Die schicksalhafte Mauer

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Maomao

Ich glaube, noch nie in meinem Leben war ich so abhängig von einer Reaktion, oder eben davon, dass sie fehlte. Davon wollte ich mich aber nicht abhängig machen. So war ich nicht, nein, das war nicht ich. "Meine Exzellenz, ich würde ich gerne zurückziehen." In mir bildete sich ein großer Teil, der mir einfach nur riet, zu verschwinden und das wollte ich nun auch tun. Ich sah weder den Kaiser noch die Altkaiserin dabei an, verbeugte mich nur und hielt den Kopf gesenkt. Mich ließ dabei das Gefühl jedoch nicht los, von der älteren Dame durchgehend gemustert zu werden, da schauderte es mich glatt wieder. "Nun gut, ich danke dir für deine gute Arbeit. Ich erlaube dir, dich zurückzuziehen." "Danke, freut mich, dass ich helfen konnte." Ich machte noch einen tiefen Knick und wandte mich von den beiden hochrangigsten Personen des Landes ab. Ich wollte einfach nur zurück in mein Zimmer. Ein kurzes Räuspern stoppte mich. "Ja?" Ich drehte mich nicht um, ich wusste direkt, dass es jetzt unangebracht wäre. "Pass mir gut auf ihn auf, ja Apothekerin?" Die Stimme der Altkaisierin ertönte. Ich nickte kurz. "Sehr wohl, meine Dame." Ihr schien tatsächlich was an diesem Mann zu liegen, doch das sollte mich nichts angehen. Ich wurde das Gefühl einfach nicht los, dass ich immer mehr in Dinge hineingezogen werde, von denen ich nichts wissen möchte. Und so lief ich an Jinshi und Gaoshun vorbei, entschuldigte mich bei ihnen und verschwand in Richtung meines Zimmers.

Mein Kopf war voller Gedanken, die ich nicht haben sollte und mich dennoch beschäftigten. Mittlerweile war es spät geworden und die Sterne standen am Himmel, während einige Wolken durch den leichten, frischen Wind davon getragen wurden. Ich war hellwach, geplagt von mir selbst. So werde ich kein Auge zubekommen können. Ich erinnerte mich daran, dass Gaoshin mir zuletzt als Dank für eine Bitte, die ich ihm erfüllt hatte, ein handliches Gefäß mit Sake überreichte, welches ich in meinem Zimmer bunkerte, schön versteckt, sodass mir es niemand wegnehmen konnte. Immerhin war Alkohol hier eigentlich nicht erlaubt. Ich öffnete also die Tür von meinem Gemach, ging zu meiner kleinen Kommode, in der meine Unterwäsche lag. Dort würde man schließlich als Letztes suchen, in der Wäsche einer Frau. Ich wühlte nun ein wenig und griff die Flasche Sake aus der untersten Ecke der Kommode, ein Grinsen zierte meine Lippen. Ein schöner Ausklang für einen anstrengenden Tag. Die Schublade schloss ich wieder, dabei schwenkte ich den Sake hin und her. Ich musste aber aufpassen, dass mich niemand mit dem Alkohol erwischte, so versteckte ich diesen in meinem grünen Kimono an meiner Brust und machte mich fröhlich schlendern auf den Weg zur Palastmauer, dort war es zu dieser späten Uhrzeit am Schönsten, und versuchte mich nicht von einem der Nachtwächter dabei aufgreifen zu lassen, was ich, zu meiner Erleichterung, auch schaffte, ich hatte echt keine Lust mich mit denen noch auseinanderzusetzen oder mich gar von ihnen tadeln zu lassen. Mit geschulten Tritten hangelte ich mich die Stufen an der Mauer hinauf und ließ mich dann an der Kante in Richtung zum Palastgraben nieder. Die Nacht war kühl, dennoch nicht wirklich kalt und ich genoss jedes Lüftchen, welches meine Haare leicht aufwirbelte. Mit einem Plopp zog ich den Korken und setzte die Flasche an meine Lippen, deren Grinsen nicht gehen wollte. Der milde Geschmack des Alkohols lief meine Kehle hinunter. "Ah", säuselte ich, während meine Füße langsam hin und her pendelten. Ich weiß auch nicht, eigentlich war der Sake dazu da, meine Gedanken zu verstummen, allerdings dachte ich jetzt noch mehr nach. Vielleicht sollte ich beruhigende Kräuter einnehmen? Oder wollte dieses Chaos in meinem Kopf einfach nur etwas sagen? Dass ich mich doch eigentlich mehr für seine Exzellenz Jinshi interessiere? Beziehungsweise für die Geschichte, die hinter ihm steht, was ihn zu dem gemacht hat, der er jetzt war? Ein verzogenes Kind, mit unglaublich viel Macht und Verantwortung, einem Gesicht eines Engels und doch auch die Fähigkeit Sachen ernst und sachlich zu betrachten, obwohl er noch so jung war? In Echt mag er nicht viel älter sein als ich, trotzdem wirkte er in manchen Situationen deutlich erwachsener, jedenfalls wenn ich ihn so von der Ferne betrachtete. Mir gegenüber war er irgendwie immer etwas anders, wie ein Kleinkind, das seine Emotionen nicht richtig unter Kontrolle hatte. Ich lachte kurz auf, während ich daran dachte, wie er reagierte, als ich Rihaku dazu gebeten hatte, sich zu entkleiden, damit ich überprüfen konnte, ob Pairin überhaupt Interesse an ihm entwickeln konnte. Wenn ich so über ihn nachdachte, überkam mich schon fast das Gefühl, ich könnte seine Stimme hören.

Liebe ist die beste Medizin (Maomao x Jinshi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt