Kapitel 2, Zweiter Teil - Erste Hinweise

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........Stunden vergingen. Erst, als es draußen schon stockdunkel und das Gebäude schon fast menschenleer war, blickte Serafina auf. Quer über den breiten Tisch verteilt lagen Fotos, Zettel und Akten, unter denen ihr Computer beinahe untergehen zu schien. Doch sie hatte Antworten. Antworten auf alles, was sie wissen wollte und musste. Mit einem siegessicheren Lächeln im Gesicht machte sie sich daran, etwas Ordnung auf ihrem Schreibtisch zu schaffen. Nachdem sie schließlich Struktur in ihr Schreibtisch-Chaos gebracht hatte, wollte sie gleich noch den Bericht schreiben. Mit all den Antworten war dies sicher ein Klacks.

Als sie endlich fertig war, und sich schon zum Gehen wandte, bereit für eine Mütze Schlaf, blieb ihr Blick an den Vermisstenakten hängen. Schlagartig musste sie an ihren vermissten Bruder denken. Und so setzte sie sich doch nochmal, um den Umschlag mit den Fotos, Zetteln und weiteren Dokumenten durchzublättern, wie sie es schon so oft getan hatte. Immer wieder suchte sie nach Informationen, Daten, Zahlen oder Fotos. Doch sie kam nie weiter. Hoffnungslos ließ sie die teilweise bereits vergilbten Blätter über ihre Fingerspitzen gleiten, während sie die Akte ihres Bruders suchte. Da war sie. Mehrfach hatte Serafina diese Seite jetzt schon angesehen. Zuerst sprang ihr immer ein Foto ins Auge. Die Qualität war nicht besonders gut, doch sie hatte keine Mühe, den Mann auf der Abbildung zu erkennen. Ein rundes, sympathisches Gesicht sah ihr entgegen. Die grünen, vielleicht auch braunen Augen schienen sie direkt anzublicken, und der schmale Mund war zu einem warmen Lächeln geformt. Er war bestimmt warmherzig gewesen, dachte Serafina. Doch an viel konnte sie sich einfach nicht mehr erinnern. Er war verschwunden, als sie Elf oder Zwölf Jahre alt gewesen war. Das war mittlerer Weile schon mehr als Zehn Jahre her... Ob er jemals zurückkommen würde?

Gedankenverloren blätterte sie eine Seite weiter und erwartete damit weitere Daten des Verschwindens ihres Bruders, doch stattdessen sah sie jetzt eine Akte, auf der wenig geschrieben stand. Oben war ein Foto angehängt. Es zeigte einen verlassenen, dunklen Park, also vermutlich bei Nacht, an dessen Rand seltsam formierte Autos standen. Kopfschüttelnd wollte sie gerade nochmal eine Seite zurückblättern, als ihr bewusst wurde, dass sie wohl zwei Seiten auf einmal umgeblättert hatte, als würden diese leicht zusammenheften, und wollte sich gerade daran machen, die beiden Seiten auseinander zu ziehen, da erspähte sie plötzlich einen seltsamen, schemenhaften Umriss auf dem Foto der merkwürdigen Akte. Was...war das? Sie hielt das Bild ganz nah vor ihr Gesicht, als hoffte sie, so mehr zu erkennen. Dann sah sie es. Auf dem Foto sah man eine Gestalt! Eine Gestalt, die einen langen, schwarzen Mantel trug und sich ungeheuer präzise im Schatten zu bewegen schien. Diesen Mantel schien sie zu kennen! Aber woher? Sie betrachtete das Foto noch genauer. Die Aufnahme schien aus einem unüblichen Winkel aufgenommen worden zu sein...von oben. Serafina erhob sich geistesgegenwärtig und blätterte in einem dicken Nachschlagwerk, denn sie hatte eine Vermutung. Ja! Dieser Blickwinkel war typisch für Überwachungskameras, die man um das Jahr 1950 genutzt hatte! Serafina konnte sich das kaum vorstellen. Vor gut 100 Jahren hatte man die Leute gefilmt, nur um zu sehen, ob sie etwas klauten? Heutzutage brauchte man längst keine Kameras mehr. Alles was man sah, konnte man mithilfe von Kameras in Kontaktlinsen aufnehmen. Die gab es in wirklich jedem Laden zu besorgen oder zu bestellen.... Aber vor 100 Jahren musste die Welt ja auch eine vollkommen Andere gewesen sein...

Dies war also ein Ausschnitt aus einer sehr alten Videoaufnahme. Aus einem Überwachungsvideo um das Jahr 1950. Serafina begann nun, genau danach zu suchen. Sie wollte die einzelne Aufnahme finden, aus dem der Bildausschnitt der mysteriösen Akte stammte. Sie suchte lange und sah unzählige Filme. Es fiel ihr sichtlich schwer, die Augen offen zu halten, doch sie wollte und durfte nicht aufgeben! Das konnte sie deutlich spüren, Irgendetwas sagte ihr, die Mühe würde nicht um sonst gewesen sein werden. Und bald darauf zeigte sich, dass sie sich wohl nicht geirrt hatte. Serafina hatte das Überwachungsvideo gefunden. Und mit einem Mal war sie wieder hellwach. Sie schärfte den Blick und ließ ihn zum Datum des Films. Sie staunte. Er war im Jahr 1963 aufgenommen worden. Bei ihrer Schätzung zuvor hatte sie wohl nicht falsch gelegen.

Tief holte sie jetzt Luft und tauchte ein in die Aufnahme, die ihr die Geschichte der Vergangenen Zeit ein Stück näherbringen konnte.

Der Film begann.

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Time Mys(t)ery- Wanderer der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt