01 | Grau in grau

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• Nahe Lake Windermere, Februar 1971 •

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Nahe Lake Windermere, Februar 1971

»Schnell jetzt – und leise!«
Die Worte waren kaum mehr als ein Zischen. Ein Mensch hätte sie leicht mit dem Rauschen des Windes verwechseln können. Doch für das ausgezeichnete Gehör einer Katze waren sie bestens zu verstehen.
»Und du bist dir sicher?«
»Wenn ich es doch sage!«
Zwei Männer. Dem Apparierknall vor wenigen Sekunden zufolge Zauberer. Die erste Stimme reif genug für einen vom Leben enttäuschten Vierzigjährigen mit Raucherproblem, die andere deutlich jünger – und dennoch beide mit einem ähnlich schneidenden Ton ausgestattet.

»Revelio!«, fauchte es zusammen mit der nächsten Böe durch die Nacht.
Gespannt hielt alles die Luft an. Sonst geschah nichts. Der Himmel blieb dunkel, das Säuseln des Windes im Gras das einzige andere Geräusch. Der ältere Zauberer brummte jedoch, scheinbar zufrieden.
»Habe ich es nicht gesagt? Wir sind hier richtig.«
Sein Partner schnaubte. Dann knirschte Kies unter schweren Stiefeln. Schnelle Schritte näherten sich, begleitet von Umhangrascheln. Noch bevor die Unbekannten in Sicht kamen, roch man sie allerdings. Vorausgesetzt, die eigene Nase war ebenso fein wie jene der Katze, welche im Schutz einer Lorbeerhecke die Ankunft überwachte. Zumindest für ihr Empfinden stanken die beiden Männer nach gewaltiger, wenngleich verbrauchter Magie. Ein bisschen so, als hätten sie eben an einen Elektrozaun gefasst und erst viel zu spät losgelassen.

Vielleicht hatten sie vor Kurzem noch gegen Auroren gekämpft?
Das wäre zumindest eine Erklärung für ihre unregelmäßig, ja geradezu erregt pulsierenden Auren. Die schützenden Magiemembranen, unsichtbar für menschliche Augen, glühten in Katzensicht eine orange, die andere schlammig-grün. Beschienen von diesem Licht erkannte man auch die Neuankömmlinge selber, welche von weiter unten des Weges kamen. Beide waren maskiert und in dunkle Roben mit silbernen Schließen gehüllt. Aurenfarben mochten unerklärlich sein, aber dieser Aufzug war es nicht, genauso wenig wie die Löcher in den bunten Membranen. Letztes schuf nur der häufige Gebrauch schwärzester Magie. Flüche, die Leben raubten oder Seelen quälten.
Der jüngsten Erfahrung nach fing dieser Prozess damit an, dass die Ränder einer Aura langsam ins Nichts zerfaserten. Dann legten sich erste graue Schleier über die einst so kräftige Farbe. Bis sie offenbar ganz zerriss und die Schwärze der Nacht durchschien, so wie bei diesen Männern – Todessern.

Unwillkürlich drückte sich die Katze tiefer gegen die Erde, in deren Kälte die Erinnerung an den gerade erst überwundenen Winter lauerte. Weder Ohr noch Schwanzspitze zuckten. Nicht mal ein Schnurrhaar regte sich.
»Bist du dir wirklich sicher, dass es hier ist?«, zischte der jüngere Zauberer in diesem Moment. »Da vorne ist nämlich eine beschissene Kirche!«
»Was hast du an ‚leise' eigentlich nicht verstanden?« Selber alles andere als still, wirbelte der zweite Mann auf dem Kiesweg herum. Sein Umhang bauschte sich im Wind auf und raubte beinahe die Sicht auf den gezogenen Zauberstab, den er seinem Kumpan gegen die Brust stieß. »Noch ein Wort –«
»Dann was? Du brauchst mich, nicht umgekehrt!«
Der Ältere imitierte mit seinem Knurren – wohl unfreiwillig – einen tollwütigen Crup. »Ich an deiner Stelle, Flubberwürmchen, würde mich nicht darauf ausruhen.« Mit diesen Worten drehte er sich wieder um.

Aschenstaub | Minerva McGonagallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt