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Zehn Personen wurden unter ihnen in die Burg geführt. Die Soldaten in dunklen Lederrüstungen bewachten sie zu vier Seiten. Material und Farbe ließ sie mit den dichten Wäldern der äußeren Grenze verschwimmen, wirkte jedoch einschüchternd. Dagegen stachen die Gefangenen in meist hellen aber inzwischen verdreckten Kleidern aus den Schatten hervor. Erst hinter dem Tor wurden die Gefangenen nach Geschlechtern getrennt. Die Frauen wurden in eigene Waschräume gebracht, erhielten Kleider und Nahrung, bevor sie ihrem neuen Herren gegenüber traten. Ein Herr, vor dem sich kein Unschuldiger zu fürchten brauchte.
"Krieger.", bemerkte Sariya und musterte die ungewaschenen Männer, die am Ende liefen. Hinter ihnen nur zwei weitere Krieger des Fürsten. "Wie sind sie an Krieger gekommen?"
"Krieger aus Azga.", korrigierte der Herr neben ihr und klopfte nachdenklich auf den Stein vor ihm. Sein Blick schweifte ebenfalls über die Männer. Es wirkte, als suche er etwas an oder in ihnen. Antworten? "Aber warum nur so wenige? Deserteure?"
"Sind es nicht für Deserteure zu viele?" Ihre Abstammung aus dem Großreich Azga war am hellen Haar der Männer zu erkennen. Gleiches fand sich nur bei einigen bereits vor langem zur Burg gebrachten Frauen. Als Krieger waren sie an einer dunklen Tätowierung im Halsbereich erkennbar, die vom kurzen Haar nicht verdeckt wurde.
Auch die Krieger des kleinen Reichs trugen manchmal solche Zeichen ihrer Länder, waren jedoch oft selbst geflohen und nicht mit Sklaventransporten ins Land gekommen. Für Sicherheit und ein Größtenteils ruhiges Leben verdingten sie sich als Burg- und Grenzwächter.
"Ich bin gespannt auf ihre Geschichte. Vielleicht verraten sie uns, wie nah Azga unserer äußeren Grenze gekommen ist. Wurden sie gefangen, dann lasse ich sie gehen. Sind sie geflohen..."
"Dann haben sie keine Möglichkeit mehr, zurück zu kehren." Sariya verstand ihren Herrn. Sie konnten gute, treue Krieger werden, wenn sie von sich aus geflohen sind. Wenn man die Armee Azgas verließ, dann wurde man gejagt. Darum gab es nicht viele Flüchtige aus diesem Land in ihren Reihen. Azgas Grenzen verschoben sich mit jedem Winter weiter. Jeden Winter rückten sie näher an das kleine Reich.
Noch in Gedanken über die Zukunft des Landes und seiner Bewohner, fiel ihr Blick auf einen großen, blonden Krieger. Er war breit gebaut. Selbst aus der Höhe war das Muskelspiel unter dem zerrissenen Hemd zu erkennen. Sofort klopfte ihr Herz ein kleines Stück höher, schneller. Konnte es sein...?
"Sariya?" Sie wurde an der Schulter berührt. Erschrocken riss sie sich von dem Mann los, der unter ihr durch das Tor verschwand, ohne ihren Blick bemerkt zu haben. "Er gefällt dir.", bemerkte ihr Herr. Sie konnte sein leises lachen gut hören, was ihr Herz nur weiter zum rasen brachte. Manchmal schien es, als könnte er die Gedanken seiner Untergebenen hören. in anderen Momente, ihre Gefühle spüren. Auf beide Wege seiner Informationsbeschaffung konnte sie gerade gut verzichten. Es wäre zu schön, wenn der Fremde bleiben könnte, doch wenn es keine Flüchtigen waren, dann würde er schon bald fort sein.
"Ihr irrt Euch, Herr. Es ist nur..." Bemerkt er die Lüge? "Ein Gedanke, ob alles vorbereitet ist. Haben wir neue Kleidung für Männer? Ich habe nur Frauenkleider angewiesen. Ich sollte noch etwas holen lassen."
"Lass nur." Er legte wieder die Hand auf ihre Schulter, bevor sie flüchten konnte. "Dafür ist gesorgt. Begleite mich lieber zurück in die Halle. Unsere neuen Gäste werden bald eintreffen und ich möchte die Ruhe noch einen Moment genießen."
Sie nickte. Ruhe vor dem Sturm. Das kam auch ihr zu Gute. In dieser Zeit konnte sie hoffentlich unbemerkt ihre Gedanken und Gefühle ordnen.


AngelicWo Geschichten leben. Entdecke jetzt