Kapitel 5
Erfolgreich hatte ich bewirken können, auf einen anderen Sender zu schalten. Felix hatte zwar zuerst wiederstrebend gebrummt, aber richtig gute Argumente für die Sendung konnte er auch nicht bringen. Zufrieden saß ich auf dem Sofa, und wartete ein klein wenig ungeduldig auf das Abendessen. Fernsehen war eine Ablenkung, aber leider keine die lange hielt. Diese E-Mail hatte bei mir einige Fragen aufgeworfen, und innerlich hüpfte ich durch das ganze Zimmer, weil ich so nervös war. Hoffentlich hatte ich keinen Virus! Und hoffentlich ließen mich diese Leute in Ruhe. Woher wussten die überhaupt von Luke und seiner Sms? Das Ganze machte mich echt wahnsinnig. Als dann endlich Geräusche aus der Küche klangen, war ich total erleichtert, denn das bedeutete, das Abendessen war nicht mehr so fern.
„He Vivi, hilfst du mir bitte mal mit Tisch decken?“, hörte ich meine Mama aus der Küche rufen. Mühsam riss ich mich vom Fernseher und warf einen Blick durch die Küchentür. „Vivi?“ „Ja, komme schon!“, sagte ich laut und machte mich auf den Weg. Als ich bei ihr angekommen war, schaute sie mich an und nickte in Richtung Küchenladen. „Wir brauchen Messer und Gabel, Teller und einen Untersetzer für den Kochtopf.“, zählte sie auf und stöberte durch ein Regal auf der Suche nach Gewürzen. Kommentarlos richtete ich alles her und musste dabei daran denken, dass ich meinen Papi doch nicht vor den anderen fragen konnte! Das wollte ich auf gar keinen Fall! Dieser Lücke in meinem Plan bewusst, zermarterte ich mir meinen Kopf, auf der Suche nach einer Lösung. Vielleicht wäre es doch nicht so schlimm, ihn bei Tisch zu fragen. Nur würde er sicher wissen wollen, wieso ich das wissen wollte. Mist. „Was gibt’s überhaupt zum Essen Mami?“, fragte ich, um meinem Gehirn eine kurze Denkpause zu geben. Sie blickte auf, und sah sich in der Küche um. Überall lagen Bretter, auf denen sie Gemüse geschnitten hatte, irgendwelche leeren Dosen, Gewürze und unsere alte Waage. Es war wirklich sehr bunt hier heute. „Es gibt Schichttortillas!“, grinste sie und zog die Augenbrauen hoch. „Sehr mexikanisch.“ Ich nickte und lächelte. „Klingt echt gut, wann sind sie fertig?“ „Oh, gleich, nur noch ein bisschen.“ „Gut, ich hab nämlich schon echt Hunger!“ Langsam schlurfte ich wieder ins Wohnzimmer, und setzte mich wieder neben meinen Bruder.
*****
„Mhhhh! Dasch ischt schoo lecker!“ „Ja, wow!“ Wir waren uns alle einig, dass die Schichttortillas gut waren. So einig, dass wir sogar mit vollem Mund sprachen… „Mann, Felix! Kannst du wenigstens nicht ein bisschen runterschlucken, bevor du was sagst?“, jammerte ich um meinen Bissen herum. „Schau, ich mach das auch!“ Ich kaute und schluckte sehr übertrieben runter, dass meinem Bruder nichts entgehen konnte. „Achsoo! Etwa so?“, fragte er und stopfte sich den nächsten Happen in den Mund. Er kaute extra wie eine Kuh, und schluckte dann erst runter. „So esse ich sicher nicht!“, meinte ich und nahm zur Verdeutlichung noch einen Bissen. Unsere Eltern schauten sich an und lachten, während mein Bruder und ich uns tief über unser Essen gebückt anstarrten, immer wieder den nächsten Bissen nehmend. Noch hatte ich keinen Übergang gefunden, wie ich fragen sollte, was es mit Viren und Kosten bei E-Mails auf sich hatte. Meine Eltern würden sicher gleich fragen, ob ich denn eine E-Mail bekommen hatte, die so einen Virus hatte. Aber im Moment musste ich hier einen Kampf gewinnen. Die Blicke über den Tisch wurden irgendwann nur ein bisschen albern, und wir mussten grinsen, während wir uns kauend belauerten. „Vivi, du hast dir ja noch gar nichts zu trinken genommen!“, bemerkte mein Papa. Ach menno. Seufzend schluckte ich runter und stand auf um mir mein Glas zu holen. Triumphierend schaute mich mein Bruderherz an, doch ich ignorierte ihn einfach. Ich schenkte mir Apfelsaft ein und setzte mich wieder hin. „Papi?“, begann ich, ohne eigentlich zu wissen was ich sagen wollte. „Ja?“ „Ich hab eine Frage bei E-Mails. Das geht doch, dass man Viren damit übertragen kann, oder?“ Mein Papa nickte, fleißig kauend. „Und ist das auch so wie bei diesen Handynummern, bei denen man dann was bezahlen muss, wenn man sie bekommt oder zurückschreibt? Also, diese speziellen Nummern, wo das die Personen absichtlich machen. Geht das auch bei E-Mails?“, sprudelte ich hervor. Mein Papa schüttelte den Kopf. Er kaute noch immer. Oder schon wieder, keine Ahnung. „Okay. Danke.“, meinte ich und seufzte erleichtert auf. Innerlich, natürlich. „Warum?“, fragte meine Mama und sah mich verwirrt an. „So, wollte das nur mal wissen. Damit ich Bescheid weiß.“ Meine Eltern nickten und wechselten das Gesprächsthema. Ich seufzte noch einmal innerlich auf und trug mein Geschirr in die Küche. „Ich bin oben.“, meinte ich im Vorbeigehen und verdrückte mich.
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Wunschkinder
Teen FictionVivien ist 15, ist sportlich, witzig und klug. Ihre Gabe, sich einfach in andere Welten zu träumen um mal eine Auszeit zu nehmen ist normal. Es gibt viele Leute, die großen Wert auf Fantasie legen. Nicht normal ist jedoch, dass Vivis Wünsche oft wah...