Chapter 5

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Jisung pov:
Am Abend kam meine mum vorbei, da wir zusammen essen wollten. Ehrlich gesagt hab ich zuerst gedacht, ich hätte mich verhört, als mein Vater das Treffen angekündigt hat. Seit ihrer Trennung vor 5 Jahren konnten sie einander absolut nicht mehr ausstehen.

Es war, als wären sie nie verheiratet gewesen, sondern einfach Bekannte, die sich bei nichts einig waren. Doch vielleicht würde der Abend ja ganz gut werden, schließlich sah ich meine Mutter nicht mehr oft seit sie ausgezogen ist.

Da mein Vater ein ziemlicher Sexist war und sich weigerte, sich an den Herd zu stellen, kümmerten entweder ich oder der Koch uns um das Essen, oder wir nutzten den Lieferdienst. Wie meine Mutter es so lange mit ihm aushalten konnte, war mir wirklich ein Rätsel.

Jedenfalls hab ich mich auch heute um das Essen gekümmert und weil meine Mutter kam, gab ich mir besonders große Mühe. Ich wollte ihr zeigen, dass ich immer aufgepasst hab, wenn sie mir ihre Rezepte beibrachte.

Schließlich saßen wir am Tisch und unterhielten uns bis jetzt ganz normal. Wie eine gewöhnliche Familie eben. Doch ich wusste genau, dass es nicht lange anhalten würde und zählte fast schon die Sekunden, bis mein Vater einen unangebrachten Kommentar von sich gab, der einen Streit auslösen würde.

"Jisung, du kommst morgen wieder mit. Bis du auch zur Polizei kannst, musst du noch viel lernen, damit du die Aufnahme dann auch schaffst." Mein Vater sah mich abwartend an, als wollte er, dass ich vor Freude einen Luftsprung machte. Er wollte unbedingt, dass ich auch Polizist werde und in seine Fußstapfen trete. Eigentlich will ich das gar nicht, ich würde lieber studieren und was mit Literatur oder Musik machen aber das interessierte ihn nicht.

Ich nickte knapp und blickte lustlos auf meinen Teller. Meine Mutter bemerkte sofort, dass ich nicht so Lust darauf hatte und wie ich sie kannte, musste sie natürlich eine Diskussion mit meinem Vater anfangen.

Klar wusste ich es zu schätzen, dass sie mich unterstützen wollte aber sie konnte manchmal nicht einschätzen, wann es besser ist, sich nicht mit Vater anzulegen. Wahrscheinlich haben sie sich auch deshalb scheiden lassen, sie stritten einfach zu oft.

"Das ist doch egal, er wird zur Polizei gehen und mich stolz machen." Die aufgebrachte Stimmte meines Vaters riss mich aus den Gedanken. Da war es wieder, ihn stolz machen. Was ich wollte, war ihm völlig egal.

Er wollte lediglich bei seinen Kollegen und Vorgesetzten damit angeben, dass er mein Vorbild war und ich so werden wollte wie er, obwohl das nicht mal ansatzweise der Wahrheit entsprach. Mein Vater war kein Held für mich. Schon früher hat er nur an sich gedacht und nie Rücksicht auf uns genommen. Doch das konnte ich ihm nicht sagen, ohne dass er ausrastet.

Meine Mutter stand ruckartig auf und ließ das Besteck auf den Tisch fallen, sodass das Klirren beinahe im ganzen Raum widerhallt. "Mit dir kann man wirklich nicht reden. Hast du dich mal gefragt, ob Jisung überhaupt mit dir kommen will?" Herausfordernd starrten meine Eltern sich an. Ich ließ ebenfalls meine Hände sinken und wollte mich am liebsten verkriechen, weil ich genau wusste, worauf das hinauslaufen würde. Denn so fing es immer an. Mit einer kleinen Meinungsverschiedenheit.

Dann eskalierte die Situation meistens bis meine Eltern sich an brüllten und ich nichts mehr zu sagen hatte oder sie mich nicht zu Wort kommen lassen. Normalerweise ging ich dann meistens in mein Zimmer und wartete ab, bis mein dad meine mum schlussendlich vertrieb, oder wir nachhause gingen. Meistens trafen wir uns allerdings bei uns, da mein Vater sich weigerte, das Haus meiner Mutter zu betreten.

Inzwischen stritten meine Eltern wieder heftig, denn mein Vater war nicht der Meinung, dass ich meinen eigenen Weg gehen sollte, sondern unbedingt so werden soll wie er. Meiner Mutter passte das überhaupt nicht, sie hat schon immer an mich geglaubt und wollte, dass ich glücklich bin. Aus diesem Grund mochte ich sie auch lieber als meinen Vater. Vor allem aber auch, weil man mit ihr vernünftig reden konnte und sie mir aufmerksam zuhört.

Eine Tür öffnete sich und zwei unserer Bediensteten traten ein, um den Tisch ab zu räumen. Mit einer Sache hat Lee Know wirklich recht gehabt, wir sind reich. Mein Vater verdient ziemlich gut in seinem Job und da meine Mutter Anwältin ist, mangelte es uns nie an irgendwas. Noch nie hab ich als Kind auf irgendwas verzichten müssen. Und weil ich keine Geschwister hab, hatte ich das ganze Geld immer für mich selbst und musste mit niemandem teilen.

Manche würden jetzt denken, dass ich eins dieser verzogenen rich kids war, die sich für was besseres hielten und keine Relation zu Geld haben. Tatsächlich glauben das die meisten, wenn sie mich zum ersten Mal sehen oder mich nicht kennen, aber über meine Familie bescheid wissen.

Mit dieser Annahme lagen sie aber immer falsch. Ich musste zwar nie auf etwas verzichten aber ich gab das Geld meiner Eltern nicht einfach so aus wie ich Lust drauf hatte. Außerdem bekam ich jeden Monat Taschengeld, das ich ausschließlich dafür benutzte, mir Dinge zu kaufen. Auf das Geld meiner Eltern wollte ich keinen Zugriff haben, da mir mein Geld ausreichte und ich sie nicht ausnutzen wollte. Ich wollte nicht das sein, was alle in mir sahen.

Außerdem hab ich einen Nebenjob im Cafe meiner Tante, was meinem Vater natürlich gar nicht passt. Er war der Meinung, dass ich nicht zum 'Arbeiter-Volk' gehören soll und das unter meiner Würde war, solange ich mir nichts vernünftiges aufgebaut hab. Meine Mutter fand es gut, dass ich selbst für mich verantwortlich sein wollte und mit Geld umgehen konnte.

Beide besaßen ein riesiges Haus und einige Anwesen in der Stadt. Ein paar Mitarbeiter haben wir, vor allem mein Vater ließ Leute gern für sich schuften. Bei ihm wuselte es von Haushaltshelfern, Putzkräften, Köchen und mehr. Er hat sogar einen Chauffeur. Meine Mutter dagegen hat nur eine junge Frau eingestellt, die ihr hin und wieder bei ein paar Sachen zur Hand ging.
Sie war um einiges bodenständiger als mein Dad.

Ich suchte Blickkontakt mit Herr Jung, unserem Küchenchef, der gerade dabei war, die Teller zu stapeln, um sie in die Küche zu bringen. Ich mochte ihn, er und ich kamen schon immer gut miteinander klar. Als ich ein Kind war hat er oft mit mir gespielt und er brachte mir zusätzlich das Kochen bei. Er war ein älterer Mann, der schon ein paar graue Haare hatte und schon sehr lange für meinen Vater arbeitete.

Er erwiederte meinen Blick, dieser spiegelte meinen eigenen wieder. Wir beide fühlten uns unwohl mit dem Streit meiner Eltern und ich sah ihm an, dass er mich am liebsten mit nach draußen nehmen würde. Doch er wusste genau, dass mein Vater das nicht begrüßen würde. Er mochte es nicht, dass ich mich gut mit seinen, wie er es nannte, 'Untergebenen' verstanden.

Früher haben mich Herr Jung und die anderen immer aus solchen Situationen gerettet aber da ich jetzt älter war, sollte ich sowas aushalten können. Das hat mein Vater zumindest mal gesagt. Herr Jung und Frau Cho beeilten sich, das Esszimmer so schnell wie möglich wieder zu verlassen, weil der Streit sich immer weiter nach oben schaukelte. "Das reicht, verlass mein Haus, du blöde Kuh!" Schrie mein Vater, während er seine Faust auf den Tisch knallte.

Meine Mutter ließ sich das nicht zweimal sagen, schnaubte verächtlich und ging schnellen Schrittes zur Haustür. Unser Haus war sehr offen gebaut, sodass es im unteren Stock fast keine geschlossenen Räume gab. Sie warf mir noch einen entschuldigenden Blick zu, ehe sie die Tür hinter sich ins Schloss fallen ließ. Ich wusste, dass sie mich gern mitgenommen hätte aber sie wusste, dass meinem Vater das gar nicht gefallen würde.

Da sie wegen ihres Jobs kaum zuhause war, lebte ich hauptsächlich bei meinem Vater. Ich durfte zwar auch bei ihr sein aber wenn sie nicht da war, fühlte ich mich in dem großen Haus schnell allein. Da ich kein Partymensch war und ihr Haus nicht verunstalten wollte, lud ich auch fast nie jemanden ein. Mein Freundeskreis war klein aber das war mir recht. Lieber wenige, enge Freunde als viele, an die man sich nicht immer wenden kann.

Zusätzlich bestand mein Vater darauf, dass ich bei ihm wohnte und da er seit der Trennung mehr verdient als meine Mutter, wollte ich mich ihr nicht aufdrängen. Wutentbrannt verließ mein Vater das Zimmer und ließ mich allein zurück. Enttäuscht seufzte ich. Ich wusste, dass es wieder so enden würde, was hab ich denn erwartet?

Limitless (minsung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt