24 • Ein außergewöhnlicher Start

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Vor sechsundzwanzig Jahren kam ein besonderer Mensch zur Welt – jedenfalls dachte man das damals. Von wem ich rede? Von mir. Cassiopeia Nyx, aber meine zwei Väter nennen mich immer Cassy. Das hat sich zu einer Art Spitzname entwickelt. Verständlich, denn mein Name ist lang und kompliziert. Die meisten Lehrer in meinen Schulen vergaßen ihn oder sprachen ihn falsch aus, deshalb wurde ich irgendwann auch von ihnen nur noch Cassy genannt.

Doch ich kam nicht an einem „normalen" Ort zur Welt. Es war eher unwahrscheinlich, dass eine Geburt an so einem Ort stattfand. Es war kein Krankenhaus, keine Hausgeburt, keine Flugzeuggeburt, Autogeburt oder wo auch immer ein Kind noch alles zur Welt kommen konnte. Ich wurde tatsächlich in einem Gefängnis geboren. Wie es dazu kam? Ganz einfach: Meine Mutter wurde verhaftet, als sie mit mir schwanger war. Den genauen Grund weiß ich bis heute nicht. Meine Väter sagen, dass es das Beste für mich sei, es mir nicht zu erzählen.
Ich persönlich gehe davon aus, dass es mit Drogenhandel oder illegalem Zeug zu tun hatte. Mein leiblicher Vater, den ich liebevoll Papa nenne, erzählte mir oft, dass meine Mutter während ihrer Ehe ein großes Problem mit Alkohol und Drogen hatte, was auch der Grund war, warum Papa sich von ihr scheiden ließ.

Als ich sechs Jahre alt wurde, heiratete Papa meinen zweiten Vater, den ich Dad nenne. Es war der schönste Tag meines Lebens. Ich trug ein wunderschönes weißes Kleid mit Rosenblumen und fühlte mich wie eine Braut. Mein leiblicher Vater kannte Dad schon sehr lange. Dad war damals der beste Freund meiner Mutter, jedenfalls solange, bis ihre ganzen Konsumprobleme begannen.
Als ich noch ganz klein war, war Dad sehr häufig bei uns. Mein Vater erzählte mir oft, dass Dad ihm damals sehr mit mir geholfen hatte. Papa hatte keine Ahnung von Kleinkindern, und Dad kannte sich gut aus, da er einige jüngere Geschwister hatte. Während dieser Zeit kamen sich die beiden immer näher und, wie das Schicksal so wollte, heirateten sie sechs Jahre später.
Ich werde den Tag nie vergessen, an dem ich den roten Teppich, der in der Mitte einer prunkvollen Kirche lag, mit rosa Blüten bestreute. Damals durfte ich sogar ihre Eheringe mit aussuchen und war dafür verantwortlich, auf sie aufzupassen.

Aber leider hat es auch Nachteile, zwei Väter zu haben. Beide waren überfürsorglich. Bis ich sieben Jahre alt war, habe ich immer mit beiden in einem Bett geschlafen. Ich hatte mich so daran gewöhnt, dass ich in der ersten Nacht meiner Klassenfahrt abgeholt werden musste. Ich ging meinen Lehrern so lange auf die Nerven, dass ich nicht schlafen konnte, bis sie meine Eltern anriefen und sie mich abholen mussten. Das war wohl auch der Grund, weshalb ich zwei Wochen später die Schule wechselte. Meine Freunde lachten mich aus, weil ich nicht allein schlafen konnte. Sie hörten nicht auf, egal was ich versuchte. Ich ging zu meiner Lehrerin, die mit ihnen sprach, sogar die Eltern meiner damaligen Freunde wurden angerufen, aber nichts half. Die einzige Möglichkeit war, die Schule zu wechseln. Dort fand ich schnell neue Freunde. An der zweiten Klassenfahrt in der vierten Klasse nahm ich nicht teil.

Schon kurz bevor ich das erste Mal in die Schule ging, brachten mir meine Väter Lesen und ein bisschen Schreiben bei. Ich war schon früh an fiktiven Geschichten interessiert. Mit sieben bekam ich einen Ausweis für die nahegelegene Bibliothek. Ab diesem Zeitpunkt verbrachte ich viel Zeit mit Dad dort oder mit einem Buch in meinem Zimmer. Ich war nicht hochbegabt oder etwas in der Art, gut lesen konnte ich nicht; es dauerte lange, bis ich es gut konnte. Dennoch gab ich nicht auf, und auch wenn ich Seiten doppelt und dreifach lesen musste, verstand ich hinterher alles.
Vor allem liebte ich alles, was übernatürlich war – magische Wesen oder Orte zum Beispiel. Diese Faszination für das Übernatürliche sollte mein Leben auf eine Weise prägen, die ich mir damals noch nicht vorstellen konnte.

I only want you | forbidden love gxgWo Geschichten leben. Entdecke jetzt