Verwirrung

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Kapitel 3

Natürlich musste Chloe darauf beharren, dass sie Recht hatte. Jedoch konnte sie mich nach der Schule wenig beeinflussen. Ich versuchte diesem Typen so gut es ging aus dem Weg zu gehen. Das war nicht ganz einfach, da ich nicht wusste, wo er wohnte, wann er wo hinfuhr oder ob er an dem Tag nur zu Besuch da gewesen war. Also war das, was ich tun konnte um ihm nicht über den Weg zu laufen, quasi nur nicht zur Lichtung gehen. Normalerweise fing ich bei den Temperaturen an wieder laufen zu gehen. Anfangs wollte ich nicht, aber schließlich siegte die Sportlerseite. Er konnte mir ja schlecht nachrennen, das Wahrscheinlichste was passieren konnte war, dass er mich vorbeilaufen sah und mich erkannte. Mehr konnte da nicht sein. Also fing ich wieder an zu laufen, meine übliche Runde.

Es fühlte sich gut an, wieder mal die Beine in Bewegung zu bekommen. Auch wenn es am Anfang echt anstrengend war, machte es mir Spaß. Die einzige Zeit, in der ich quasi am freiesten war, wo ich laufen konnte, aber da mich niemand sah, hätte ich genauso gut stehen bleiben können. Aber das tat ich nicht, ich lief eine Runde und war im Nachhinein stolz auf mich. Wieder ein paar Kilometer mehr geschafft.

Als ich duschte, probierte ich, den Regler auf immer kälter zu stellen. Es war richtig lustig, und es fühlte sich eigenartigerweise sehr angenehm an, mit kaltem Wasser zu duschen. Ich meine es war Frühling! Bei dem Gedanken an Frühlingsjacken musste ich grinsen, und ich stieg aus der Dusche. Ich föhnte mir den Ansatz meiner Haare, wollte aber den Rest nicht föhnen und band sie mir zu einem schlampigen Dutt nach oben.

In meinem Zimmer machte ich es mir bequem, aß ein bisschen Schokolade und entschied, mir einen Film anzusehen. Ich ging ins Wohnzimmer, kuschelte mich ins Sofa und war für 100 Minuten nicht ansprechbar. Ich muss sagen, so etwas kann ich nur weiterempfehlen.

Eine Woche verging, und langsam vergaß ich den Vorfall wieder. Auch Chloe redete nicht mehr davon, wir mussten uns zu sehr auf die Schule konzentrieren. Bald kam die nächste Italienisch-Schularbeit und es hieß: Vokabel, Vokabel, Vokabel. Jeden Tag nach der Schule telefonierten wir und tauschten unser Wissen aus, über Grammatik, Sätze, einfach alles. Nachher musste ich mich immer erschöpft auf mein Bett fallen lassen, und konnte mich eine Stunde lang nicht motivieren aufzustehen. Aber jedes Mal musste ich wieder aufstehen und machte weiter.

Schule war das größte Thema, dass sich in meinem Kopf rumschlug und Gehirnzellen beanspruchte. Beziehungsweise Gehirnzellen einnahm und sie bis zum letzten Tropfen Kraft und Motivation aussaugte. Mr Gruselig war schon längst nur mehr ein Schatten. Ein Schatten, den ich zu großem Bedauern im Bus erkannte. Als ich so auf meinem Sitzplatz saß und Musik hörte, sah ich ihn vor mir im Mittelgang einsteigen. Zuerst schaute ich nur einmal über die Menge, um zu schauen ob Freunde von mir dabei waren. Dann schaute ich nochmal genauer hin, während er sich einen Platz suchte. Bis er dann vor mir stand und mich erkannt hatte, war mir klar geworden, woher ich ihn kannte und warum ich keinen Namen zuordnen konnte. Er lächelte und wollte schon etwas sagen, aber ich drehte den Kopf zum Fenster schneller als man "Donaudampfschifffahrtsfahrer" sagen konnte. Also nicht ganz so schnell. Es brauchte erst ein bisschen Zeit bis man das Wort erst mal gedacht hatte, bis man es sagte. Es musste sicher unheimlich dämlich gewirkt haben, aber der Typ ließ sich nicht beirren, räusperte sich und beugte sich in mein Blickfeld.

"Hallo. Ich hoffe ich störe nicht, aber nach deinem Blick zufolge tippe ich richtig, wenn ich sage, dass wir uns kennen." Ich bewegte meinen Kopf nicht, ließ meine Augen aber langsam zu seinem Gesicht schweben. Er hob die Augenbrauen um auf meine Antwort zu warten. Der Bus fuhr los und er musste sich an einer Stange festhalten. Ich nutze die Ablenkung um meine Kopfhörer aus den Ohren zu nehmen und ihn schief anzusehen. Er machte mir einfach kein gutes Gefühl, alles in mir wollte, dass er verschwand und mich in Ruhe ließ. Als wäre ihm etwas eingefallen, leuchtete sein Gesicht auf und er deutet auf den Platz neben mir. "Wie sieht's aus, darf ich mich neben dich setzen oder soll ich lieber gehen?" "Nein." Ich erkannte den Satz wieder. So was in der Art hatte er gesagt als er mich bei der Lichtung getroffen hatte. Erwartend schaute er mich an. "Ähm, was nein?" Ich kaute auf meiner Lippe und schweifte mit dem Blick unsicher umher. "Nein du... ", brach ich ab weil mich mit Blicken zuwarf. Es konnte ja nicht schaden, wenigstens seinen Namen zu wissen und wo er ausstieg. Als Zeichen rutschte ich ein paar Zentimeter zur Seite. Er verstand den Wink und setzte sich.

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