Bereits nach kurzer Zeit stellte ich fest, dass der Service hier für Gäste aus anderen Dimensionen wirklich vorzüglich war.
Kurz nachdem mich Aurora zurück in mein vorläufiges Zimmer gebracht hatte, klopfte es an der Tür. Verwundert machte ich die Tür auf und eine junge Frau mit einer Küchenschürze trat ein, ein Tablet in der Hand, mit einem gefüllten Teller darauf.
Sie stellte es auf einem kleinen Beistelltisch neben dem Bett ab. „Die Königin hat angeordnet, dass Sie während ihrem gesamten Aufenthalt hier von unserer Küche versorgt werden", erklärte sie.
„Guten Appetit" Mit diesen Worten verschwand sie wieder.
Ich klaubte mir ein Kissen vom Sessel neben dem Fenster und setzte mich neben den kleinen Tisch. Mir wurde eine große Schüssel mit einer Suppe, in der Fleisch- und Gemüsestückchen schwammen, sowie mehrere Scheiben helles Brot gebracht.
Ich tauchte eine Scheibe probeweise in die Suppe und biss ab. Sie war sehr würzig und auch noch recht heiß, als wäre sie gerade erst fertig gekocht und direkt vorbeigebracht worden. Gierig trank ich sie aus und verbrannte mir dabei die Zunge – aber die Suppe war so lecker und ich so hungrig, dass es mich nicht weiter störte.
Nach dem Mittagessen begann ich, mich in meinem neuem Zimmer umzuschauen. Neben dem Bett in der Mitte befand sich ein kleiner Schminktisch. Als ich neugierig die Schubladen aufzog, fielen mir zu meiner Enttäuschung nur Staubflusen entgegen.
Der Kleiderschrank dagegen war gut gefüllt. Als ich ihn öffnete, schlugen mir Wogen von bunten Stoffen entgegen. Von schlichter Arbeitskleidung bis zu pompösen Ballkleidern schien es hier alles zu geben.
Ich nahm kurzerhand einfach ganz dreist an, ich dürfte all diese Sachen verwenden – und zog direkt ein Abendkleid nach dem anderen heraus, nur um es zu bestaunen. Anscheinend gab es hier Kleider in allen Regenbogenfarben, von hellrot bis dunkelviolett, Kleider aus mehr Lagen Tüll, als ich je in meinem Leben gesehen habe und auch Kleider, die über und über mit Glitzer bestäubt waren.
Nach kurzer Zeit hatte sich auf dem Bett bereits eine beträchtliche Sammlung an festlichen Roben angesammelt und ich musste einsehen, dass sie alle nicht für den alltäglichen Gebrauch taugten. Also räumte ich sie wieder zurück.
Weiter links im Schrank entdeckte ich einige schlichtere Kleidungsstücke. Ich suchte mir ein dunkelblaues T-Shirt und eine weite, weiße Hose heraus und tauschte sie gegen meine Schlafsachen aus, die ich noch von zuhause angezogen hatte. Notiz an mein Zukunfts-Ich: Zieh deinen Pyjama verdammt nochmal erst dann an, wenn du wirklich schlafen gehst, so bequem er auch sein mag.
Wenigstens bin ich der Königin einer fremden Dimension nicht in meinem flauschigen Einhorn-Schlappen entgegen getreten.
***
Die nächsten Tage verbrachte ich hauptsächlich in der Bibliothek. Es gab viele alte Bücher dort, Aufzeichnungen aus vergangenen Zeiten und sogar alte Zeitungsartikel und Zeitschriften. Tatsächlich entdeckte ich dort viele spannende Informationen über das Land Draiocht, sowie die Geschichte und die Magie hier.
Ich versuchte, so viel wie möglich herauszufinden, größtenteils aus Neugier und weniger, um auf eigene Faust einen Weg nach Hause zu finden, auch wenn ich einige Bücher mit Reisemethoden und anderen Welten erspäht hatte. Zwar vermisste ich mein Zuhause und meine Eltern machten sich bestimmt Sorgen um mich. Aber die Königin meinte, dass sie sich darum kümmern würde, was wahrscheinlich bedeutet, dass ich selber da wenig machen konnte.
Und aus irgendeinem Grund fühlte ich mich hier doch ziemlich wohl.
Durch die Bücher wusste ich bereits, dass es auf dem Stück Land, auf dem ich mich gerade befand, vier verschiedene Reiche gab. Das Königreich Draioch lag ganz im Süden und war für seine „hügelige, naturverbundene Landschaft" bekannt. Andere Königreiche waren dagegen zum Teil von karger Wüstenlandschaft bedeckt oder von steilen Gebirgsketten durchzogen.
Es gab auch sehr, sehr viele Bücher über die magischen Kräfte hier. Jede Person hatte eine sogenannte Gabe, zum Beispiel die Macht der Natur oder die Kraft des Heilens. Manche Gaben waren weiter verbreitet, andere weniger.
Allerdings war die Magie bei jeder Person anders, zwei Personen mit derselben Gabe konnten individuelle Magie wirken, die sich immer ein Stück weit von der der anderen unterschied.
In einigen alten Dokumenten fand ich auch einige genauere Informationen zu den Spiegelportalen. Nachdem ich mich durch die staubigen Untiefen einiger uralten Zeitungsarchive durchgewühlt hatte, fand ich mehreren Zeitungen, die vor mehr als zehn Jahren veröffentlicht wurden.
In ihnen wurde das Angebot angepriesen, dass man durch Spiegel in eine andere Welt gelangen konnte, um dort ein neues, besseres Leben anzufangen. Als ich die Daten der Zeitungen mit denen der Geschichtsbücher verglich, stellte ich fest, dass all diese Anzeigen während dem letzten Krieg veröffentlicht wurden.
Ich stellte daraufhin die Vermutung auf, dass mein Kleiderschrank wahrscheinlich einer dieses Portals in „die anderen Welt", alias unsere Erde war. Jetzt stellte sich nur die Frage, wodurch das Portal so plötzlich aktiviert wurde, was es in meinem Zimmer zu suchen hatte und woher diese rätselhafte Stimme stammte.
Zum Thema „Kommunikation" mit dieser anderen Welt fand ich zu meiner Enttäuschung aber nichts. Trotz allem wollte ich es wenigstens einmal versucht haben, mit meinen Eltern zu reden und ihnen persönlich zu versichern, dass es mir gut geht, bevor sie noch eine Vermisstenanzeige bei der Polizei aufgaben und die mich völlig verzweifelt suchte, ohne zu wissen, dass sie in der falschen Dimension suchte.
Gerade sortierte ich einige Bücher zurück in die dazugehörigen Regale, als ich in meinem Augenwinkel Aurora im Eingang der Bibliothek entdeckte. Ich winkte ihr zu und sie kam zu mir hinüber.
„Guten Tag!", begrüßte sie mich, "Wie geht's? Was hast du die letzten Tage so alles gemacht?"
„Mir geht's gut, ich habe die ganz letzte Zeit ungefähr hier verbracht" Ich deutete auf die unzähligen Regal in der Bibliothek.
„Ist das auf Dauer nicht langweilig?"
„Nee, bis jetzt ist alles noch recht neu", sagte ich.
„Willst du eigentlich auch mal hier rauskommen?", fragte Aurora auf einmal.
„Wie, darf ich?", fragte ich verwundert. Da ich die letzten Tage nur drinnen verbracht hatte, war die Aussicht auf frische Luft tatsächlich ganz verlocken.
„Klar, sonst würde ich dich ja nicht fragen", entgegnete sie.
„Dann, gerne", rief ich begeistert.
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Halle der Träume
Fantasía[WIRD AKTUELL ÜBERARBEITET - DIE KAPITEL WERDEN EINZELN WIEDER HOCHGELADEN] Die 14-jährige Silvia Smith führt ein normales Leben. Zumindest, bis sie eines Abends überraschenderweise durch ihren Kleiderschrank in die magische Welt Draiocht gezogen wi...