirn gehen so manche komische Sachen ab, aber dir das auszudenken wäre selbst für dich ziemlich krass." "Na gut. Also die Liste ist hier, hier sind die Verbindungen und das hier sind die Tatorte und die gesamten Opfer", fängt mein Adoptivbruder an mir seine Wand zu erklären.

"Stiles! Beweg deinen Arsch aus deinem Zimmer, du kommst zu spät! Und Feli, du kannst dich ihm gerne anschließen", höre ich die Stimme meines Adoptivvaters durch das Haus schallen. Verwundert schaue ich auf und reibe mir meinen steifen Nacken. "Haben wir wirklich auf dem Boden in deinem Zimmer geschlafen?", ich drehe mich um und sehe Stiles in seinem Bett liegen. "Nein, nur du", gähnt er und setzt sich auf. "Na toll, mir tut alles weh. Und dem Kanima sind wir auch nicht näher gekommen.", seufze ich und mache mich auf den Weg in mein Zimmer um mich anzuziehen.

Im Auto erklärte Stiles mir noch, wem ich etwas erzählen durfte und wem nicht und wer alles eingeweiht war. Es waren insgesamt doch recht viele.

"Emily, du glaubst nicht was ich neues erfahren habe", erzählte ich ihr sofort als ich beim Spind angekommen war. Fragend sah sie mich an und ich erzählte ihr jedes einzelne Detail. "Spannend. Die müssen wir im Auge behalten, aber ich mische mich sicherlich nicht ein", sagt sie noch und ist schon wieder auf dem Weg in die Klasse. "Wie du meinst", seufze ich und gehe ihr nach.

The werewolf and the whispererWo Geschichten leben. Entdecke jetzt