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Amira

Seit zwei Tagen sind wir nun in Regensburg, und nachdem ich Kenan, Talha und Asli getroffen habe, hat mein Bruder sich sofort mit ihnen angefreundet und sogar ihre Nummern erhalten. Ich hingegen ziehe mich zurück und lasse ihm den Raum, während ich mich langsam an die neue Umgebung gewöhne.

Ich beschließe, die Stadt zu erkunden, und ziehe mich schnell in ein gemütliches, aber elegantes Outfit. Mit meiner Handtasche in der Hand mache ich mich auf, um den Bus zu kriegen.

In der Stadt angekommen, durchstöbere ich verschiedene Läden auf der Suche nach neuen Klamotten. Eine neue Stadt bedeutet schließlich auch eine neue Amira. Nachdem ich etwa fünf Geschäfte besucht habe, komme ich mit zwei großen Tüten voller Kleidung zurück.
Vor einem wunderschönen Blumengeschäft bleibe ich stehen und kaufe mir sofort einen prächtigen Strauß.Ich liebe blumen, und wenn ich niemanden habe, der mir welche schenkt, dann tue ich es eben selbst.

Mit meinem Getränk in der Hand mache ich mich auf den Weg zur Bushaltestelle und sehe dort mehrere Jugendliche in meinem Alter oder älter.
Als ich mein Getränk ausgetrunken habe, werfe ich die leere Flasche weg.

Während ich auf mein Handy blicke und meine Tüten sowie den Blumenstrauß in der linken Hand halte, höre ich plötzlich das Wort ‚Scheiße'. Als ich aufsehe, erkenne ich den Jungen von neulich-Kenan, wie mir in Gedanken einfällt.
Mein Blick fällt sofort auf unsere Arme ich bemerke, dass mein Armband in seinem Pulli verhängt ist. Schockiert reiße ich meine Augen auf und blicke leicht nach oben zu ihm. „Es tut mir leid" sage ich, doch Kenan lächelt nur. „Du kannst doch gar nichts dafür."

Er versucht, mein Armband von seinem Pulli zu befreien, während ich nur danebenstehe, da meine linke Hand mit den Tüten voll ist und die andere in seinem Pulli verhängt ist. Nach einigen mühevollen Versuchen gelingt es ihm schließlich.

‚,Was machst du hier alleine?'' fragt er neugierig. Ich hebe leicht meine linke Hand, um auf meine Einkäufe zu deuten. ‚,und die Blumen? Hast du die geschenkt bekommen?"

Eigentlich würde ich mich gerne abwenden und das Gespräch vermeiden, doch bei ihm fühle ich mich seltsamerweise nicht unwohl. Tatsächlich möchte ich bleiben und diesen kleinen Smalltalk weiterführen. ‚,neinnn, die habe ich mir selbst gekauft" antworte ich.
Obwohl ich es mir nicht eingestehen möchte, erkenne ich eine spürbare Erleichterung in seinen Augen."

,‚Was machst du eigentlich hier?' erwidere ich mit einer Gegenfrage. ,,Ich war mit Freunden unterwegs und wollte gerade nach Hause" erklärt er.
,,Wir können ja zusammen nach Hause fahren" schlägt er vor. Ein unbeabsichtigtes Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht. Normalerweise würde ich versuchen, solchen Angeboten auszuweichen, aber bei ihm stimme ich komischerweise zu. ,,Ja,klar" sage ich kurz und knapp, doch in meinem Inneren freue ich mich darüber

Wir sitzen in der hintersten Reihe des Busses und reden miteinander.
„Wie alt bist du?" frage ich plötzlich.
„17, und du?" gibt er zurück. „15," antworte ich leise.

„Und wie findest du es hier bisher?"
„Ganz okay, ich meine, ich bin ja erst seit zwei Tagen hier," sage ich mit einem leichten Lachen.
Er lächelt mich an, und erst jetzt bemerke ich, dass er grüne Augen hat. Ich unterbreche den Augenkontakt und schaue aus dem Fenster.

„Amira?" fragt er nach einer kurzen, unangenehmen Stille.
„Hast du einen Freund?" fragt er, ohne mir Zeit zu lassen, auf sein erstes ‚Amira' zu antworten.
Ich schüttle den Kopf, um seine Frage zu beantworten.

Sobald ich mich schlecht fühle oder etwas mich stört, stürze ich sofort in ein tiefes Loch. Der Gedanke, dass alle in meinem Alter einen Freund haben, nur ich nicht, macht mich besonders fertig. Es fühlt sich an, als ob ich völlig allein dastehe, während alle anderen ihr Liebesleben scheinbar mühelos meistern.

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Our Destiny|| Kenan yildizWo Geschichten leben. Entdecke jetzt