04 Liz

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Nachdenklich stocherte ich in den Pommes auf dem Teller vor mir herum. Schob sie von links nach rechts. Ich hatte meine Schicht in dem gemütlichen Fish & Chips Laden hinter mich gebracht und aß jetzt noch schnell etwas, ehe ich mich mit meiner besten Freundin Kate traf. Sie wollte mir Sirius zurückbringen und uns auf einem Strandspaziergang begleiten.
Das Meer war ruhig heute. Die Wellen rollten stetig und beinahe träge an den Strand. Der Himmel war blau, die Sonne schien mit Kraft und ich hatte mir während der Arbeit irgendwann eine Kappe aufsetzen müssen. Es war Mai und bei gutem Wetter schien der Sommer in Brighton angekommen zu sein.
Hier unten am Meer war es dementsprechend gut besucht und ich hatte im Akkord den frittierten Fisch mit Pommes ausgegeben und serviert.
Das Restaurant, eine kleine Hütte mit Küche und Tresen, sowie zwei Tischen, hatte außerdem einen kleinen Sitzbereich auf dem gepflasterten Promenadenweg mit perfektem Blick aufs Wasser, den viele gerne annahmen, um eine Pause zu machen.
Ich saß auf einer schmalen Bank neben der Eingangstür und lehnte mit dem Rücken an den blaugestrichenen Holzlatten, die die Fassade bildeten.
Erschöpft nahm ich einen Schluck Limo und seufzte, dann steckte ich mir eine Pommes in den Mund.

„Ist was nicht in Ordnung, Lizzie? Beschäftigt dich was?", fragte Arline und setzte sich neben mich. Die ältere Dame lächelte mich liebevoll an. Sie trug eine gelbe Schürze, auf der ein blauer Schriftzug eingestickt war. Billies Fish'n'Chips stand da.
Billie war Arlines Mann und er stand schon seit Jahrzenten in der Küche dieser kleinen Fischbude. Früher hatte er sogar alles selbst gefangen, was er verkochte, doch heute kaufte er bei dem Sohn seines besten Freundes. Fred hatte einen kleinen, gut laufenden Fischereibetrieb unweit außerhalb von Brighton.
Ich entdeckte Kate ein gutes Stück von uns entfernt am Meer spazieren. Sirius tollte neben ihr durch die Wellenausläufer und mein betrübtes Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. Doch dann sah ich, dass meine beste Freundin und mein Hund in Begleitung waren und mein Blick verdüsterte sich wieder.
Adam.
Er war unter anderem der Grund für mein ständiges Geseufze, was Arline offenbar veranlasst hatte mich mit diesem ganz bestimmten Arline Blick zu mustern.
Ich schüttelte den Kopf. „Ein langer Tag, das ist alles".
„Ist es wegen den beiden Turteltäubchen da vorne? Ich habe Kate und dich lange nicht zu zweit gesehen"
Ich seufzte. Schon wieder.
Natürlich ergab es keinen Sinn ihr etwas vorzumachen. Arline kannte mich gut.
Ich steckte mir noch eine Pommes in den Mund.
„Mir fehlt meine beste Freundin", sagte ich dann und zuckte mit den Schultern.
Und es erinnerte mich an das, was ich nicht mehr hatte. Das sagte ich nicht, musste ich aber auch nicht, denn Arline wusste es eh.

„Hey", Kate winkte uns zu, mittlerweile waren sie auf unserer Höhe und liefen über den Kiesstrand zu uns nach oben.
Sirius entdeckte mich und raste auf mich zu. Ich stand auf und wir begrüßten uns überschwänglich und mit solch einer Freude, die weder ich einem Menschen gegenüber noch ein Mensch mir gegenüber je aufbringen würde. Mein Herz war schlagartig ein wenig leichter.
Dann umarmte ich Kate und dankte ihr für das Hundesitting. Ich umarmte auch Adam und zwang mich ihn nett anzulächeln. Es nervte mich, dass er dabei war. Es nervte mich, dass er immer dabei war und ich gar nicht mehr wusste, wie die Zeit mit Kate zu zweit aussah. Aber das war nicht nur Adams Schuld.
„Wie war London? Wie geht's Jamie?", fragte Kate und legte mir einen Arm um die Schultern.
Ich wollte ihr eine blöde, einsilbige Antwort geben, aber das war albern und außerdem stand Arline noch neben mir und würde mich sicher rügen.

Also warf ich einen Blick zu Sirius, er blickte fröhlich hechelnd zu mir hinauf und ich wischte meine Anspannung beiseite.
„Es war super. Jamie geht's klasse, wie immer. Und außerdem", ich stockte. Ich musste ihr einfach von Harry erzählen. Er hatte sich den ganzen Tag immer wieder in meine Gedanken geschlichen. Sein niedliches, freches Lächeln mit den gottverdammten Grübchen hatte sich in mein Gehirn gebrannt. Wie viele Menschen er wohl damit problemlos um den Finger wickelte?
Ich verabschiedete mich von Arline und Billie, der mir noch drei Flaschen Bier in die Hand drückte und wir liefen am Strand in die Richtung meiner Wohnung.
„Und außerdem?", fragte Kate, nahm einen Schluck Bier und sah mich neugierig an. Ich grinste, seltsamerweise klopfte mein Herz.

„Ich hab Jamies Nachbar getroffen", begann ich dann und Kate zog gespannt ihre Augenbrauen hoch. „Harry, so heißt er. Und Kate, er ist so scharf!".
Sie lachte sehr hoch auf.
„Himmel, ich war schockverliebt. Ein großer Typ, braune Locken, unglaublich sympathisch! Und sein Lächeln ...".
Kate quietschte und ich lachte.
Adam sah uns prüfend an und ich warf ihm einen schnellen, finsteren Blick zu.
Wenn er schon immer dabei war, dann musste er wohl oder übel auch bei den Gesprächen dabei sein, die ich sonst mit meiner besten Freundin zu zweit geführt hätte.
„Ich würde ihn gerne nochmal treffen. Ich war echt schon angetrunken und frag mich ob er wirklich so scharf war", erzählte ich schmunzelnd weiter und warf Sirius sein Spielzeug in die Wellen. Er flitzte hinterher und schüttelte sich daraufhin.
„Jamie soll das arrangieren", fand Kate und ich nickte.
„Kommst du nächstes Wochenende mit mir nach London?", fragte ich hoffnungsvoll. Kate nickte. 

Skinny DippingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt