04 | Wider den Erwartungen

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 • Umgebung von Exeter, März 1971 •

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 • Umgebung von Exeter, März 1971

East Devon war deutlich wärmer als Nordschottland. Das fiel Minerva nach ihrer Apparation direkt auf. Das Zweite waren die Narzissen, die mutig zu ihren Füßen die Köpfe aus der harten Erde streckten. Der Frühling kam in großen Schritten näher und mit ihm die neue Quidditchsaison.
Normalerweise hätte sie heute im Stadion auf den Rängen gesessen, um das Training ihrer Hausmannschaft zu unterstützen. Aber was war in diesem Jahr schon normal? Dass sie am Mittwochmittag in Gestalt einer rothaarigen Frau auf einem Feld unweit von Exeter mitten in Südengland landete jedenfalls nicht.

Unruhig nestelte sie die obersten Knöpfe ihres schlichten Umhangs auf, der für das Wetter viel zu dick war, da ploppte es auch schon hinter ihr. Eine zweite Person tauchte aus dem Nichts auf, genau wie sie ganz in Schwarz gewandt. Sie erkannte das glatte Gesicht des Mannes nicht wieder – dafür aber sehr wohl das Lächeln, bei dem der rechte Mundwinkel stets ein Stück höher wanderte als der linke.
»Zehn Mal«, sagte er, bevor sie den Mund auch nur geöffnet hatte.

Selbst ohne Zutun des Frühlingswindes erwärmten sich ihre Wangen genauso wie ihr Herz. Sie lächelte ebenfalls. »Und meine Frage? Ich will die Verwandlung nicht ruinieren und zur Katze werden. Es hat lang genug gedauert, die Sommersprossen glaubwürdig hinzubekommen.«
Elphinstone legte den Kopf – heute mit hellbraunem Haar darauf – schief. »Du kannst mir sagen, wo ich es zum elften Mal versuchen darf.«

»Denk nicht mal dran.« Schnaubend wandte sie ihm den Rücken zu und sah über die seichten Hügel in die Ferne. Dann fügte sie leiser an: »Madam Puddifoots Café. Der Tisch ganz links, am Fenster. Immer derselbe seit 1959. Wenn –«
»– es so weit ist.« Mit einem sanften Glucksen schob Elphinstone seinen Arm unter ihren. »Ich weiß.«
Heute war er ein Stück größer als sie, da sie nicht nur ihre Gesichtszüge, sondern gleich ihren ganzen Körper für diese verdeckte Mission angepasst hatte. Ein Vorteil für ihn, denn so konnte er ihr mühelos einen Kuss auf den Haaransatz drücken. Sie erschauderte.

Um sich von dem Ziehen in ihrem Magen abzulenken, besah sie sich sein verzaubertes Gesicht im Detail. Rasch kam sie zu dem Schluss, dass er ihr mit allen Spuren seines wahren Alters und den volleren Wangen deutlich besser gefiel als diese Erscheinung eines konventionellen Schönlings. Was sie auch sogleich aussprach. Dass sich Elphinstones Ohrenspitzen trotz seiner Verwandlung noch auf ihre übliche Art röteten, versöhnte sie zumindest etwas mit seiner gewählten Gestalt. So sehr sie ihre Lieblingsmagie auch schätzte, so ungern beobachtete sie deren Veränderungen an bekannten Menschen. Sie liebte Elphinstone nicht umsonst für all seine Eigenheiten – umso beruhigender war es daher, die vertrauten Details seiner Mimik wiederzufinden.

»Du weißt, wohin wir müssen?«, fragte sie, wohlwissend, dass ein richtiger Kuss nicht passieren würde, solange sie beide ein fremdes Gesicht trugen. Egal, wie sehr sie es sich herbeisehnte. Das brachte sie einfach nicht über sich.
Elphinstone nickte. »Es ist nicht weit. Nur ein Stück ...« – er legte seinen Zauberstab auf die Handfläche und murmelte einen Vier-Punkte-Zauber – »... dorthin.«
»Dann komm.«
Beieinander untergehakt setzten sie sich in Bewegung. Minerva hatte erwartet, dass sie nervös sein würde – beim Frühstück in der Großen Halle hatte sie Pomona damit vertrösten müssen, dass sie wirklich nur einen gebutterten Toast runterbrachte. Und zwar nicht wegen des baldigen Wiedersehens mit Elphinstone. Doch nun, da ihrer beider Ermittlung tatsächlich weiterging, war das Gedankenkarussell abrupt verstummt.

Aschenstaub | Minerva McGonagallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt