Kapitel 6: In der Höhle des Löwen

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Mary und Azarak saßen in ihrem Zimmer in der Taverne und bereiteten sich auf ihren gefährlichsten Schritt vor. Die Luft war erfüllt von einer Mischung aus Anspannung und Entschlossenheit, während sie ihre Pläne schmiedeten. Der vorherige Tag war voller Erkenntnisse und dunkler Entdeckungen gewesen, und sie wussten, dass sie keine Zeit verlieren durften, um die entführten Kinder zu retten.

„Bist du bereit?“ fragte Mary leise, während sie ihre Kapuze tief ins Gesicht zog. Azarak nickte, und mit einem gemurmelten Zauber legten sie beide ihre Tarnung an. Sie waren nun fahrende Edelleute, reiche Kaufleute auf der Suche nach neuen Handelsmöglichkeiten. Die Identität hatten sie durch den Diebstahl von Dokumenten von einem ahnungslosen Händler übernommen, der im selben Gasthaus wie sie gefrühstückt hatte.

Azarak hatte sich mit seiner neuen Magie nützlich gemacht und wertvolle Edelsteine erschaffen, die sie als Waren ausgeben konnten. Ohne diese wäre ihre Tarnung als wohlhabende Händler unglaubwürdig gewesen. Mary und Azarak wussten, dass sie unauffällig, aber bestimmt auftreten mussten, um in das Schloss zu gelangen.

Der Morgen war kühl, als sie das Dorf verließen und den gewundenen Pfad hinauf zum Schloss nahmen. Das große Tor des Schlosses erhob sich vor ihnen, beeindruckend und einschüchternd zugleich. Zwei Wachen standen regungslos da, ihre Augen kühl und aufmerksam.

„Halt! Was führt euch ins Schloss der Göttererben von Odin?“ fragte eine der Wachen mit schneidender Stimme.

Azarak trat vor und sprach in einem formellen Tonfall: „Wir sind Edelleute aus dem Süden, unterwegs auf einer Handelsreise. Wir haben wertvolle Waren dabei und erbitten eine Audienz bei der königlichen Familie, um unsere Geschäfte zu besprechen.“

Die Wachen tauschten einen kurzen Blick, und einer von ihnen trat näher, als würde er die beiden genauer mustern. Mary spürte einen leichten Schauer über ihren Rücken laufen. Der Blick der Wache war durchdringend, fast so, als könnte er direkt durch ihre Tarnung sehen. Doch bevor sie sich allzu viele Gedanken machen konnte, trat die Wache zurück und nickte.

„Ihr könnt eintreten. Ein Diener wird euch in einen Raum führen, wo ihr warten sollt, bis die Königsfamilie bereit ist, euch zu empfangen.“

Mary und Azarak betraten das Schloss, die massiven Tore schlossen sich geräuschlos hinter ihnen. Ein Diener führte sie durch lange, mit Teppichen ausgelegte Korridore, die von hohen Fenstern gesäumt waren. Das Schloss war prachtvoll, doch eine düstere Aura schwebte über allem, als ob die Mauern dunkle Geheimnisse hüteten.

Schließlich wurden sie in einen Raum mit schweren Vorhängen und einem großen Kamin geführt. Der Diener bat sie, Platz zu nehmen, und verließ dann den Raum, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Die beiden setzten sich auf die samtbezogenen Stühle und schwiegen einen Moment lang, bevor Mary flüsterte: „Hast du den Blick der Wache bemerkt?“

Azarak nickte, sein Gesicht ernst. „Ja, es war fast, als hätte er etwas gewittert. Aber er hat uns nicht aufgehalten. Vielleicht hat er nur Verdacht geschöpft.“

Sie warteten einige Minuten, die sich endlos in die Länge zogen. Das Knacken des Feuers im Kamin war das einzige Geräusch im Raum. Gerade als Mary vorschlug, einen Blick in die angrenzenden Räume zu werfen, um Hinweise auf die entführten Kinder zu finden, öffnete sich plötzlich die Tür, und eine hohe Gestalt betrat den Raum.

„Ihr müsst Mary und Azarak sein“, sagte eine tiefe Stimme.

Marys Herz setzte einen Schlag aus, als sie die königliche Robe und die goldene Krone erkannte. Es war König Faust, Herrscher der Göttererben von Odin. Sein Gesicht war ausdruckslos, doch seine Augen funkelten mit einer gefährlichen Intelligenz.

Gefährten der Magie: Im Zeichen der Apokalypse (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt