Kapitel 5

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Kurz nach Sonnenaufgang waren sie, nachdem sie etwas gegessen und Michael sich noch einmal erleichtert hatte, aufgebrochen.

Die Decke hatte Lorcan auf der Konstruktion befestigt, sodass Michael sich darauf legen konnte.

Es war sicherlich nicht die bequemste Art zu Reisen, doch er musste sich eingestehen, dass es gerade keine andere Möglichkeit für ihn gab.

Der verfluchte Jaguar, der es gewagt hatte, ihn zu bevormunden und auszulachen, lag mit seiner Einschätzung leider richtig. Würde er versuchen, den Weg in seinem Zustand selbst zurückzulegen, wäre er ewig unterwegs und dabei ein leichtes Ziel für jeden, der es auf ihn abgesehen hatte.

Während Lorcan die Trage stoisch hinter sich herzog und die Geschwindigkeit, in der er sich fortbewegte, beibehielt, hielt er dieTasche sowie sein Schwert fest, das wieder in der dafür vorgesehenen Scheide steckte. Sie waren jedoch zusätzlich noch einmal gesichert worden, um nichts zu verlieren, sollte er einschlafen.

Selbst diese leichte Aufgabe war eine körperliche Höchstleistung für Michael. Irgendetwas stimmte mit ihm ganz und gar nicht. Es war nicht normal, dass sein Leib dermaßen lange brauchte, um sich zuerholen.

Ja, er hatte sich schwer verletzt, war, wie er wusste, wie seine beiden Kameraden fast gestorben und hatte sich während des Kampfe sein zweites Mal bis an die Grenze des Machbaren getrieben, doch dies sollte nicht solch drastische Auswirkungen auf ihn haben.

Lorcans Einwand, dass er einen Heiler bräuchte, war berechtigt.

Der Planet war voll von Wesen, die ihm nicht wohlgesonnen waren und jede Gelegenheit ergreifen würden, ihn ein für alle Mal zubeseitigen.

Ein Heilkundiger der Gestaltwandler war zwar nicht die ideale Lösung, die er sich wünschte, doch alles, was für sie im Augenblick greifbar war. Würde er abwarten, bis er zurück in Malaikat war, könnte es zu spät sein.

Einige Male döste er ein, schreckte dann aber jedes Mal wiederhoch.

Gegen Mittag machten sie eine Pause, in der sie das verspeisten, was von ihrem gestrigen Mahl noch übrig geblieben war. Die nächste Gelegenheit, wieder etwas essen zu können, würden sie erst in der Siedlung, in der Lorcan lebte, wieder bekommen. Ihm war das ganz recht, da er ohnehin nicht wirklich hungrig war.

Lorcans Leib glänzte vor Schweiß, was bei dieser Anstrengung nicht verwunderlich war, er wirkte jedoch nicht erschöpft oder gar am Ende seiner Kräfte.

Dass der Wandler sich so ins Zeug legte, um ausgerechnet ihn zu retten, verwunderte ihn wieder einmal, aber er würde sich sicherlich nicht darüber beschweren.

Stattdessen war er kurz davor, ihm von tiefstem Herzen zu danken, hielt sich jedoch zurück.

Der andere musste doch wissen, dass er ihm dankbar war. Wieso sollte er sich bei ihm anbiedern? Sicherlich würde der Jaguar ihm ohnehin nicht glauben, wenn er es tun würde.

Mit zu einer dünnen Linie zusammengepressten Lippen saß er da und ärgerte sich aus irgendeinem Grund darüber, dass es so war. Warum wollte etwas in ihm, dass Lorcan ihm glaubte, womöglich sogar vertraute?

Bei seinen Untergebenen oder den anderen Erzengel musste er sich nicht beweisen. Sie kannten ihn und wussten, dass man ihm und seinen Worten Vertrauen schenken konnte, auch wenn er es ab und zu nicht schaffte, seine schlechte Laune zu verbergen.

Der Hass in ihm, die Lücken, die all jene, die er verlor, in ihm hinterlassen hatten, die Schuld und der Schmerz darüber, drängten in regelmäßigen Abständen an die Oberfläche. Dann konnte er nichts anderes mehr wahrnehmen, war darin gefangen und nicht mehr in der Lage, wirklich differenziert zu handeln.

The Tyrasar Chronicles IV - EngelskriegerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt