Langsam wagte sich die Sonne über die Hügel der Flusslande, die ersten Strahlen blitzten durch die Fenster des Gemeinschaftssaals von Rabenbaum, und wie der Name bereits verriet, weckte eines frühen Morgens nicht der Schrei eines Gockels die Bewohner ihrer Burg, sondern das Krächzen unzähliger Raben, die ihrem Familiensitz seinen Namen gaben. Lord Tytos Schwarzhain hatte sich an das Krächzen bereits gewöhnt – im Gegensatz zu seiner Gemahlin, die sich entnervt umdrehte und die Augen öffnete, um ihren Mann am Fenster seines Solars zu entdecken. Von dort aus überblickte er durch das geöffnete Fenster den Götterhain von Rabenbaum mit dem abgestorbenen, weißen Wehrholzbaum – ein statuiertes Exempel des Hauses Bracken, die ihn laut den Erzählungen seiner Ahnen vor hunderten von Jahren vergiftet hatten, und ihn ständig daran erinnerte, dass sich Haus Schwarzhain nicht sicher fühlen konnte. „Wieso kannst du das Fenster nicht geschlossen halten?", seufzte sie und richtete ihren Oberkörper auf, aber Tytos schenkte ihr ein warmes Lächeln: „Der Gesang der Raben lässt sich nur bei geöffneten Fenster vernehmen.", „Gesang...", schüttelte sie entsetzt den Kopf, „Das ist Krach, mein Lieber. Andere möchten gerne weiterschlafen, also wenn du so freundlich wärst...".
Nur ein eindringliches Klopfen an der schweren Eichentür des Solars machte ihr Vorhaben zunichte. Besorgt blickte Tytos zu seiner Frau, die ihm mit einem Nicken die Zustimmung gab, den Besuch hereinzubitten. Zu ihrer Verwunderung war es der Maester, der seit seiner Kindstagen zum Bestandteil von Rabenbaum gehörte und gar nicht mehr von seinem Zuhause wegzudenken war. Mühsam verneigte er sich vor ihm und raunte: „Lord Schwarzhain.". Tytos warf sich seinen gelben Morgenmantel über, während er ihn begrüßte: „Maester Karsen, was verschafft uns des frühen Morgens die Ehre?", ehe jener einen Pergamentfetzen aus dem weiten Ärmel hervorzog und ihm überreichte: „Das hat ein Rabe vor Sonnenaufgang überbracht... eine Nachricht von Schnellwasser...".
Ungewöhnlich, dachte er, dass eine Nachricht zu dieser Tageszeit entsendet worden war. Dankend nahm er das Pergament an sich, das seine langen Finger entrollten. Seine schmalen Lippen formten die darin enthaltenen Worte, die einen bitteren Beigeschmack in seinem Mund hinterließen. Mit Blick in das Gesicht des Maesters wusste er, dass die Nachricht der Richtigkeit entsprach. Aber der Lord von Rabenbaum gewann schnell wieder an Fassung, gab dem Maester das Schriftstück zurück und befahl seinem Untergebenen: „Legt die Nachricht zu den anderen und weckt meine Kinder, die sich unten in der Halle einfinden sollen.", „Sehr wohl, mein Lord.". Begleitet vom Klirren seiner Eisenkette fand Maester Karsen nur unter Anstrengung seinen Weg hinaus aus dem Solar, sodass Tytos ein schlechtes Gewissen plagte, ihn mit dieser Aufgabe beauftragt zu haben. Nur konnte er im Moment nicht selbst diese Aufgabe übernehmen, er bewegte sich zu seinem Arbeitstisch, an dem er Platz nahm und mit der Hand über sein Gesicht fuhr. Unmittelbar vor ihm stand Lady Schwarzhain, er schaute in ihre besorgten Augen und verkündete:
„Lord Hoster Tully ist tot.".
Die Nachricht, die er vor seinen versammelten Kindern verkündete, sorgte für Verwirrung in den müden Gesichtern, aber von Betroffenheit fehlte jede Spur. Einige von ihnen kannten nur seinen Namen, aber persönlich hatte man den obersten Herr der Flusslande seit Jahren nicht mehr gesehen. Tytos wusste auch den Grund hierfür, der nur den Wenigsten bekannt war, nur bevor er das erklären konnte, wandten sich einige bereits von ihm ab: Seine beiden jüngsten Kinder Robert und Bethany, die noch nicht viel von der Welt verstanden, schmiegten sich an den Körper ihrer Mutter und fragten bereits danach, was für den anstehenden Tag geplant wäre, ehe Lady Schwarzhain einen Finger auf ihren Mund legte und entschuldigend ihren Gemahl ansah, welcher es den beiden nicht verübeln konnte. Jedoch trat er erbost vor seinem Sohn Hoster, welcher fast nie ohne ein Buch in der Hand zu sehen war und auch in diesen Moment seinen Kopf in >> Die Eroberung von Dorne << steckte, das er aus seinem Zimmer mit in den Bergfried genommen hatte. Er hörte seinem ältesten Bruder Brynden nicht zu, welcher fragte: „Wer wird die Nachfolge antreten?".
Tytos riss Hoster das Buch aus der Hand und legte es auf den Tisch, ehe er zu einer Antwort ansetzte: „Lord Tullys einziger Sohn, Edmure Tully. Er hat bereits in den letzten Jahren die Regierungsgeschäfte seines Vaters übernommen. Ich werde in den nächsten Tagen nach Schnellwasser aufbrechen, in der Hoffnung, Lucas wiederzusehen.", denn jener befand sich bereits an der Seite der Streitkräfte aus den Flusslanden und unterstützte Haus Stark in ihrem Krieg gegen den Eisernen Thron, auf den der Usurpator Joffrey Lennister saß. Vor nicht allzu langer Zeit gehörte Haus Schwarzhain zu dieser Streitkraft, aber jene hatte sich mit einer kleinen Scharr zurück nach Rabenbaum begeben, um sein Zuhause aus dem Angriff der Lennisters zu befreien und Ser Gregor Clegane, der zu dieser Zeit noch im Tal von Rabenbaum sein Unwesen getrieben hatte, erfolgreich in die Flucht zu schlagen.
Seine Frau und die Mutter seiner Kinder, die bei dem Namen ihres Sohnes hellhörig wurde, fragte: „Können wir dich begleiten?". Tytos konnte ihren Wunsch verstehen, ihren geliebten Lucas nach so vielen Monaten wiedersehen zu wollen. Nur angesichts der Tatsache, dass ein Krieg in Westeros herrschte, musste er Wasser in ihren Wein gießen und erklärte ihr dies mit Verdruss: „Es ist zu gefährlich zu Reisen, ich kann nicht meine gesamte Familie mitnehmen, das würde für zu viel Aufmerksamkeit sorgen.", sein Blick fiel dabei auf Hoster, dem es sicherlich nicht schaden würde, die sicheren Wände von Rabenbaum zu verlassen und ein Abenteuer, das er nur aus seinen Geschichten kannte, zu erleben.
Jedoch erhob sich zu seiner Verwunderung Bethany, die voller Freuden ihren Arm in die Luft streckte und darum bettelte: „Vater, nimm mich! Nimm mich! Ich wollte schon immer mal nach Schnellwasser!", was ihm ein Lächeln auf die Lippen zauberte. Ihre Mutter drückte sie zurück auf den Stuhl und besänftigte das Mädchen, das enttäuscht den Kopf hängen ließ, als sich Brynden von seinem Platz erhob, die Hand auf dem Knauf seines Schwertes legte und erklärte: „Ich begleite dich, Vater. Zusammen mit Randyll und Desmond fallen wir auf unserer Reise nicht auf.", womit alle Beteiligten am Tisch einverstanden waren und für Tytos diese Sache geklärt war.
Nachdem sich alle aus der Halle verabschiedeten, schaute er zu Maester Karsen, der in der gesamten Diskussion kein Wort verloren hatte und erst in Abwesenheit seiner Familie die Stimme erhob: „Es ist richtig, Brynden nach Schnellwasser mitzunehmen. Damit wird er die Bekanntschaft der anderen Lords und Ladys aus den Flusslanden machen.", „Er ist der Erbe von Rabenbaum.", erklärte Tytos, „Früher oder später muss er in die Gesellschaft geführt werden, und dafür eignen sich in besonderer Weise Kriegsvorbereitungen, in denen er sein Können unter Beweis stellen kann. Auch wenn er kein Freund von Edmure ist.".
Daraufhin lachte Maester Karsen erheitert und nahm kein Blatt vor den Mund: „Der Tully-Junge ist auch wirklich kein sonderlich liebsamer Zeitgenosse, wenn wir ehrlich zueinander sind. Ich kann es ihm nicht übelnehmen, dass er nicht viel mit Edmure zu tun haben möchte.", „Er ist der neue oberste Herr der Flusslande.", versuchte Tytos einzuhalten, ohne den Worten von Maester Karsen zu widersprechen, da er ihm in dieser Hinsicht zustimmte. Sein Sohn Brynden war alles andere als ein Draufgänger, er begab sich nicht wie andere in die umliegenden Dörfer und machte den Mädchen schöne Augen und er betrank sich nur zu besonderen Gelegenheiten und das nicht im Übermaß – womit er nicht die gleichen Interessen mit Edmure teilte, der das Gegenstück zu seinem Sohn bildete. Maester Karsen fügte hinzu: „Auch wenn der neue Lord Tully von Schnellwasser in den letzten Jahren und seit Ausbruch des Krieges uns vor Schlimmeren bewahrt hatte, ist er schon immer ein leichtherziger Junge gewesen, der für einen Anführer nicht geeignet ist. Bisher hatte er einfach nur Glück im Leben.".
Tytos nahm das schweigend zur Kenntnis, er kannte Maester Karsen schon lange und schätzte seine Sicht auf die Dinge, welche ab und an harsch und erbarmungslos ausfiel. Deswegen gab ihm sein Junge Alyn den Spitznamen „Barsch", was nicht gleichzusetzen mit dem gleichnamigen Fisch, sondern eher von seiner schroffen Art herrührte. Langsam lehnte sich der Lord von Rabenbaum an die Rückenlehne seines Stuhls und kam auf ein anderes Thema zu sprechen: „Wenn wir in Schnellwasser eintreffen werden, ist mit Sicherheit Haus Bracken bereits vor Ort.", „Und damit auch Lord Jonos Bracken.", wisperte Maester Karsen mit einem süffisanten Unterton, was seine Abneigung gegenüber diesen Mann bereits verriet, „Aber angesichts der Beerdigung wird er nicht in Kauf nehmen, einen neuen Konflikt mit Euch zu beginnen.". Tytos erwiderte: „Und wenn doch, werde ich mich nicht provozieren lassen. Mein Vater hat mich gelehrt, dass es nichts nützt, sich über ihn aufzuregen.", „Damit habt Ihr Recht. Worüber ich mir jedoch mehr Sorgen mache, ist die Tatsache, dass andere Mitglieder Eures Hauses nach Schnellwasser reisen werden.".
Tytos schaute auf und runzelte die Stirn, ehe Maester Karsen lächelnd die Hände ineinander verschränkte und sprach: „Eure Tanten, Beatrice und Alayne, kannten Lord Hoster Tully aus ihren Kindstagen und werden mit Sicherheit auch in Schnellwasser zugegen sein. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wenn die beiden auf Jonos Bracken stoßen werden.". Das brachte Tytos zum ersten Mal an diesem Tag zu einem ehrlich gemeinten Lachen, er schwelgte in Erinnerungen: „Mein Vater hat mir erzählt, dass Beatrice ihm einmal Wein ins Gesicht geschüttet hat.", „Da hat Euer Vater nicht gelogen, nur solltet Ihr wissen, dass Jonos Eure Tante Alayne entehren wollte. Damit möchte ich das Handeln von Beatrice nicht rechtfertigen, aber...", „Aber Lord Bracken hat es durchaus verdient.", lachte Tytos über die Vorstellung und freute sich darüber, seine Familienmitglieder wiederzusehen.
Schließlich kannte er beide vorwiegend aus den Erzählungen seines Vaters und Maester Karsens, weswegen es umso bedauerlicher war, dass er beide nur zu besonderen Anlässen zu Gesicht bekam. Beatrice und Alayne lebten an den anderen Enden von Westeros, womit sich Besuche nach Rabenbaum schwierig gestalteten und daher zu einer Rarität wurden. Nur machte das die Wiedersehensfreude umso größer, dachte sich Tytos auf seinem Weg nach Schnellwasser, während sein Sohn neben ihm ritt und sagte: „Maester Karsen meinte, dass du nach der Beerdigung zurück in den Krieg ziehen wirst.", „Aye.", antwortete sein Vater, „Die Belagerung von Rabenbaum ist zu Ende, aber mit einer gewonnenen Schlacht gewinnt man keinen Krieg, mein Junge.", „Mutter wird nicht erfreut sein.", „Natürlich nicht, aber ich habe keine andere Wahl. Wir sind nicht nur gegenüber unserem Lehnsherrn verpflichtet, auch sind wir über unser Blut mit Haus Stark verbunden.", „Vielleicht teilen wir viele Gemeinsamkeiten, aber so viel ich aus den Geschichtsstunden weiß, haben uns die Starks aus dem Norden vertrieben.", „Wenn du erst König Robb Stark kennenlernen wirst, wirst du sehen, wovon ich spreche.", „Stimmt es, dass er einen Schattenwolf hat?", „Du meinst Grauwind? Ja, er begleitet ihn auf Schritt und Tritt und hat auch bei der ein oder anderen Schlacht mitgekämpft. Nicht umsonst ziert ein Schattenwolf das Banner der Starks.". Dadurch schien sich Brynden mehr und mehr auf seinen Besuch zu freuen, der eigentlich einem traurigen Anlass gewidmet war.
Nach einem Tagesritt erreichten sie die Tore von Schnellwasser, vor denen ein Heer aus mindestens 20.000 Mann lagerte. Im Innenhof stieg Tytos von seinem Pferd herab, Brynden tat es ihm gleich und schaute sich um, in der Hoffnung, seinen jüngeren Bruder, von dem ihn nur eineinhalb Jahre trennten, zu sehen. Ein Stallbursche eilte herbei und nahm ihnen die Verantwortung über ihre Pferde ab, welche er an den Zügeln in die Stallungen führte. Nicht viel später tauchte ein vertrautes Gesicht auf, Lord Edmure Tully begrüßte seinen Vasallen, welche ihm sogleich für seinen Verlust ihr Beileid aussprachen. Er bedankte sich für ihr Kommen und teilte ihnen mit, dass sich die Beisetzung um ein paar Tage verzögern wird. In der Zwischenzeit dürfen sie einen Platz für ihr Lager außerhalb von Schnellwasser aufsuchen, aber Tytos traute sich nicht zu fragen, ob Lord Jonos Bracken bereits eingetroffen war und wo dieser sein Zelt aufgeschlagen hatte, um dieses weitgehend zu umgehen. Edmure richtete seine Aufmerksamkeit auf Brynden und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter: „Wenn du nach Lucas suchst, wirst du ihn draußen bei den Starks finden.". Nickend nahm Brynden das zur Kenntnis, nur konnte man seinem Gesicht ablesen, dass er alles andere als begeistert über diese Geste war. Lord Edmure schien dies nicht zu bemerken, stattdessen bewegte er sich in Richtung der Schenke, an der sich Patrek Mallister und Marq Peiper befanden.
Tytos richtete das Wort an ihre Gefährten Randyll und Desmond: „Wenn Ihr durch das Lager geht, haltet Ausschau nach Lucas.", „Jawohl, mein Lord.", ehe ihm die beiden getreuen Männer den Rücken kehrten und mit ihrem Proviant nach draußen ritten. Unterdessen beabsichtigte Tytos, den König des Nordens aufzusuchen, welcher sich mit Sicherheit in den Burgmauern aufhalten würde. Ohne zu fragen, begab er sich zusammen mit Brynden in das Innere von Schnellwasser, der von ihrer Ankunft sichtlich enttäuscht war: „Ich hätte mir etwas mehr Zuwendung gewünscht.", „Du darfst nicht vergessen, dass Krieg herrscht. Die Gemüter sind angespannt, es besteht jederzeit die Gefahr, angegriffen zu werden. Da bleibt nicht viel Zeit für Freundlichkeiten.", erklärte Tytos zur Verteidigung von Edmure Tully.
Zu ihrem Glück trafen beide über ihren Weg durch die Burg dessen Onkel, Ser Brynden Tully, besser bekannt als Schwarzfisch, der die beiden hoch in den Audienzsaal führte. Während sie die Treppen emporklommen, fragte der Schwarzfisch neugierig: „Ich habe gehört, dass die Belagerung von Rabenbaum ein jähes Ende gefunden hat. Stimmt es, dass Gregor Clegane mit eingezogenem Schwanz Richtung Süden gerannt ist?", „Ser Gregor ist nicht gerannt, sondern gekrochen. Nur dürfen wir uns nicht zu früh freuen. Zwar haben wir ihn von Rabenbaum ferngehalten, aber es wird nicht mehr lange dauern, bis er seine Wunden geleckt hat und erneut angreifen wird.", was Brynden Tully einerseits erfreut, aber auch sichtlich beunruhigte.
Als Tytos fragte: „Ist denn meine Tante bereits eingetroffen?", veränderte sich die Tonlage vom Schwarzfisch, der den beiden voranschritt und mit einer solchen Frage nicht rechnete: „Beatrice? Nein, sie ist nicht hier.", „Hm, ich dachte nur, dass sie die Beisetzung nicht missen würde. Immerhin ist sie mit Euch und Eurem Bruder Hoster aufgewachsen.". Beatrice war nicht viel jünger als die Tully-Brüder, nur lebte sie mittlerweile im südlichsten Teil von Westeros, von dort aus würde eine Reise nach Schnellwasser viel Zeit in Anspruch nehmen, aber Tytos gab die Hoffnung nicht auf. Brynden meinte: „Ich habe sie seit Jahren nicht mehr gesehen. Das letzte Mal hatte sie ihre Schwester ins Grüne Tal begleitet und einen Halt in Hohenehr eingelegt.", „Das war nach der Beisetzung meines Vaters, wo auch ich sie das letzte Mal gesehen habe.", erinnerte sich Tytos, was schon wieder 10 Jahre zurücklag, und er dadurch wieder einmal erkannte: je älter er wurde, desto mehr verlor er das Gefühl für die Zeit.
Schließlich erreichten sie den Audienzsaal, in dem sich neben Robb Stark, seine Mutter Lady Catelyn und seine Gemahlin Lady Talisa eingefunden hatten. Der Schwarzfisch war so gut und kündigte die hereintretenden Gäste an, nur verwechselte er dabei den Namen seines Jungen und nannte ihn Edmund, woraufhin Brynden den Schwarzfisch berichtigte. Aber er schien seinem Namensgeber das nicht zur Last zu legen und zeigte Verständnis dafür, denn Lord Tytos hatte sieben Kinder und als Familienangehöriger kam man auch dabei ins Denken.
Auch in dieser Runde wurden erneut Beileidsbekundungen ausgesprochen, worüber sich insbesondere Lady Catelyn Stark dankbar zeigte. Nur fand der Inhalt des Gesprächs schon bald eine Wendung, da über ihre Köpfe ständig die Bedrohung des Krieges schwebte, der jederzeit durch die Türen hereinbrechen könnte. Erneut berichtete Tytos von der Belagerung, die Haus Schwarzhain ausgehalten hatte, mit ihrem Sieg über Haus Lennister und allen voran über den „Berg". Daher konnte Lord Schwarzhain mit Freude berichten, zurück zu seinem König gekehrt zu sein und ihm fortan wieder zu Diensten zu sein. Robb reichte ihm zum Abschied die Hand: „Es ist gut zu wissen, Sie zurück an unserer Seite zu wissen, mein Lord.", ehe er sich an Brynden wandte: „Und ich hoffe, dass sich auch Brynden unserer Sache anschließen wird. Wir können jeden Mann gebrauchen.", und reichte ihm ebenfalls die Hand.
Nach dem Treffen mit König Robb holte Desmond sie im Innenhof ab und führte sie durch das weitläufige Lager zu ihrem Zelt, das sie in der Zwischenzeit aufgerichtet hatten. Währenddessen war Brynden völlig aus dem Häuschen, den König des Nordens persönlich getroffen zu haben, und teilte dieselbe Begeisterung für Robb Stark wie sein Vater. Zu ihrer Überraschung war es Lucas Schwarzhain, der sie vor ihrem aufgebauten Zelt erwartete und den beiden entgegenkam, als er sie in der Ferne entdeckte. Am liebsten hätte Tytos ihn in den Arm geschlossen, aber er wusste, dass das keinen guten Eindruck erweckte, und legte ihm stattdessen eine Hand auf die Schulter und könnte mit Blick auf ihn nicht stolzer sein, denn er gehörte mittlerweile zur Leibgarde von Robb Stark und begleitete oftmals Catelyn Stark, wodurch das Ansehen von Haus Schwarzhain stieg.
Lucas verbrachte all die Zeit, die ihm frei zu Verfügung stand, bei seiner Familie und erzählte ihnen eines Morgens von den Geschehnissen in Harrenhall, sodass danach selbst seinem Vater die Haare zu Berge aufstanden: „Von allen Orten Harrenhall... damit hat Haus Lennister ein weiteres Verbrechen in der Geschichte begangen...", „Wir hätten dieses Monster zur Strecke bringen müssen, als es noch in unseren Tälern sein Unwesen trieb.", meinte Brynden und griff für diesen Anlass zum Wein. Auch Lucas teilte diese Meinung: „Er ist wahrlich ein Monster. Aber ich habe gehört, dass sein Bruder den Dienst in Königsmund quittiert hat und frei in Westeros herumstreift. Vielleicht schließt er sich unserer Seite an.", aber Brynden setzte entgegen: „Unserer Seite? Glaubst du, dass der Bluthund dazu bereit wäre, gegen seinen eigenen Bruder zu kämpfen?", „Nicht alle Brüder haben ein so gutes Verhältnis wie wir.". Mit Bedacht erklärte Tytos: „Sandor Clegane ist ein einsamer Wolf in einem öden Land, das nur so von Feinden wimmelt, die seinen Kopf gerne gegen einen Sack voll Gold eintauschen würden. Ich denke nicht, dass er nach Schnellwasser spazieren wird, sondern sich außer Sichtweite bewegen wird.", um anschließend daran auf ein anderes Thema zu sprechen zu kommen: „Wenn wir schon darüber sprechen, möchte ich, dass einer von euch mich nach der Beisetzung von Lord Tully zurück nach Hause begleiten wird. Wir müssen die restlichen Soldaten zusammenrufen und nach Schnellwasser bringen.", „Ich komme gerne mit.", erklärte Lucas, „Vor allem, weil ich die gute Küche vermisse. Mutter wird mir mit Sicherheit ein Festbankett anrichten, wenn ich durch...", „Derjenige, der mit mir zurück nach Rabenbaum kehrt, wird auch zuhause bleiben.", machte Tytos klar und brachte Lucas zum Schweigen, „Ich kann nicht die Leben meiner beiden ältesten Söhne aufs Spiel setzen. Außerdem brauche ich jemanden, der in meiner Abwesenheit als Kastellan in Rabenbaum bleibt. Eure Mutter kann nicht mit Maester Karsen alleingelassen werden, die beiden sind viel zu beschäftigt mit euren Geschwistern und...", „Dann werde ich mit dir zurückgehen.", entschied Brynden mit tiefster Überzeugung, weil er wusste, dass Lucas hier Fuß gefasst hatte und ihm nicht diese Freude nehmen wollte. Und als Erbe von Rabenbaum wurde es auch von ihm erwartet, mit den Regierungsgeschäften vertraut gemacht zu werden, wofür Tytos nicht dankbarer sein könnte.
Dabei hörten sie nicht, wie ihr Wachmann Randyll lautlos das Zelt betrat und verkündete: „Mylord, am Fuße von Schnellwasser wurde eine Lady auf einem goldenen Sandross gesichtet, begleitet von zwei dornischen Soldaten.", woraufhin Tytos wusste, dass es sich um Beatrice handeln musste. Seine Söhne blieben derweilen im Zelt, während er sich gemeinsam mit Randyll auf dem Weg zur Burg begab und sich mit eigenen Augen ein Bild von ihr machen wollte. „Der weiße Rabe", wurde sie oft liebevoll von seinem Vater genannt, auch wenn er damals nicht den Grund dafür kannte und erst im Laufe seines Lebens erfuhr, dass zu ihren Lieblingsfarben weiß gehörte und diese Geber für ihren seltsamen Beinamen war. Als er sie aus nächster Entfernung vor den Toren von Schnellwasser entdeckte, trug sie jedoch schlichte Farben, wahrscheinlich vor dem Hintergrund, um nicht auf ihrer Reise in den Norden aufzufallen. Denn diese Aufgabe übernahmen bereits ihre dornischen Begleiter, die sich in ihrem Auftreten sichtlich vom restlichen Teil der Flusslande unterschieden.
Zielstrebig steuerte Tytos auf seine Tante Beatrice zu, sie hatte bereits das höhere Alter erreicht, aber machte nicht den Eindruck, dass sie gebrechlich wäre, als sie in einer hitzigen Diskussion mit zwei Tully-Wachen steckte, die ihr nicht den Durchgang nach Schnellwasser gewährten. Stattdessen zweifelten sie die Richtigkeit ihrer Aussagen an und glaubten nicht, dass sie für die Beerdigung von Lord Hoster Tully angereist war. Je näher er ihr trat, desto breiter wurde sein Grinsen, als er ihre verbitterte Stimme hörte: „...wenn ich Ihnen doch sage, dass ich Lord Hoster Tully noch in seinen jungen Jahren kannte! Ich stamme Haus Schwarzhain ab, dessen Sitz nicht unweit von hier liegt!", „Das kann wohl jeder behaupten, der hier vor unserer Tür steht.", erwiderte einer der jungen Soldaten spöttisch, woraufhin sie energisch die Arme in die Luft riss: „Was ist das Problem? Sind es etwa meine Wachen, die Euch Sorgen bereiten? Denn ansonsten habe ich keine Erklärung dafür, wieso mir hier derartiges Misstrauen entgegengebracht wird! Noch nie bin ich so behandelt worden! Wenn ich hierhergekommen bin, um Unfrieden zu stiften, hätte ich wohl mehr als zwei Männer mitgenommen! Ah, Tytos, zum Glück, dass du hier bist! Seht, dieser Mann kann bezeugen, dass ich nicht gelogen habe!".
Tytos schaute zuerst zu ihren beiden Begleitern, die ganz und gar nicht dem ritterlichen Bildnis ihrer Gegend entsprachen. Grimmig starrten ihre dunklen Augen ihn an, ihre Hände lagen auf den Griff ihrer geschwungenen Säbel, als jener sich ihrer Dame näherte und behutsam eine Hand auf ihren Rücken legte, als er den versammelten Herrschaften erklärte: „Ich kann bestätigen, dass das Lady Beatrice Dayn ist. Sie möchte wie viele andere den Toten ihren Respekt zollen.". Siegessicher sprach Lady Beatrice zu den beiden Männer aus den Flusslanden: „Seht, was habe ich gesagt! Und nun lasst mich durch, ich habe wohl genug darauf gewartet, dass...". Nur verstummte Lady Beatrice sofort, als sie auf der anderen Seite der Brücke Ser Brynden Tully entdeckte, welcher über den Tumult vor den Toren von Schnellwasser in Kenntnis gesetzt worden war.
Erhobenen Hauptes kam ihnen die lebende Legende entgegen, Tytos war darüber froh, dass jener aufgetaucht war und ihnen in diesem Disput zur Hilfe eilte. Nur zu seiner Verwunderung begrüßte er nicht als erstes die weit gereiste Besucherin, sondern richtete das Wort an seine unterstellten Männer: „Was habt ihr euch hier gedacht?", „Diese Dame behauptet, dass sie Lady Beatrice Dayn ist.", „Das ist Lady Beatrice Dayn, ihr Hohlköpfe! Auch wenn Sie es nicht wäre, wisst ihr anscheinend nicht, wie man mit einer Dame umgeht! Nur wie solltet ihr das auch wissen? Selbst eure Väter hatten nicht den nötigen Anstand, sich nicht an den Tavernen-Dirnen zu vergreifen! Und jetzt verschwindet!". Beschämt senkte Tytos den Kopf und fragte sich, ob es sich denn gehörte, in der Anwesenheit einer Dame solche Wörter in den Mund zu nehmen.
Nur schien sich Beatrice nicht an den rauen Umgangston zu stören, stattdessen hielt sie ihm ihre Hand hin, während der Schwarzfisch um Vergebung bat: „Entschuldige die Unannehmlichkeiten.", und vollzog einen angedeuteten Handkuss. Sie entgegnete ihm: „Nun, nicht jeder kennt meinen Namen. Vielleicht hätte ich den Namen meines Sohnes erwähnen müssen, um ihre Erinnerung zu wecken.", „Mit Respekt, beide sind noch sehr jung gewesen, wie die meisten in unserem Lager. Sie haben sicherlich noch nicht viel von der Welt gesehen außer ihre kleinen Dörfer.", warf Tytos ein und erhielt ein warmes Lächeln seiner Tante, die ihm eine Hand auf die Wange legte: „Du bist zum richtigen Zeitpunkt erschienen, mein Lieber. Wer weiß, was ohne dich passiert wäre. Bist du alleine hier?", „Meine ältesten Söhne haben mich begleitet. Unser Zelt liegt nicht unweit von hier, es steht dir jederzeit offen.", „Danke, das weiß ich zu schätzen.", sie legte ihre Hand auf seine Schulter, „Doch zuvor möchte ich den Götterhain von Schnellwasser aufsuchen. Ser Brynden, würden Sie mich dorthin geleiten?".
Jener bot ihr seinen Arm an, an dem sie sich festhielt. Beatrice wandte sich an ihre dornischen Begleitern, die ihr in die Burg folgen wollten, und befahl ihnen: „Besser ihr wartet hier draußen, oder begleitet meinen Neffen Tytos. Seine Söhne sind sicherlich neugierig, was ihr alles aus dem entfernten Süden zu erzählen habt.". Mit einer Verbeugung vor ihr drehten sie ihr den Rücken zu und schauten erwartungsvoll Tytos an, der aufgeregt die Hände zusammenfaltete und baff seiner Tante hinterherschaute, die hinter dem Torbogen in Schnellwasser verschwand. Er konnte ihren Vorschlag nicht abschlagen und führte deshalb die dornischen Wachmänner unter großem Aufsehen zu seinem Zelt, in dem sie Platz nahmen und im Laufe des Tages gemeinsam mit Randyll und Desmond Karten spielten.
Verwundert fragte Brynden seinen Vater: „Warum sind die beiden nicht bei Beatrice?", „Sie wollte wohl allein in den Götterhain gehen. Aber ich hatte sie nie als gläubige Frau in Erinnerung.", erklärte Tytos verdrossen, da er sich gekränkt fühlte, als sie sich lieber Ser Brynden Tully anschloss und seine Gesellschaft vorzog. Nur konnte er ihr das verübeln? Schließlich hatte der Schwarzfisch seine eigenen Männer erniedrigt und deren Zorn auf sich gezogen, nur um Lady Beatrice weitere Unannehmlichkeiten zu ersparen, wofür sie sich zu bedanken hatte. Er sagte zu seinem Sohn: „Und außerdem sind ihre Gefährten noch recht handsam.", „Solange sie nicht über ein Fass Bier stürzen... ja.", erwiderte Brynden und verließ das Zelt, um zu seinen Bruder zu stoßen.
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The Walls Have Ears // Game of Thrones
FantasyNachdem sich Haus Schwarzhain aus den Flusslanden im Angriff auf ihren Familiensitz Rabenbaum behaupten hat können, möchte ihr Oberhaupt - Lord Tytos Schwarzhain - unverzüglich zurück in den Krieg der fünf Könige ziehen. Nur ereilt ihn die Nachricht...