Die Abmachung

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Val hatte nie wieder das Bordell betreten wollen. Schon letztes Mal hatte er nicht wirklich aktiv zugestimmt, hineinzugehen, und nachdem, was geschehen war, hatte er ihm weit fernbleiben wollen.

Doch Kaiton führte ihn erneut dorthin. Denn Lidra könnte einen Weg in die Oberstadt kennen ... wenn Kaiton den Preis dafür zahlte – was für ein Preis auch immer es sein würde.

»Der junge Lord«, rief eine der Frauen, nachdem sie das Etablissement betreten hatten, und hängte sich an Kaitons Arm. Sein Blick war schon auf der Straße verdunkelt gewesen und glich nun einer düsteren Gewitterwolke.

»Habt Ihr es Euch anders überlegt?«, fragte sie. »Wollt Ihr nun doch mit einer von uns Zeit verbringen?«

»Nein«, sagte Kaiton nur kalt. »Ich bin nur für Lidra hier.«

Die junge Frau schob ihre Unterlippe vor, ließ seinen Arm jedoch los und deutete den Korridor entlang. »Sie ist in ihrem Zimmer, aber sie hat gerade einen Kunden. Ich weiß nicht, ob Ihr dabei anwesend sein wollt ... oder dürft.«

Kaiton zog eine Augenbraue hoch, aber die Frau hatte sich schon von ihm abgewandt.

»Passiert wohl nicht so oft, dass du nicht dabei sein darfst?«, fragte Val und folgte ihm.

»Nie«, antwortete Kaiton. »Normalerweise wirft Lidra jeden für mich raus.«

»Sie mag dich.«

»Sie mag meinen Körper«, erwiderte Kaiton. »Das ist ein Unterschied.«

Vor einer Tür blieben sie stehen und Kaiton klopfte an. »Lidra?«, sagte er. »Ich bin es. Darf ich eintreten?«

Aus dem Inneren kam der Schrei einer Krähe, gefolgt von Schritten und dem Schlagen von Flügeln.

»Gleich«, kam Lidras Stimme aus dem Raum. Der Klang war nicht so fest wie bei der letzten Begegnung.

Einige Minuten vergingen und nur hastige Schritte ertönten. Erst eilten sie zu der einen Seite des Zimmers, dann zu der anderen. Letztlich kamen sie zur Tür und diese öffnete sich.

Lidra kam zum Vorschein. Rötung lag um ihre Augen. Obwohl sie sich über die Wangen gewischt hatte, zeigten sich noch Reste von verlaufener Schminke.

»Ihr seid schnell wieder hier«, sagte sie. Ihre Stimme hatte erneut an Ton gewonnen.

»Dürfen wir eintreten?«, fragte Kaiton.

Sie nickte und ließ beide an sich vorbei, doch nicht, ohne Val einen finsteren Blick zuzuwerfen.

»Sieh nur an, welches Vögelchen den Weg zurück ins Nest gefunden hat«, sagte eine wohlbekannte Stimme. Corak saß auf dem roten Sofa. Seine Hutkrempe verbarg sein Gesicht und auf seiner Schulter saß eine Krähe, die beim Anblick der Ankömmlinge aufschrie. Er hob eine Hand und strich ihr über das Gefieder.

»Euch hätte ich hier nicht erwartet«, sagte Val.

Coraks Hut konnte das Zucken seiner Mundwinkel nicht verbergen. »Dasselbe könnte ich über Euch sagen. Einst wart Ihr ein überall geachteter Mann und nun finde ich Euch in dieser Absteige wieder.«

»Es ist ein renommiertes Etablissement«, hielt Lidra dagegen. »Wenn es Euch nicht passt, dann könnt Ihr wieder gehen.«

Nun erst sah Corak auf. Seine dunklen Augen, in denen nichts Weißes mehr verblieben war, blitzten hinter den runden Brillengläsern auf. »Hattet Ihr nicht darum gebeten, mich zu sehen?«, fragte er. »Ich folgte nur Eurem Ruf.«

Lidra schürzte die Lippen. Sie antwortete nichts und setzte sich nur auf das andere Ende der Couch. Sie verschränkte die Arme vor ihrer Brust und warf Corak noch einen verfinsterten Blick zu, ehe sie eine professionelle Miene aufsetzte. Zumindest, eine Miene, die in ihrer Branche als professionell galt.

Aetherion - Ein Kaiser unter KrähenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt