Kapitel 7

21 3 11
                                    

Gedankenverloren lief ich durch die weitläufigen Gänge des Schlosses, als rechts von mir eine Stimme ertönte: „Hallo, Aurora!"

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Gedankenverloren lief ich durch die weitläufigen Gänge des Schlosses, als rechts von mir eine Stimme ertönte: „Hallo, Aurora!"

Aus meinen Gedanken gerissen hob ich den Kopf und erblickte Silvia, die mir fröhlich zuwinkte. Sie eilte durch den Gang vor dem Thronsaal und blieb vor mir stehen, sichtlich erfreut, mich zu sehen.

„Hallo", begrüßte ich sie, „wie ist das Gespräch gelaufen?"

An ihrem erleichterten Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, dass es wohl nicht allzu schlecht gelaufen ist.

„Naja, fürs Erste kann ich hier zwar nicht weg, aber ich darf mich im ganzen westlichen Teil des Schlosses bewegen. Außerdem schauen sie bereits nach einer Möglichkeit, wie der Spiegel wieder als Portal aktiviert werden kann", fasste sie zusammen.

„Hat sie dir eigentlich gesagt, wie dein Schrank aus deiner Welt zu dem Portal geworden sein konnte?", fragte ich neugierig nach, während wir uns langsam in Bewegung setzten.

„Nein, leider nicht, wahrscheinlich weiß sie es selber nicht. Aber", wechselt sie abrupt das Thema, „wo du doch schon hier bist, zeigst du mir jetzt kurz den Westteil? Ich find' es gerade irgendwie spannend, so in einer anderen Dimension zu sein. Passiert schließlich nicht alle Tage", grinste sie.

Wäre ich in einer anderen Dimension gelandet, würde ich wahrscheinlich immer noch in einer Schleife aus Panikattacken feststecken. Silvia hat sich mittlerweile wohl ganz gut mit ihrer Situation abgefunden und hüpfte aufgeregt neben mir her.

Ihre gute Laune schien ansteckend zu wirken, denn ein Lächeln huschte über mein Gesicht und ich stimme zu: „Klar"

Schweigend liefen wir nebeneinander her. Der Eintrag über Spiegelreisen aus der Bibliothek fiel mir wieder ein und ich erzählte ihr kurzerhand von meiner Erkenntnis.

Zu meiner Überraschung ging Silvia nicht einmal auf meine Entdeckung ein, sondern fragte begeistert: „Ihr habt eine Bibliothek hier? Darf ich sie mal sehen?"

„Er liegt zufällig auch im Westteil", meinte ich.

Der Westflügel des Schlosses war nicht besonders groß und der einzige Teil, den die Bürger einfach so betreten durften. Ich drehte dort eine kurze Runde mit ihr. Staunend blickte Silvia an den Wänden entlang, bestaunte die Mustern an den Tapeten, studierte die kristallenen Kronleuchter an den Decken und blickte aus den Fenstern auf die weitläufigen Hügeln Draiochts.

Es war interessant zu sehen, wie Silvia Sachen, die für mich fast schon alltäglich waren, genauestens untersuchte und augenscheinlich völlig fasziniert davon war. Jetzt, wo ich genauer hinschaute, war das königliche Schloss doch wahrlich wunderschön eingerichtet und nichts Alltägliches.

Zuletzt führte ich Silvia noch in die Bibliothek. Erschlagen blickte sie zu der riesigen Glaskuppel hinauf, durch die das Sonnenlicht schien und die Bibliothek zu einem lesefreundlichen Ort erhellte. Hölzerne Regale reihten sich an den Wänden und Bücher über Bücher standen fein säuberlich aufgereiht darin.

Neugierig lief Silvia zwischen den Regalen hindurch, strich hin und wieder über die Einbände und zog teilweise ein Buch heraus. Ich folgte ihr und begann ihr zu erklären, in welcher Abteilung sie sich gerade befand.

„Und hier sind die Romane..."

„Ihr habt hier auch Romane?" Sofort zog Silvia das erstbeste Buch aus dem Regal und schlug es auf.

„Klar, warum nicht?", fragte ich ein wenig verdattert.

„In unserer Welt gibt es auch viele Romane, unteranderem auch Fantasy-Geschichten. Da geht es dann um fremde Welten mit Magie", sie stutzte kurz, „müsste es bei euch dann nicht um Normalsterbliche ohne Spiegelportale gehen?"

Verwirrt blickte ich Silvia an. „Sind wir keine Normalsterblichen, weil wir Spiegelportale haben?"

„Wir haben so etwas halt nicht"

„Und was habt ihr dann?"

„Hhm, Elektronik?", schlug Silvia vor.

„Nie gehört"

Silvia kicherte leise. „Womit wird das Licht in euren Spiegel dann betrieben?"

„Magie", antwortete ich.

„Hätte ich mir fast schon denken können...Worum geht es jetzt in euren Romanen?"

„Ähm...größtenteils um Liebesbeziehungen"

„Nee, das ist doch Romantik. Das mag ich nicht, ich meine eure Fantasy-Romane"

Ich zuckte mit den Schultern. „So etwas lese ich wiederum nicht. Da kann ich dir leider nicht helfen"

„Schade", meinte Silvia. Die nächste Zeit verbrachte sie daraufhin, sich durch eine Vielzahl von Büchern aus der Roman-Abteilung zu blättern. Manche stellte sie nach der ersten Seite wieder zurück – alle ausnahmelos Romantik-Bücher, wie ich feststellte.

Aus Protest schnappte ich mir einer dieser zurückgestellten Bücher und setzte mich auf einer der Sessel, um ein wenig zu lesen. Ich verstand wirklich nicht, was Silvia gegen diese Bücher hatte.

Wenig später kam sie wieder angetanzt, in ihren Armen ein Stapel voller Bücher. „Kann ich die ausleihen? So als kulturelle Weiterbildung in einer fremden Dimension?"

Ich stand auf und unterdrückte einen Seufzer, als mein Blick auf die Buchtitel fiel. Was Literatur angeht, werden wir uns wahrscheinlich nie mehr einig.

Ich zeigte ihr, wie sie die Bücher am Empfangstresen ausleihen konnte und brachte sie danach zurück in das Zimmer, in das sie vorläufig untergebracht wurde.

Wenn Silvia sich am Ende doch als fremde Spionin oder einer Kriegsverbrecherin auf Flucht entpuppte ... dann hoffte ich darauf, dass in den Büchern, die sie mitgenommen hatte, keine wertvollen Informationen zu Draiocht zu finden waren.

Andererseits schien es mir doch sehr unwahrscheinlich, dass Silvia etwas Böses im Schilde führte. Sie kam mir eher vor wie ein ganz sympathisches, aufgedrehtes Mädchen – mit fragwürdigen Buchvorlieben.

Ein Blick nach draußen verriet mir, dass es bereits mittags war. Ich machte mich daher auf dem Weg hinaus aus dem Schloss, in Richtung des Waldes am Rande der Hauptstadt. Hoffentlich kam ich nicht wieder als letzte zu Madame Elvas Unterricht, wo ich doch sonst immer „so vernünftig war".

Kurz vor dem Tor wurde ich von einem blonden Jungen abgepasst. „Ähm, warst du nicht vorhin bei dem fremden Mädchen aus dem Spiegel?", fragte er mich.

Mir fiel ein, dass er uns das Frühstück aus der Küche und die Nachricht der Königin überbracht hatte.

„Ja", antwortete ich ein wenig überrumpelt von seiner plötzlichen Frage.

„Gut... ähm...also...könntest du mir verraten, wo sie aktuell untergebracht ist?", stammelte er.

„Warum?", wollte ich wissen.

„Ich habe eine Nachricht vom Rat für sie", beeilte er sich zu sagen.

„Da wo sie zuvor auch war"

„Danke!"

Mit diesen Worten wandte sich der Junge ab und lief in das Schloss. Ein wenig verwirrt schaute ich ihn hinterher. Wenn er eine Nachricht vom Rat hatte, sollte er dann nicht auch wissen, wo Silvias vorläufiges Gemach war?

Ich zuckte mit den Schultern. Aber so, wie er sich vorhin aufgeführt hatte, schien er auch nicht unbedingt der Hellste zu sein.


Halle der TräumeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt