Kapitel 8 - Schattenherz

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Ein dûsterer Schleier hat sich über dem Schloss der Göttererben von Odin ausgebreitet. Mary, Azarak und Rudolfus hatten sich in dem versteckten Raum versammelt, den Rudolfus für sie vorbereitet hatte. Eine schwache Kerze flackerte im Raum und warf lange, gespenstische Schatten an die Wände. Das Licht reichte kaum aus, um die Anspannung in ihren Gesichtern zu verbergen.

"Wir müssen die Kinder so schnell wie möglich befreien," begann Azarak mit entschlossener Stimme. "Aber das muss gut durchdacht sein. Es gibt keinen Raum für Fehler."

Rudolfus nickte, seine goldenen Augen funkelten im Kerzenschein. "Die Wachen sind überall. Sie werden uns sofort entdecken, wenn wir nicht vorsichtig sind. Ich kenne einige der geheimen Gänge, die uns näher an den Ritualraum bringen könnten, ohne bemerkt zu werden."

Mary, die sich auf den Tisch stützte und eine Karte des Schlosses studierte, warf einen skeptischen Blick auf die markierten Pfade. "Aber wie kommen wir an den Wachen vorbei, die direkt vor dem Ritualraum stationiert sind? Selbst mit den geheimen Gängen kommen wir nicht nah genug heran, ohne dass uns jemand sieht."

"Das ist der riskanteste Teil," gab Rudolfus zu. "Wir könnten eine Ablenkung schaffen. Ein paar falsche Alarme an strategischen Punkten, die die Wachen in die Irre führen. Aber das würde auch nur begrenzt funktionieren. Die Wachen sind gut ausgebildet und nicht leicht zu täuschen."

Azarak legte seine Hände auf die Karte und zeichnete einen weiteren Weg ein, der direkt durch die Vorratskammern führte. "Wenn wir es schaffen, die Wachen für einen Moment abzulenken, könnten wir durch die Kammern und dann durch den Wartungsflur gelangen. Dort gibt es eine alte, fast vergessene Tür, die direkt in den Ritualraum führt. Die meisten hier denken, sie wäre längst zugemauert."

Marys Augen funkelten plötzlich vor einer Idee. "Wir könnten einen magischen Nebel erzeugen, der ihre Sinne trübt. Es wird nicht lange halten, aber es könnte ausreichen, um uns den entscheidenden Vorteil zu verschaffen. Währenddessen kümmert sich Rudolfus um die Wachen an der Tür."

Rudolfus hob eine Augenbraue. "Das könnte klappen. Aber der Nebel darf nicht zu stark sein, sonst werden sie sofort Verdacht schöpfen. Es muss subtil genug sein, dass sie es als normale Witterung ansehen, aber auch stark genug, um ihre Wachsamkeit zu dämpfen."

"Und was, wenn das nicht reicht?" Azarak sah Mary ernst an.

"Das wird es," sagte sie mit fester Überzeugung. "Wir haben keine andere Wahl."

Nachdem der Plan geschmiedet war, blieb es einen Moment lang still. Jeder von ihnen spürte das Gewicht der Verantwortung auf seinen Schultern. Dies war nicht nur eine Rettungsmission, sondern auch ein Wettlauf gegen die Zeit.

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Als die Nacht hereinbrach und das Schloss in düsteres Schweigen gehüllt war, machten sich die drei auf den Weg. Ihre Schritte waren leicht und lautlos auf den alten Steinfluren, ihre Silhouetten verschmolzen mit den Schatten, die das Mondlicht an die Wände malte. Der Plan hatte begonnen.

Rudolfus führte sie durch den ersten geheimen Gang. Die Wände waren feucht und der enge Raum roch modrig, doch sie hatten keine Zeit, sich zu ekeln oder zu zögern. Jeder Schritt musste genau berechnet werden.

Plötzlich blieb Rudolfus stehen und hob eine Hand. Sie hörten leise Schritte über ihnen, und ein Wachsoldat tauchte am Ende des Gangs auf. Der Prinz flüsterte eine kurze Formel, und die Luft um sie herum flimmerte, als ob sie von einer unsichtbaren Macht umhüllt wurden. Der Wachsoldat blieb stehen, runzelte die Stirn, als ob er etwas Ungewöhnliches bemerkt hätte, dann ging er weiter, ohne sie zu sehen.

"Der Nebel funktioniert," flüsterte Mary, doch ihre Stimme war angespannt. Sie wussten, dass sie nur eine kleine Gnadenfrist gewonnen hatten.

Sie setzten ihren Weg fort und erreichten die Vorratskammern. Dort angekommen, machte sich Rudolfus an die alten Eisenbeschläge der vergessenen Tür, die sich in den Ritualraum öffnete. Der Rost knirschte leise, doch die Tür gab nach und schwang lautlos auf.

Gefährten der Magie: Im Zeichen der Apokalypse (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt