Ich stand vor der widerlichen Gebetsstätte oder wie auch immer die Menschen sowas nannten und hasste meinen König insgeheim dafür, dass ich geschickt worden war, um dieses nervige Kind zu babysitten und die Prophezeiung zu verändern. Ich hatte wirklich besseres zu tun, als dafür zu sorgen, dass sie sterben würde. Und dann musste sie dies auch noch durch meine Hand, heißt, ich konnte sie nicht mal dort drinnen ihrem Schicksal mit den Wächtern überlassen, sondern musste sie retten. Ich, ein jahrhundertealter alter Dämon, musste ein dämliches Menschenmädchen aus diesem abartigen Gebäude retten.
Ich seufzte auf und trat leise ein, als ich ihren panischen Schrei vernahm, das war dann wohl mein Zeichen, den Retter in glänzender Rüstung zu spielen.
Ich hielt mich zuerst noch im Schatten, stand hinter einem der heruntergefallenen Balken und beobachte sie aus der Ferne. Ihren Namen hatte man mir nicht gesagt, aber ihr Aussehen wurde mir beschrieben und das war sie eindeutig. Abgesehen davon, dass der widerliche Gestank von göttlichen Prophezeiungen an ihr hing, passte auch die Beschreibung perfekt. Ihre langen blonden Haare schienen beinahe golden, wenn die Sonne sie küsste. Sie hatte sie versucht mit ein paar Nadeln hochstecken, aber ihre panischen Bewegungen hatten die Frisur zerfallen lassen. Ich ertappte mich dabei, wie ich ein wenig zu lange in ihr Gesicht sah und besonders ihre weichen Augen und die kleine spitze Nase bewunderte. Ich schüttelte den Kopf und versuchte auf andere Gedanken zu kommen, denn ich sollte dieses Menschenmädchen da vorne immerhin töten. Sie sah gut aus, zu gut. Das war keine Frage und vielleicht, wären wir uns zu einer anderen Zeit und unter anderen Bedingungen getroffen, hätte ich gerne ihren Ritter gespielt und sie danach ausgeführt. Aber in dieser Zeit hasste ich sie bis aufs Blut. So war ich erzogen worden und so würde ich auch weiterhin denken. Egal wie gut sie aussah.
Belustigt sah ich ihr dabei zu, wie sie sich verzweifelt umsah und nach einer Waffe suchte, aber nichts fand. Wäre ich in ihrer Situation, hätte ich schon den ersten Wächter mit bloßen Händen ausgeschaltet, aber naja, es konnte eben nicht jeder so stark und gut im Kampf trainiert sein wie ich.
Für einen winzigen Moment hatte ich nicht hingesehen und wurde von einem dumpfen Aufprall wieder zum Ort der Tat gelenkt. Sie war in Panik noch weiter zurückgegangen und lag nun auf den Steinen, während einer der Wächter bereits über ihr gebeugt stand. Ich überlegte noch, ob ich eingreifen sollte, doch als ich das menschliche Blut roch, welches von seinem Dolch tropfte, lief ich aus dem Schatten heraus und baute mich breit vor ihr auf. Hinter mir murmelte meine Zielperson irgendetwas, aber sie schien schon zu benommen zu sein, denn es ergab alles nicht wirklich einen Sinn. Die Knochen der Wächter klapperten, als sie auf den Boden prasselten. Es hatte nur wenige Minuten gedauert, die Viecher loszuwerden und eine große Anstrengung war das auch nicht gerade gewesen. Ich war nicht einmal warm geworden, so schnell waren sie besiegt. Ich hatte, trotz ihrer beginnenden Boshaftigkeit, noch keinerlei Einfluss auf sie, da sie noch immer Wächter dieser seltsamen alten Göttin waren und wir uns auf heiligem Boden befanden. Sonst wäre ich sie mit einem Schnipsen los geworden.
Einen Moment beschimpfte ich die Göttin noch in Gedanken, ehe ich mich umdrehte und auf mein Opfer herunter sah. Ich konnte sie jetzt nicht hier sterben lassen und der Bleiche in ihrem Gesicht nach zu urteil, stand sie schon an der Schwelle zum Jenseits. Verdammt, jetzt musste ich auch noch ihre Wunden heilen und meine Kräfte auf sie anwenden. Das war nicht geplant gewesen und ich hoffte, dass ihr menschlicher Teil größer war, als der Dämonische aus ihrem Familienstammbaum, denn sonst würde sie nach meiner Heilung über einen Teil meiner Kraft verfügen. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, würde ich auch noch mit ihr verbunden sein und das konnte ich nun wirklich nicht gebrauchen. Ich wollte noch ein paar Tage abwarten und sie dann erledigen. Ich hasste es hier oben auf Erden und hatte wirklich wesentlich wichtigeres unten zu tun.
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Die Schwarze See || PAUSIERT
FantasyDie Geschichte eines Königreiches im Untergang und gleichzeitig dem Erwachen einer vergangenen Liebe. 🤍Ausschnitt🤍 "Na komm noch ein Stück näher, Süße. Ich beiße nicht.", er sah mir direkt in die Seele und wie von selbst, begann ich immer näher zu...