Kapitel 5

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Unbekannt

„Los! Räum sofort die Küche auf! Wenn meine Frau wieder zurück ist, wird das Essen fertig für sie auf dem Tisch stehen!", befahl mein Pflegevater Mr. Stirling.

„Natürlich, Sir.", nickte ich und verschwand schnell in der Küche. Töpfe wurden weggeräumt, Geschirr gespült und dann schnell gekocht. Da ich wusste das ich sowieso nichts vom Essen abbekommen würde, ließ ich ein paar von den Nudeln in eine Dose gleiten und diese dann in meinen Schulrucksack fallen.

Nach knapp 30 Minuten deckte ich den Tisch, dann ging ich in das Büro von meinem Pflegevater. Vorsichtig klopfte ich an und wartete auf seine Bestätigung.

„Komm rein.", ertönte es von drinnen.

„Das Essen ist soweit fertig, darf ich in die Bibliothek und mir Bücher ausleihen?", fragte ich so höflich wie möglich.

„Meinetwegen, du kennst ja die Regeln!", er stand vom Schreibtisch auf und kam auf mich zu, instinktiv wich ich zurück und schnappte nach Luft. Jeton Stirling hielt meinen Kopf an den Haaren fest und blickte mich drohend an.

„Du weißt doch was passiert wenn du dich nicht dran hältst, nicht war?", zischte ich. Ich nickte soweit wie möglich. Direkt darauf knallte mein Kopf zur Seite, er hatte mir eine gebrettert.

„Tut mir leid, ich werde mich an die Regeln halten.", sagte ich schnell und wischte mir das frische Blut von meiner Augenbraue.

„Das will ich hoffen. Jetzt geh mir aus den Augen.", er schubste mich weg und ich stand so schnell auf wie ich konnte. Schnell schnappte ich mir meine Bücher und Blöcke für die Schule und verließ dann mitsamt meiner viel zu dünnen Jacke das Zimmer. Es war Ende November und demnach echt kalt draußen.

Mit schnellen Schritten lief ich Richtung Bushaltestelle und schaffte meine Linie noch geradeso. Mitten in der Innenstadt der Northside von Chicago stieg ich aus und machte mich auf den Weg zu der Newberry Bibliothek. Ich ging über den vollen Marktplatz und stoppte als ich den Stand mit indischem Curry sah.

5$ für eine Portion. Ich zählte mein Geld. 5.23$, sollte ich das tun?

Ich konnte nicht wiedersehen. 10 Minuten später hielt ich unglaublich gut riechendes Essen in meinen Händen und versuchte aus der Menschenmasse raus zu kommen.

Nur knapp 17 Meter weiter rannte mich ein telefonierender Mann um. Er wischte sich erschrocken die Orangebraune Soße vom schwarzen Rollkragenpullover.

„Es tut mir so leid.", fing ich direkt an und stolperte ein Stück nach hinten. Der Mann sprach kurz in sein Telefon.

„Hör zu Cove, ich glaub ich ruf dich gleich noch mal an, schön das ihr euch wieder vertragen habt.", er legte auf.

Ich vermisse Cove.

„Mi dispiace- Ich hätte aufpassen können.", er half mir meine Bücher wieder aufzuheben.

„Hast du kurz Zeit?", fragte er dann.

„Ja Sir.", ich musterte ihn. Er kam mir verdammt bekannt vor.

„Das freut mich, dann hol ich dir neues Essen.", erklärte er und hob den letzten Block hoch.

„Sir, das ist wirklich nicht nötig.", stotterte ich.

„Ach, das macht nichts. Und nenn mich bitte nicht Sir, ich bin erst Anfang 20."

„Wie heißt du denn?", fragte er.

„Mauricio.", ich schüttelte seine Hand. „Mauricio Russo. Und Sie?"

„Aiden...", stotterte er geschockt und schien plötzlich nicht mehr bei sich zu sein.

„Alles okay? Hab ich was falsch gemacht? Geht es ihnen gut?", fragte ich hektisch. Der Mann vor mir sah gar nicht gut aus. Er schüttelte leicht den Kopf.

„Du bist wie alt?"

„Sechzehn.", verwirrt antwortete ich ihm.

„Wann ich dein Geburtstag?"

„Der 27.Mai. Wieso fragen Sie?"

„Wurdest du in Italien geboren?"

„Ja, in Salerno. Sir, warum-"

„Bist du adoptiert?"

„Das geht Sie nichts an, was wollen Sie überhaupt von mir?!", ich ging einige Schritte zurück.

„Mauricio, i-ich...", er machte eine kurze Pause.

„Ich denke du bist mein verschwundener Bruder.", erklärte er.

„Verarschen kann ich mich selbst, ich hab nur einen Bruder und der ist 16.", ich drehte mich wütend um und wollte mich nun endlich auf den Weg zur Bibliothek machen. Dieser Mann hatte nicht mehr alle Tassen im Schrank. Ich meine wer würde schon in der Mitte von Chicago von einem fremden angesprochen der meint er wäre mein Bruder.

„Cove ist gerade siebzehn geworden!", rief er mir hinterher. Ich blieb sofort stehen und drehte mich zu ihm um. Ich ging die wenigen Meter wieder auf ihn zu.

„Ich schwöre Ihnen, sollten Sie mich verarschen werde ich persönlich Ihnen das Leben zur Hölle machen!", zischte ich bedrohlich. Auf dieses Thema war ich echt nicht gut zu sprechen.

„Ich verarsche dich nicht. Wir suchen dich bereits nach mehreren Jahren."

„Wir?"

„Wir. Deine Brüder. Ach ja und Allessia.", erklärte er mir.

„Ich bin in einer Pflegefamilie.", beantwortete ich seine zuvor gestellte Frage.

„Wenn Sie tatsächlich mein Bruder sind, und Sie Cove kennen. Wie geht es ihm?", fragte er. „Du kannst mich duzen. Cove geht es gut, er fragt mich jeden Tag ob ich was neues weiß über dich." „Wirklich?" „Ja." „Aber es waren immer nur Cove und ich, ich weiß nichts von anderen." „Du warst sehr jung. Insgesamt hast du fünf Brüder und eine Schwester.", oh Gott die Arme. „Wo ist Cove?" „In seiner Schule, er geht auf seinen Wunsch hin auf ein Internat. Es ist hier in der Nähe nur eine Stunde Autofahrt."

Brothers-finally reunited Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt